Kreis Germersheim Ein silberner Tafelaufsatz als Abschiedsgeschenk

Der Germersheimer Bezirksamtmann Gustav Ott gehörte während seiner Amtszeit (1884 bis 1907) in der Südpfalz über mehrere Wahlper
Der Germersheimer Bezirksamtmann Gustav Ott gehörte während seiner Amtszeit (1884 bis 1907) in der Südpfalz über mehrere Wahlperioden dem bayerischen Landtag an.

Bezirksamtmann, Regierungsrat und bayerischer Landtagsabgeordneter: Der gebürtige Mittelfranke Gustav Ott übte im Laufe seines langen Berufslebens eine Reihe öffentlicher Ämter und Funktionen aus. 23 Jahre lang – von 1884 bis 1907 – war er dabei als „Bezirksamtmann“ der ranghöchste Verwaltungsbeamte des Bezirks Germersheim.

Gustav Julius Friedrich Ott wurde am 8. August 1837 in Rothenburg ob der Tauber als Sohn des Braumeisters Johann Wilhelm Ott geboren. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München – vom Militärdienst war Ott bereits 1859 wegen Untauglichkeit befreit worden – durchlief er verschiedene praktische Tätigkeiten, unter anderem als Assessor beim Bezirksgericht Windsheim oder als stellvertretender Staatsanwalt am Landgericht Weißenburg in Bayern, bevor er schließlich 1869 am Bezirksamt Wunsiedel als Bezirksamtsassessor angestellt wurde. Noch vor seiner Festanstellung im Staatsdienst heiratete Ott Karolina Seyringer aus Dinkelsbühl, wozu er zuvor die Genehmigung seiner Behörde einholen musste. Durch die Eheschließung mit Karolina Seyringer heiratete Ott in eine alteingessene, bedeutende und wohlhabende Dinkelsbühler Wirte-Dynastie ein: Nach dem „Vermögens-Zeugnis“, das bis heute in den Personalakten Otts aufbewahrt wird, erhielt die Braut von ihrem Vater eine Mitgift in Höhe von 8000 Gulden in bar sowie eine Aussteuer im Wert von 3000 Gulden, was insgesamt dem zehnfachen Jahresgehalt entsprach, das Gustav Ott zum damaligen Zeitpunkt bezog. Mit Reskript vom 9. Oktober 1884 hatte König Ludwig II. auf Schloß Herrenwörth am Chiemsee verfügt, Gustav Ott zum 16. Oktober an das Bezirksamt Germersheim zu versetzen. Der neue Bezirksamtmann ließ weder auf privater Ebene noch in seinen Amtsgeschäften Zweifel an seiner Loyalität gegenüber Staat und Monarchie aufkommen. Eine in seinen Personalakten erhaltene Qualifikationsliste des Jahres 1886 vermerkt daher, dass man Ott in seiner „Anhänglichkeit an den Monarchen und das erhabene Regentenhaus, die Verfassung, die geheiligten Rechte der Krone sowie seinen moralischen Wandel im Privatleben als unzweifelhaft unbedenklich“ einstufte. In einem Bericht, der anlässlich einer Inspektion des Bezirksamtes Germersheim durch den königlichen Regierungsdirektor Graf Fugger Anfang Mai 1886 – eineinhalb Jahre, nachdem Ott sein Amt in Germersheim angetreten hatte – entstand, stufte man Ott als „den richtigen Mann am richtigen Ort“ ein und lobte sein gutes Verhältnis zu den übrigen Behörden, das „bekanntlich unter dem früheren Amtsvorgänger sehr viel zu wünschen übrig“ gelassen hatte. Im Einzelnen heißt es darin: „Bezirksamtmann Gustav Ott […] ein gebildeter, fleißiger, unterrichteter Beamter mit guten Umgangsformen, der sich in die ihm ganz fremden Verhältnisse der Pfalz sehr gut hineingelebt hat und der als der richtige Mann für Germersheim und die durch die Festungseigenschaft geschaffene vielfach schwierige Situation bezeichnet werden muß. Derselbe ist in allen Geschäftssparten des Amtes, in Personal- und Lokalfragen schon sehr orientiert, kennt den ganzen Bezirk, genießt Ansehen und Vertrauen, erworben zunächst durch sein wohlwollendes Auftreten verbunden mit einer takt- und maßvollen Haltung, welche im vorkommenden Falle der nöthigen Energie nicht ermangeln dürfte.“ Zum 1. Januar 1893 wurden Gustav Ott Titel und Rang eines Regierungsrates verliehen, 1894 erhielt er „eine besondere Anerkennung für eingehende und erfolgreiche Bemühungen aus Anlaß von Simultanstreitigkeiten [d.h. über die gleichzeitige – simultane - Nutzung eines Gotteshauses durch zwei Konfessionen, Anm.d.Verf.] in Kandel“. Zum Jahreswechsel 1898/99 verleiht man Gustav Ott den Verdienstorden vom Heiligen Michael vierter Klasse. Schon wenige Jahre nach seiner Versetzung an das Bezirksamt Germersheim kandidierte Gustav Ott für den Bayerischen Landtag, dem er als Abgeordneter für den Wahlkreis Kandel von 1887 bis 1893 und von 1893 bis 1899 angehörte. In dieser Zeit arbeitete er in mehreren Ausschüssen mit und gehörte vom 11. Februar 1890 an bis zum Jahr 1904 der Kammer der Abgeordneten des Bayerischen Parlaments als Nachfolger des verstorbenen Karl Alwens an. Durch die Abgeordneten-Tätigkeit in München stand Ott während der Sitzungsperioden natürlich für die Amtsgeschäfte am Bezirksamt Germersheim nur eingeschränkt zur Verfügung, so dass anfangs der Bezirksamtsassessor die Stellvertretung des abwesenden Vorgesetzten übernehmen musste. Erst in den Jahren 1901 und 1903 finden sich in den Akten Hinweise darauf, dass dem Bezirksamt Germersheim für die jeweils bevorstehende „Landtagssession“ Beamte als „Geschäftsaushilfen“ zugeteilt wurden. Die häufige Abwesenheit von Germersheim scheint dem Ansehen des Bezirksamtmannes bei der Bevölkerung in keinster Weise geschadet zu haben. In einem Bericht über die Visitation des Bezirksamtes Germersheim vom 3. bis 5. August 1905 heißt es dazu: „Der K. Bezirksamtmann, Regierungsrat Gustav O t t, erfreut sich durch seine gereiften Lebens- und dienstliche Erfahrungen, persönliches Wohlwollen, ruhiges sachliches Auftreten offensichtlich unterschiedslos in allen Bevölkerungskreisen hoher Achtung. Die langjährige Tätigkeit Otts als Landtagsabgeordneter ist seinem dienstlichen Ansehen in dem konfessionell und parteipolitisch stark gemischten Bezirke in keiner Weise abträglich geworden. Die Gesundheitsverhältnisse des nun 68jährigen sind sehr befriedigend. Frühere recht starke gichtische Anwandlungen scheinen abgenommen zu haben. Den Angelegenheiten des Dienstes bringt O t t ein anerkennenswertes warmes und frisches Interesse entgegen“. Trotz dieser in jeder Hinsicht günstigen Beurteilung rückte auch für Ott der Ruhestand unaufhaltsam näher. Der Bayerische Staatsminister des Innern, von Brettreich, schickte dem pfälzischen Regierungspräsidenten von Neuffer am 16. August des Jahres 1907 ein Schreiben, in dem er diesen darum bat, Ott zu empfehlen, bald um seine Versetzung in den Ruhestand nachzusuchen, da er das 70. Lebensjahr bereits vollendet hatte. Am 28. September 1907 erließ das Staatsministerium des Innern eine Verfügung, durch die Gustav Ott aufgrund einer Entschließung des Prinzregenten Luitpold und seines eigenen Antrags mit Wirkung zum 16. Oktober 1907 in den „bleibenden Ruhestand“ versetzt wurde. Gleichzeitig sprach man ihm bei dieser Gelegenheit die allerhöchste Anerkennung seiner langjährigen, mit Treue und Eifer geleisteten sehr ersprießlichen Dienste aus. Wenige Tage nach der Versetzung in den Ruhestand verabschiedete sich Gustav Ott von den Repräsentanten seines bisherigen Wirkungskreises. So wird von einer Abschiedsfeier im Germersheimer Hotel „Salmen“ berichtet, welche die Bürgermeister der Bezirke Germersheim und Kandel für ihn ausrichteten und dabei dem beliebten Bezirksoberhaupte ein Geschenk im Werte von 1000 Mark, das aus den Gemeindekassen des Bezirks bezahlt wurde, überreichten. Im Verlauf dieser Feier hielt der Germersheimer Bürgermeister Kleehaas eine Ansprache, in der die Verdienste des scheidenden Bezirksamtmannes, der stets und unparteiisch das Wohl des Bezirks im Auge gehabt hatte, hervorgehoben wurden. Bei dem Abschiedsgeschenk handelte es sich um einen silbernen Tafelaufsatz. „Bewegten Herzens“ – so die „Pfälzische Presse“ in ihrem Bericht – „nahm Regierungsrat Ott das Angebinde in Empfang und dankte in warmen Worten für die ihm gewordene Ehrung. Eine Reihe weiterer Ansprachen wurden gehalten. Die Feier nahm den schönsten Verlauf“. Gustav Ott starb am 14. September 1923 mit 86 Jahren in Amberg (Oberpfalz). Serieninfo Die RHEINPFALZ nimmt den 200. „Geburtstag“ des Kreises Germersheim zum Anlass, dessen Führungspersönlichkeiten in lockerer Folge vorzustellen.

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