Wochen-spitze Absage der Faschingsumzüge

Fort mit eich ...
Fort mit eich ...

Schuld ist nicht allein der „Alohol“

Von wegen „Wollen wir ihn reinlassen? – Tusch und Narhalla-Marsch!“: In diesem Jahr müssen im Kreis Germersheim die meisten närrischen Lindwürmer draußen bleiben. Schon wieder. Nach Krieg und Virus schien anfangs der Grund dieses Mal vergleichsweise harmlos: ein neuer Paragraf im Polizeigesetz. Das sind zunächst nur Buchstaben auf Papier: könnte man auch als Konfetti-Rohstoff betrachten. Und das sogar mit gutem Gewissen. Denn der Paragraf 26 ist beinahe schon wieder Altpapier, er stammt aus dem Herbst 2020. Damals wurde das Polizeigesetz geändert.

Seit dem Inkrafttreten der Neuregelung im Frühjahr 2021 müssen Veranstalter von Festen im Freien ihre Veranstaltung anmelden; wollen sie mehr als 15.000 Besucher reinlassen – große Rakete! –, brauchen sie auf jeden Fall ein Sicherheitskonzept, zuständig ist die Kreisverwaltung. Sollen weniger als 15.000 Besucher kommen – kleine Rakete! –, entscheidet die Stadt- oder Verbandsgemeindeverwaltung, ob ein Sicherheitskonzept gebraucht wird und welche Auflagen der Veranstalter erfüllen muss.

Und damals, also im Landtag, fanden den Paragrafen 26 offenbar alle gut. Die Polonaise war zwar nicht ganz perfekt, denn CDU scherte aus und stimmte gegen das Änderungspaket. Die Änderungen, die sie vorschlug, drehten sich aber um ganz andere Dinge, zum Beispiel Bodycams. Den entsprechenden Änderungsantrag hatte übrigens der CDU-Landtagsabgeordnete Martin Brandl (Rülzheim) unterzeichnet.

Aber mit Sicherheit hatten weder Brandl noch all die anderen Landespolitiker auf dem Schirm, dass auch Faschingsumzüge unter den neuen Paragrafen fallen. Die Rede war allerdings von allerlei Festen und Festivals – und die fanden zwischenheitlich fast alle statt, trotz der neuen Bestimmungen.

Woran hakt es also bei den Faschingsumzügen? – Bei der Mutter der Absagen im Kreis Germersheim sprach Bürgermeister Gärtner von den Sicherheitsauflagen, die zu erfüllen seien. Welche das waren? Schweigen in der Bütt! Gärtner wollte es nicht sagen. Die Kreisverwaltung – zuständig für Großveranstaltungen – wusste von nichts. Laut Verbandsbürgermeister Gerald Job – zuständig für alles mit weniger als 15.000 Besuchern – gab es lediglich ein Vorgespräch im November.

Erst im Gemeinderat ließ Gärtner die Katze aus dem Sack: Schuld ist in erster Linie der Alkohol. Der setzt Gefühle frei, weshalb mit diesem Stoff gerne die Feuerwerke der guten Laune gezündet werden. Ta-taaa!

Auf der Straße explodieren in den letzten Jahren aber immer mehr Knallköpfe. Alkohol und Testosteron: Diese Mischung war schon immer fatal. Aggressive junge Männer ohne Migrationshintergrund – das juvenile Pendant des deutschen Wutbürgers – wollen kaputtmachen, was sie kaputt macht. Die Welt ist eng geworden, Freiräume sind knapp, es gibt kein Abenteuer mehr. Wer Ordnung und Sicherheit schafft, wird im getrübten Auge zum Symbol für diese Einengung. Ja, das ist nicht mehr närrisch, das ist dumm, aber auch armselig und verzweifelt. Faschingsvereine können dieses Problem nicht lösen.

Die bittere Ironie: In der Folge wird der Freiraum „Fasnacht“ immer kleiner. Aber die Fasnacht wird das überleben. Irgendwer wird sie immer rein lassen.

Eine närrische Zeit!

Andreas Lapos

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