Kreis Bad Duerkheim Werk eines Keramikkünstlers

Das Bacchus-Relief trägt die Signatur „M. Heinze“ – was auf den Künstler Max Heinze hinweist.
Das Bacchus-Relief trägt die Signatur »M. Heinze« – was auf den Künstler Max Heinze hinweist.

Die These der Kritiker war richtig: Beim zerstörten Bacchus-Relief in der Talstraße handelte es sich wie gestern berichtet um eine Keramik, nicht um glasierten Betonguss, wie die Stadt behauptet hatte . Die Denkmalschutzbehörde in Mainz räumt inzwischen ein, das Werk übersehen zu haben.

Für Ralf Durbass, Kunstsachverständiger in Karlsruhe, gibt es überhaupt keinen Zweifel: „Das ist auf jeden Fall Keramik“, sagt er, als er das Foto des beim Gebäude-Abriss auf dem Lidl-Gelände zerstörten Bacchus-Reliefs sieht. Auch die Signatur, die am unteren linken Rand zu sehen ist, ist seiner Meinung nach eindeutig: „M. Heinze“. „Das lässt auf den Künstler Max Heinze schließen“, erklärt Durbass. Auch die Gesichter der beiden Putten seien ein Hinweis auf diesen Künstler, der in den Jahren zwischen 1910 und 1958 für die Karlsruher Majolika Manufaktur arbeitete. „Viele Serienstücke der Majolika Manufaktur, die Heinze entworfen hat, haben die gleichen Köpfe“, sagt Durbass. Somit steht mehrere Monate, nachdem der Bacchus der ehemaligen Weinhandelsfirma Carl Jos. Hoch zerstört wurde, fest, dass es sich tatsächlich um ein Keramikkunstwerk gehandelt hatte, das aller Wahrscheinlichkeit nach in der Karlsruher Majolika Manufaktur hergestellt worden ist. Einer derjenigen, die diese These von Anfang an vertreten hatte, war Martin Denzinger vom gleichnamigen Antiquitätenfachhandel in Neustadt. Doch er war nicht der einzige, den die Behauptung des städtischen Denkmalpflegers Stefan Ulrich, es habe sich um Betonguss gehandelt, nicht überzeugte. Grafiker Gerhard Hofmann beispielsweise wies darauf hin, dass Beton beim Brennen eigentlich platzen müsste. Die Diskussion um den Bacchus war jedenfalls wieder aufgeflammt, nachdem die RHEINPFALZ am 4. Juli über die Zerstörung des Reliefs und seine Einstufung als „nicht relevant aus Sicht des Denkmalschutzes“ berichtet hatte. Handfeste Informationen über die Figur zu bekommen, erwies sich indes als schwierig. Die Stadt verfügt nach eigenen Angaben über keine Unterlagen, weder im Stadtarchiv noch im Bauamt. Nicht weiterhelfen konnte auch Hans Georg Böhm, der letzte Geschäftsführer der Firma Carl Jos. Hoch. Freilich zeigte er sich entsetzt. Ob es wirklich wahr sei, dass nach den Sandsteingewölbekeller auch die Bacchus-Keramik zerstört worden sei, wollte er wissen. Und fragte, ob er nicht wenigsten die Scherben bekommen könne. „Sie würden restauriert werden und in der Familientradition einen würdigen Platz in unserer Kellerei hier im Alentejo bekommen“, schrieb Böhm, der seit langem in Portugal lebt. Er habe sich beim Verkauf der Gebäude zusichern lassen, dass er das Kunstwerk gegebenenfalls sicher stellen dürfe. Zum Namen des Künstlers konnte Böhm nichts sagen. Eine Signatur ist auf Fotos des Reliefs bei genauerem Hinsehen zwar zu erkennen, für Laien jedoch nicht leicht zu entziffern. Relativ sicher schien nur, dass es nicht „Hanns Fray“ heißen konnte. Diesen Namen hatte RHEINPFALZ-Leser Karl Hans Nicolai ins Spiel gebracht. Der Weg zu dem Kunstexperten Ralf Durbass, der den Schriftzug ohne Probleme zuordnen konnte, führte schließlich über die Majolika Manufaktur Karlsruhe, die als mögliche Produktionsstätte genannt worden war. Die Generaldirektion Kulturelles Erbe in Mainz hat auf die neuen Erkenntnisse inzwischen reagiert und mitgeteilt, dass der Bacchus bei der Erstellung der 2008 erschienenen Denkmaltopographie offenbar übersehen worden sei. „Wir haben kein Foto von dem Relief“, sagte der für die Region zuständige Denkmalpfleger Christian Schüler-Beigang. Das Relief sei also nicht etwa bewusst als nicht schützenswert eingestuft worden, sondern schlicht übersehen worden. „Wir bedauern das sehr, es war offensichtlich ein sehr schönes Stück.“ Erklären kann er sich das Versäumnis nur mit der großen Anzahl an Kunstwerken, die bei der Erstellung einer Denkmaltopographie zu berücksichtigen seien. Hätte man es gekannt, hätte es „gute Chancen auf einen roten Punkt“ gehabt, so Schüler-Beigang. Der städtische Denkmalpfleger Stefan Ulrich will sich zu dem Fall nicht mehr äußern. Er müsse sich in Spezialbereichen wie der historischen Keramik, mit der er in Neustadt praktisch nie zu tun habe, auf die Arbeit der Fachbehörde verlassen können, sagte er. Im Übrigen wehre er sich gegen die Art und Weise, mit der er von Kritikern des Abrisses angegriffen werde. Es seien teilweise „unflätige Äußerungen“, mit denen er beleidigt werde.

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