Jockgrim Emma Gebhart feiert ihren 100. Geburtstag

Freut sich immer über Besuch: Emma Gebhart.
Freut sich immer über Besuch: Emma Gebhart.

Heute feiert Emma Gebhart in Jockgrim ihren 100. Geburtstag. Sie wurde am 11. August 1923 in Hatzenbühl geboren und antwortet auf die Frage nach dem Rezept für ihr langes Leben ganz einfach mit: „Immer bewegen!“ Aber das ist nicht der einzige Grund.

In ihrem Jockgrimer Haus, in das sie im Jahr 1955 mit ihrem Ehemann Richard und den ersten Kindern einzog, lebt Emma Gebhart noch heute. Anfang der Woche erzählte die noch weitgehend selbständige Dame aus ihrem Leben, das durch ein ständiges Auf und Ab geprägt war. „Ich hatte vier Geschwister, meine Eltern waren Bauern.“ Nach sieben Jahren in der Volksschule durfte sie, wie alle 17 Mädchen in ihrer Schulklasse, keinen Beruf lernen, sondern musste die Mutter bei der Feldarbeit unterstützen.

Der Vater von Emma starb schon mit 42 Jahren im Jahr 1941, ab dann brachte ihre Mutter sich und die Kinder alleine durch. Der Zweite Weltkrieg stellte die Lebensplanung der jungen Emma auf den Kopf, denn ihr Verlobter Hermann wurde im Krieg getötet. Zum Glück für die rührige Hatzenbühlerin, die so gerne Schneiderin gelernt hätte, lernte sie im Haus einer Bekannten nach dem Krieg einen jungen Mann, Richard Gebhart, kennen. Sie verliebten sich, heirateten und bekamen ein Jahr später ihre erste Tochter. Fünf Jahre lang lebten sie in Emmas Elternhaus. Dann zog die junge Familie in das eigene Haus mit großem Garten. „Wir hatten auch in Hatzenbühl ein Grundstück zum Bauen, aber mein Mann Richard dachte vorausschauend und zog Jockgrim wegen des Bahnanschlusses vor.“

Mit 92 Jahren noch mit dem Fahrrad unterwegs

„Er wurde früh dauerhaft krank, konnte nicht mehr schwer arbeiten und ging früh in Rente“, erinnert sich Emma Gebhart. Dank des großen Gartens und Äckern, zum Teil mit Obstbäumen, konnte sich die sechsköpfige Familie weitgehend selbst versorgen. Daran erinnern sich Sohn Klaus und Tochter Irene bis heute lebhaft, weil ihre Kindheit durch die stetige Pflicht zum Mithelfen geprägt gewesen sei. Die Familie hatte Schweine und Hühner, pflanzte Tabak und Spargel an. Zum Teil für den Eigenbedarf, aber auch zum Verkauf. „Wir zogen Hähne groß, die dann an eine Gaststätte im Ort, den ,Brauner’, verkauft wurden, so die Jubilarin. Sie nahm zwischendurch Heimarbeit an, für eine Schuhfabrik, die kurze Zeit in Hatzenbühl einen Standort hatte, und half bei anderen Landwirten mit, um Geld zu verdienen.

Damit sie schneller unterwegs war, fuhr sie sogar ein kleines Moped, ein E.P. Stricker. „Ohne Helm“, lacht sie verschmitzt. Mit 40 Jahren machte sie den Auto-Führerschein. „Ich bin 36 Jahre lang Auto gefahren, dann kam eine Augen-Operation, danach fuhr ich nicht mehr selbst.“ Aber aufs Fahrrad stieg sie noch, bis sie 92 Jahre alt war, um im Nachbarort bei ihrem Metzger einzukaufen. Um das tägliche Arbeitspensum zu bewältigen, mussten die fünf Kinder von klein auf mithelfen. Geschirr spülen, nach den Hühnern schauen, Erbsen „brockeln“, Kirschen entsteinen, bei Schlachtungen das Blut rühren, die Arbeit ging für alle Familienmitglieder nicht aus. Daneben strickte und nähte die Pfälzerin für die ganze Familie und fand Zeit zum Kuchen backen. „Wir hatten immer das Haus voll, mit Bekannten meines Mannes, Freunden der Kinder und Verwandten.“

„Schickt uns nie wieder in Urlaub“

Emma Gebhart ließ es sich nicht nehmen, sonntags in die Kirche zu gehen: „Außer ich war krank. Gerne habe ich im Garten geschafft, das war meine Therapie, wenn es mir mal schlecht ging.“ Seit zehn Jahren überlässt sie diese Arbeiten ihren Kindern.

Nur einmal, mit sechzig Jahren, waren Emma und Richard Trauth eine Woche im Urlaub. Als sie wieder aus dem Schwarzwald zurück waren, die Reise war ein Geschenk ihrer Kinder gewesen, erklärten sie: „Schickt uns ja nie wieder in Urlaub, wir wussten die ganze Woche lang nicht, was wir tun sollen.“ Ab und zu ging die 100-Jährige früher ins Kino und hatte ein Abonnement für das badische Staatstheater.

Emma Gebhart nutzt seit einigen Jahren den „Essen-auf-Rädern-Service“, freut sich über den Besuchsdienst der Malteser und ihre Familie „versorgt mich gut“. Vor fünf Jahren bereitete sie auf Wunsch ihrer Enkelkinder, sie hat elf, außerdem elf Urenkel, zum letzten Mal Dampfnudeln zu, ein Tag, an den sie gerne denkt. Ach ja, ein weiterer Grund, warum sie 100 Jahre alt werden musste, fällt ihr doch noch ein: „Mein Mann sagte immer zu mir, du wirst 100. Und da ich fast immer tat, was er sagte, klappte das auch mit den 100 Jahren.“

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