Kreis Germersheim Poker um Kies geht in nächste Runde

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Kies beherrschte am Mittwoch die Tagesordnung des Gemeinderats Neuburg. Über die geplante Kiesförderanlage durften aber nur 7 der 21 Ratsmitglieder entscheiden. Grund: Die fragliche Betriebsfläche im Vorranggebiet gehört rund 460 Eigentümern. Unter ihnen sind zahlreiche Räte und deren Verwandte. Verbandsbürgermeister Reinhard Scherrer (SPD) sah im Ausschluss der Betroffenen die juristische Gewähr gegen etwaige Anfechtungen. Dafür plädierte auch Ortsbürgermeister Hermann Knauß (Wählergruppe Neuburg).

Ihre Ablehnung verstehen die Räte nicht als Aus, sondern als Signal für Neuverhandlungen – vor allem zu besseren finanziellen Konditionen. Das 2011 eröffnete, zeitweilig stockende Plan- und Genehmigungsverfahren ist vorläufig beendet. Dieses drohte zunächst an den Hürden der Raumordnung zu scheitern. Gegenwind kam auch aus dem Nachbarort Berg, der Gemarkungsteile verweigerte. Flächentausch und Verkleinerung des Abbaugeländes schienen schließlich den Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes zu genügen. Die letzten regionalplanerischen Hindernisse beseitigte im Januar 2017 eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung. Ihr zufolge werden die Quarzwerke Lauter GmbH & Co. KG ihren Standort Wörth aufgeben. Kies fördert das Unternehmen dann nur noch aus dem neu entstehenden Baggersee in Neuburg. Davon wird der größte Teil mithilfe einer speziellen Beladungsanlage per Schiff abtransportiert. Das künftige Fördergelände zwischen Neuburg und Berg umfasst 43 Hektar. 28 Hektar dienen dem Kiesabbau. Der Pachtzins an die Ortsgemeinde entspricht ihrem Flächenanteil (1,15 Prozent). Er beträgt 10 Prozent des Nettoverkaufserlöses (wir berichteten) und soll für stetig fließende, allein der Kommune verbleibende Einnahmen sorgen. Zielgröße ist der mittlere Jahresertrag aus dem Abbau am Epple-See – derzeit rund 95.000 Euro. Das Kalkül der Gemeinde „Kies durch Kies“ bei Verringerung des ortsnahen Schwerlastverkehrs stieß in Teilen auf starke Vorbehalte: Der Kaufpreis/Pachtzins erschien zu niedrig, der langfristige Ertragsnutzen zu mäßig. Kritik galt ferner dem Eingriff in „eine der letzten intakten Kulturlandflächen“ am Oberrhein, er schädige die einheimische Fauna. Ein weiterer Einwand betraf die im europäischen Naturschutzgebiet (Natura-2000-Netz) vorgesehene, separat zu genehmigende Schiffsbeladungsstelle. Ihre betriebliche Rentabilität hänge vom unwägbaren Rheinwasserstand ab, und damit auch die erhoffte ökologische und Verkehrsentlastung, wurde argumentiert Dies widerspreche der von Landrat Fritz Brechtel (CDU) gelobten „WinWin-Situation“ (wir berichteten). Jetzt steht Neuburgs Kiesprojekt wieder im Ausgangsmodus. Ein ebenso heikles Thema war der Haushalts- und Investitionsplan 2017/18. Ortsbürgermeister Knauß beklagte den im Amt ererbten Investitionsstau sowie das ständige Haushaltsdefizit, das einen Ausgleich illusorisch mache. Der Fehlbetrag beziffert sich auf 600.000 Euro bei 3,4 Millionen Euro Ausgaben pro Jahr. Größter Posten auf der Habenseite sei die Einkommensteuer. Mangels Bauland könne die Gemeinde keine zusätzlichen Einnahmen erwarten. Bereits jetzt sei der Haushalt „auf Kante genäht“. Investitionen in die Infrastruktur (Friedhof, Kinderspielplätze, „kaputtgesparte“ Gehwege) sind aber unumgänglich. Denn es gelte, die Gemeinde als attraktiven Wohnplatz mit hoher Lebensqualität zu erhalten. Erhöhte Umlagen seien daher nicht zu vermeiden. In der kurzen Aussprache forderten die Sprecher von CDU, SPD und der Wählergruppe den verantwortungsvollen Umgang mit den knappen Finanzressourcen. Die Vorlage wurde bei 3 Enthaltungen angenommen. Bei 2 Enthaltungen abgelehnt wurde der von der Sängervereinigung beantragte Rückbau des gemauerten Grillplatzes in der Grillhütte. Einstimmig akzeptierte der Gemeinderat die Änderungen beim Ausbau der Lotsen- und Querstraße. |hakr

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