Kreis Germersheim Bezahlkarte für Geflüchtete: Zwischen „Vorreiterrolle“ und „Schnellschuss“
Den Stein in der Südpfalz losgetreten hatte am Freitag Christian Völker für die FDP-Kreistagsfraktion. Diese hatte einen Antrag an Landrat Fritz Brechtel und den Kreistag gestellt, in dem sie die Einführung einer Bezahlkarte für Flüchtlinge fordert. Diese Bezahlkarte war bei einer Ministerpräsidentenrunde mit Bundeskanzler Olaf Scholz im November 2023 vereinbart worden. Eine solche Karte soll den bürokratischen Aufwand für Kommunen, der durch die bisherigen Bargeldauszahlungen von Leistungen entsteht, verringern. Gleichzeitig wird von mancher Seite darauf verwiesen, dass das Bargeld als ein sogenannter Pull-Faktor gelten soll, der Deutschland als Aufenthaltsort attraktiv macht. Das Land Rheinland-Pfalz verweist darauf, dass eine bundesweit einheitliche Lösung in Arbeit sei.
FDP will Vorreiterrolle des Kreises
Die FDP-Kreistagsfraktion Germersheim wünsche sich, dass der Kreis „in dieser Angelegenheit eine Vorreiterrolle übernimmt“ und will nicht auf eine bundes- oder landesweite Lösung warten, heißt es in dem Schreiben von Freitag. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Völker verweist in seinem Antrag darauf, dass die Bezahlkarten insbesondere dazu dienen sollen, den Transfer von Geldern aus Deutschland an Familienangehörige oder Freunde in den Herkunftsländern zu unterbinden. „Das war schon länger in den Köpfen“, sagte Völker gegenüber der RHEINPFALZ.
Nun hat sich auch Martin Brandl, Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion und CDU-Kandidat für den Landrat im Kreis Germersheim zu Wort gemeldet. Brandl sieht die Ankündigung der Landesregierung, eine Bezahlkarte für Flüchtlinge einzuführen, als klares Signal. „Unsere Kommunen sind hinsichtlich der Flüchtlingsaufnahme und -integration am Limit“, heißt es in der Mitteilung. Bund und Länder hätten sich verabredet, die Bezahlkarte zeitnah umzusetzen.
Brandl sieht Auftrag an Verwaltung
„Wir müssen als Landkreis Germersheim den Weg von Anfang an mitgehen“, schreibt Brandl. Er zeigt sich optimistisch, dass die Ergebnisse der Arbeitsgruppe in den nächsten Wochen vorliegen. Dabei gehe er fest davon aus, „dass die Einführung einer Zahlkarte durch die Kreisverwaltung vorbereitet wird – und man nicht auf eine Aufforderung aus dem Kreistag warten will“, so Brandl. Das Signal der Landesregierung, dass man sich an der bundesweiten Lösung beteiligen wolle, helfe ebenfalls. Laut Sitzungskalender ist die nächste Sitzung des Kreistags, an den der Antrag gerichtet ist, erst am 18. März. Auch der Kreisausschuss kommt erst wieder am 4. März zusammen.
Aus seiner Erfahrung als Bürgermeister der Ortsgemeinde Lustadt sei die Bezahlkarte eine sehr gute Lösung, sagt Volker Hardardt, FWG-Kandidat für den Landrat. „Man kann ja fast überall mit der Karte bezahlen, das ist ja fast auch bei jedem Bäcker möglich“, sagt Hardart auf Anfrage. Natürlich sei ein Anteil Bargeld weiterhin wichtig für die Teilnahme am öffentlichen Leben.
Yüksel: Schnellschüsse vermeiden
„Das ist ein Beschluss, den wir unterstützen“, sagt der SPD-Kreisvorsitzende und Vorsitzende des Beirats für Migration und Integration, Ziya Yüksel, mit Blick auf die geplante Bezahlkarte. Allerdings ist Yüksel, der auch SPD-Kandidat für den Landrat ist, Folgendes wichtig: „Wir werden uns nicht an Schnellschüssen beteiligen.“ Es sei zum Beispiel wissenschaftlich längst nicht bewiesen, dass die Auszahlung von Sozialleistungen in Bargeld ein sogenannter Pull-Faktor ist. „Die Menschen brauchen jetzt einen klaren Kopf und eine pragmatische Lösung“, sagt Yüksel und rät zur Besonnenheit. Man solle keine falschen Hoffnungen wecken. So gebe es durchaus Zweifel daran, ob sich durch die Einführung der Karte die Flüchtlingszahlen stark verändern.
Die Menschen mit Migrationshintergrund, die schon im Kreis leben, hätten ein Interesse daran, dass die Wogen geglättet sind. „Sie wünschen sich ein positives gesellschaftliches Umfeld“, sagt Yüksel. Das Thema Bezahlkarte könne im Übrigen auch durchaus positiv für Zuwanderer sein, das sich so Schwierigkeiten durch ein fehlendes Bankkonto lösen ließen. Vielleicht wäre das ja ausweitbar auf Sozialhilfeempfänger, schlägt er vor. Es sei sinnvoll auf den Weg des Landes zu warten, sagt Yüksel. Außerdem sollten sich die Landkreise untereinander abstimmen.
Kreis: Haben Thema auf Agenda
Man habe „dieses Thema bereits auf der Agenda und steht der Bezahlkarte offen gegenüber“, heißt es dazu am Montag von der Kreisverwaltung auf Anfrage. Aktuell liefen gemeinsam mit den Spitzenverbänden Prüfungen zur Einführung dieses Bezahlsystems. „Wir rechnen in der nächsten Zeit mit Ergebnissen und auch damit, dass dann die Bezahlkarte eingeführt werden kann“, heißt es in dem Schreiben. „Es laufen aktuell Prüfungen zur Praktikabilität und Verwaltungsökonomie.“
Eine „eventuelle Einführung der Bezahlkarte“ werde zunächst mit den Verbandsgemeinden und Städten im Kreis, in der Region und mit angrenzenden Gebietskörperschaften erörtert. „Wünschenswert ist aus Sicht der Kreisverwaltung eine möglichst einheitliche Regelung“, heißt es von der Verwaltung. Bund und Land sollten dazu die Standards vorgeben, um es für Geflüchtete und Verwaltungen einfacher zu machen.