Lauterbourg EM-Begeisterung im Grenzgebiet: Mitgefiebert wird erst später

Wenig Verkehr in Scheibenhardt.
Wenig Verkehr in Scheibenhardt.

Eines haben Deutschland und Frankreich dieser Tage gemeinsam: sie wollen den Europameistertitel nach Hause holen. Doch während Deutschland schon gewaltig im Fußballfieber ist, leben die Franzosen noch ihren normalen Alltag.

Fährt man durch die kleinen Dörfchen entlang der Grenze, sieht man keine Frankreich-Fahne an den Häusern hängen. Man sieht auch keine Autos, an denen die Nationalfahne weht. Und wer am Freitag das „Fête de la Musique“, das zum Sommeranfang in ganz Frankreich mit Musik in allen Städten und Dörfern gefeiert wird, besuchte, hat sich ebenfalls gewundert: Kein Public Viewing, um das Spiel Frankreich gegen Niederlande anzuschauen. Es schien, als ob die Franzosen eher Musikliebhaber als Fußballfans seien.

„Wir fangen erst an, mitzufiebern, wenn unsere Mannschaft weiterkommt“, sagt Marilyne Fritz aus Lauterbourg. Von Grenzkontrollen am Grenzübergang Lauterbourg hat sie nichts mitbekommen. „Hier sind kaum Kontrollen, und heute ist nur mal eine Polizeistreife durchgefahren“, fügt sie hinzu. Und wer gewinnt das Spiel gegen Polen am Dienstagabend? „Natürlich Frankreich“, sagt sie lächelnd.

Und wenig Verkehr in Lauterbourg.
Und wenig Verkehr in Lauterbourg.

In der Boulangerie im kleinen Grenzörtchen Scheibenhard, direkt hinter der Lauterbrücke, ist es auch ruhig an diesem sonnigen Tag. „Am Sonntag gab es mal Polizeikontrollen an der Brücke hier, aber nur ganz kurz“, sagt eine Kundin. „Mir ist nichts aufgefallen, aber an der Autobahn, direkt an der Grenze, da kontrollieren sie und stehen immer noch“, erzählt Jeannot Huttel aus Eberbach bei Seltz. Er gesteht, mit Fußball nichts am Hut zu haben, und das, obwohl seine Frau Anne-Marie früher selbst Fußball gespielt hat.

Anne-Marie, die Mutter des Bäckers, gesteht, sie sei ein großer Fan von Franz Beckenbauer gewesen. „Das war mein Idol, das war mein Alles“, strahlt sie immer noch im Gedanken an den deutschen Fußballstar. Ja, sogar ein Lied habe er veröffentlicht und gesungen, „Gute Freunde kann niemand trennen!“. Natürlich würde sie sich freuen über einen Sieg der Franzosen beim heutigen EM-Spiel gegen Polen. Aber auch sie wird erst dann richtig mitfiebern, wenn die Franzosen weiterkommen. Das Match will sich das Ehepaar zuhause auf der Couch ansehen.

Die Kontrollen sind woanders

Und während am kleinen, früheren Grenzübergang vor dem Pamina-Haus in Lauterbourg die Autos mit französischer Autonummer Richtung Süden fahren, die Autos mit deutscher Autonummer Richtung Norden, wird an der Zollplattform am Ende der französischen Autobahn A35 immer noch kontrolliert. Vielleicht fahren die Elsässer etwas schneller nach Hause als sonst, so der Eindruck. Denn mit Sicherheit wollen sie das Spiel Frankreich gegen Polen, das im Fernsehen übertragen wird, verfolgen.

„In der Pause werden schnell ein paar Merguez auf den Grill geschmissen“, sagt ein Mann lächelnd, der gerade aus einer Metzgerei kommt. Vielleicht schafft es Frankreich ja bis ins Endspiel und den dritten Europameistertitel nach Hause zu holen.

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