Kaiserslautern Spaziergang durch die Geschichte

Interessierte Wanderer: Die männlichen Besucher aus Morlautern tragen beim Gang über den jüdischen Friedhof in Mehlingen, der jü
Interessierte Wanderer: Die männlichen Besucher aus Morlautern tragen beim Gang über den jüdischen Friedhof in Mehlingen, der jüdischen Sitte entsprechend, eine Kopfbedeckung. Bei der anschließenden Wanderung durch die Heide wird das Gesehene angeregt diskutiert.

Eine Wanderung zur Mehlinger Heide und ein Besuch des dortigen jüdischen Friedhofs stehen auf dem Programm der Ortsgruppe Morlautern des Pfälzerwald-Vereins. 20 Teilnehmer lassen sich von Kultur- und Wanderwart Friedel Steitz die Geschichte des Friedhofs, die Gestaltung der Grabsteine und die Trauersitten der ehemals ansässigen jüdischen Gemeinde erklären. Den jüdischen Friedhof in Mehlingen erreichen die Morlauterer Pfälzerwald-Vereinswanderer, nachdem sie am Ende des Gewerbegebiets die Fußgängerbrücke über die Autobahn A63 überquert haben. Direkt am Waldrand und neben einer Streuobstwiese liegt das durch einen Zaun geschützte Areal. Normalerweise ist das Eingangstor geschlossen. Ein Schild weist darauf hin, dass der Schlüssel beim Ortsbürgermeister von Mehlingen oder der Verbandsgemeindeverwaltung Enkenbach-Alsenborn erhältlich ist. Ein weiteres, bereits verwittertes Schild am Eingang, mit hebräischen Schriftzeichen und Davidstern versehen, trägt die Aufschrift „Jüdischer Friedhof Mehlingen. Bestehend seit 1830. Mögen die hier Bestatteten für alle Zeiten ungestört ruhen“. Bereits von außen zu sehen sind die vielen Reihen, der mit Moos und teilweise Efeu überwachsenen Grabsteine. Der Zahn der Zeit hat den meisten bereits stark zugesetzt. Direkt ins Auge fällt die Ausrichtung der beschrifteten Vorderseite nach Osten. Dazwischen stehen hohe Nadel- und Laubbäume, die für beständige Beschattung sorgen. Hier hatten die jüdischen Bewohner der Gemeinden Otterberg, Mehlingen, Sembach, Frankenstein und anfangs auch Kaiserslautern ab der Jahrhundertwende 1800 ihre Toten bestattet. Kultur- und Wanderwart Friedel Steitz geht in seinem Vortrag zunächst auf die wechselhafte Geschichte der Anlage ein: In Mehlingen wohnten um das Jahr 1800 zwölf bis 15 jüdische Familien, für die es eine eigene Schule und eine eigene Synagoge gab. Bis zu 80 jüdische Einwohner sollen im Ort gelebt haben. Ein erster Bestattungsplatz war vermutlich im Bereich des früheren Sembacher Flugplatzes angelegt. Überreste gibt es davon nicht mehr. Erst danach entstand der „neue Friedhof“ am jetzigen Standort. Typisch für jüdische Friedhöfe ist, dass sie, im Gegensatz zu christlichen, außerhalb der Ortsgrenze angelegt wurden. Der Grund: Die Toten durften nicht in der Nähe von Synagogen bestattet werden. Eine Mindestentfernung von 50 Ellen (eine Elle entspricht 114 Zentimetern) von der Bebauungsgrenze war nach jüdischer Tradition vorgeschrieben. Grabsteine aus heimischem Gelb- oder Rotsandstein markierten die Ruhestätten, Grabeinfassungen waren nicht üblich. Auf jegliche Grabpflege wurde verzichtet, sie wäre als Verletzung der Totenruhe verstanden worden. Dazu passt auch, dass jeglicher Grabschmuck untersagt war. Eine hohe Mauer umgab einst das etwa 2000 Quadratmeter große Areal. In der NS-Zeit wurde der Friedhof mehrfach geschändet, Grabsteine und Mauersteine als Bauteile verwendet. Durch die militärische Nutzung als Truppenübungsplatz – vor dem Zweiten Weltkrieg durch die Wehrmacht und danach durch die französischen Besatzungstruppen – wurde der Friedhof stark in Mitleidenschaft gezogen. Seit 1949 ist das Gelände umzäunt und ging in den Besitz der Jüdischen Kultusgemeinde Rheinland-Pfalz über. Die Gemeinde Mehlingen sorgt seither für die Instandhaltung. Anfang der 1990er Jahre wurde das Gelände des Truppenübungsplatzes an Deutschland zurückgegeben und die Planungen für eine Weiterverwendung als Naturschutzgebiet begannen. So entstand die Mehlinger Heide, die sich mittlerweile zu einem Touristenanziehungspunkt entwickelt hat. Steitz geht in seinem Vortrag auch auf die Gestaltung der Grabsteine ein. Den Juden sei es verboten gewesen, ein Handwerk auszuüben. Daher wurden die Grabsteine von christlichen Steinmetzen nach jüdischen Vorgaben mit Symbolen und hebräischen Inschriften gefertigt. Im hinteren Teil des Friedhofs sind einige Steine mit „segnenden Händen“ verziert, was auf eine priesterliche Herkunft des Verstorbenen hindeutet. Häufig vorkommende Symbole sind auch Levitenkanne, Lorbeerblatt, Palmenzweige oder Davidstern. Bis ins 19. Jahrhundert waren alle Inschriften in Hebräisch gehalten. Der Aufbau folgte stets dem gleichen Muster und bestand aus einer Begräbnisformel, Lobsprüchen, dem Namen des Verstorbenen, Sterbe- und Begräbnisdatum und einem Schlusssegen. Beeindruckend ist die unterschiedliche Gestaltung und Größe der 194 Grabsteine, die zum Teil mit kunstvollen Ornamenten verziert sind.

Segnende Hände: Hier liegt wohl ein einstiger jüdischer Priester begraben, worauf die Hände auf dem Grabstein hinweisen.
Segnende Hände: Hier liegt wohl ein einstiger jüdischer Priester begraben, worauf die Hände auf dem Grabstein hinweisen.
x