Kreis Germersheim „Hopp, jetzt rum!“

91-70815889.jpg

Rolf Kost spielt schon länger Gitarre als Keith Richards und das, obwohl er „erst spät angefangen hat“ mit dem Instrument. Mit seinen 81 Lebensjahren ist der Karlsruher aber auch zehn Jahre älter als der knittergesichtige, als Inbegriff des Altrockers geltende Rolling Stone. Trotzdem ist „der Boss“ wie ihn seine Mitmusiker im „Fidelitas Terzett“ nennen das Bandkücken. Keyboarder Hans Ebert zählt 86 Lenze und Kurt Lichtenwalter am Sax derer sogar 93. Am Sonntag spielte das Trio im „Bayrischen Hof“ in Neulauterburg.

Seine Musikerkarriere begann Kost während der Nachkriegsjahre. In den Clubs der US-Armee habe er für die in Karlsruhe stationierten Besatzungssoldaten Unterhaltungsmusik gespielt, berichtet er. Für einen jungen Musiker gab es hier gutes Geld zu verdienen. Ganz ungefährlich war der Job nicht, denn „die Schwarzen wollten Jazz hören und die Weißen Country“, erzählt Kost und lacht. „Da gab es regelmäßig Handgreiflichkeiten – und wehe, du hast als Musiker nicht schnell genug auf die Wünsche reagiert.“ Meist spielte Kost Jazz: „Die Schwarzen waren in der Überzahl“. Ganz so hoch wie in den Armee-Clubs geht es beim Tanztee im Bayerischen Hof an diesem Sonntagnachmittag nicht her. Okay, das Kuchenbüffet sieht gegen Ende der Veranstaltung nicht mehr ganz so akkurat aus wie zu Beginn und am einen oder anderen Tisch wird schon mal lauthals mitgesungen. Ein halbes Dutzend Paare schiebt sich mehr oder weniger gemächlich über die Tanzfläche. „Bei Mir Bistu Shein“ intoniert das Terzett. „Hopp, jetzt rum!“, dirigiert eine so resolute wie leichtfüßige Tänzerin ihren Tanzpartner, der ein wenig Mühe hat, mitzuhalten. Dem Swing, Bigband Jazz und Boogie Woogie, den schon „die Amis“ mochten, ist Kost bis heute treu geblieben. Auch wenn das Fidelitas Terzett wohl die ziemlich „kleinste Bigband der Welt“ ist. Natürlich ist dem Terzett auch die Unterhaltungsmusik nicht fremd: Früher tingelten die drei Herren durch die feinen Kurhotels in Baden-Baden und noch heute bringen sie in Bad Bergzabern im Kurhaus regelmäßig die Gäste auf Trab. Folglich gehören auch Evergreens wie „The Girl From Ipanema“ oder Schlager wie „Auf Wiedersehn“ zum Programm. Sehr zur Freude der Gäste. Zusammenspielen die drei alten Kater schon ihr gesamtes Rentenalter und darüber hinaus: „Seit mehr als 30 Jahren“, seien sie gemeinsam aktiv, berichtet Kost. Ermüdung- oder gar Alterserscheinungen? Bandsenior Kurt Lichtenwalter bläst, als habe er Lungenflügel wie ein 25-Jähriger. Hans Ebert sitzt zwar ein wenig gebückt hinter dem Piano, was seinem Spiel aber natürlich keinen Abbruch tut. Kost zupft fröhlich – schrummelschrummelschrabbschrabbschrabb – seine historische, halbakustische Arthur-Lang-Jazzgitarre, deren charakteristisches Fünffachbinding auf der Zarge an eine aufgeschnittene Torte erinnert. Unter Gitarren-Freaks gelten die Instrumente, die der Geigenbaumeister ganz allein in seiner Werkstatt in Garmisch herstellte, derweil als echte Sahnestücke. Kost hat das kauzige Genie in den frühen 70ern noch selbst besucht. „An den Wänden hingen Fotos von Größen wie Sigi Schwab und Caterina Valente“, erzählt er während seine Augen vor Begeisterung aufleuchten. Nach einer kurzen Pause geht es für das Terzett wieder auf die Bühne und schon nach den ersten Takten von Louis Armstrongs „What a Wonderful World“ ist die Tanzfläche wieder voll. „Ich bin ein wenig überrascht, dass so viel los ist“, sagt Günter Logé vom Jazzclub Wörth, der die Veranstaltung organisiert hat. „Die Sommerzeit ist für Tanztees ja eigentlich nicht so günstig.“ Er will das Fidelitas Terzett bald wieder einladen.

x