Kreis Kaiserslautern Es begann mit einem Kirschzweig

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Zu einem „Willkommens-Kaffee“ hatte der SPD-Ortsverein Olsbrücken/Frankelbach am Sonntagnachmittag ins Dorfgemeinschaftshaus Frankelbach eingeladen. Ziel der Veranstaltung: die Bürger der beiden Gemeinden und die Flüchtlinge, die in den letzten Monaten ins Lautertal gezogen sind, besser miteinander bekanntzumachen. Fast alle Flüchtlinge kamen – und viele Einheimische, die sich ehrenamtlich um die Neubürger kümmern.

Es ist kein leichtes Schicksal, das die fünfköpfige Familie Husary hat. Zu Beginn dieses Jahres sind der 37-jährige Ahmad, seine Frau Nedya und die drei Kinder Kinas (9), Jinda (7), und Diljem (3) aus der syrischen Stadt Aleppo geflohen. Natürlich wegen des Kriegs, der die historische Metropole praktisch dem Erdboden gleich gemacht hat. Doch damit nicht genug: Der Familienvater ist inzwischen an Krebs erkrankt, die jüngste Tochter musste in der neuen Heimat dringend operiert werden. Sie hatte sich auf der Flucht offenbar schwer am Kopf verletzt. Das sind eigentlich mehr Schläge, als eine junge Familie verkraften kann. Doch an diesem Sonntagnachmittag ist von Trübsal keine Spur: Schüchtern lächelnd und in ihren besten Kleidern sitzen die Husarys an der langen Kaffeetafel im Dorfgemeinschaftshaus. „Ja, wir sind heute gern gekommen“, sagt der neunjährige Kinas, der sichtlich stolz als kleiner Dolmetscher für die ganze Familie spricht. Verblüffend, wie gut er bereits die deutsche Sprache beherrscht. „Ich gehe ja auch in die Schule, sogar schon in die zweite Klasse“, erklärt der Junge ganz cool. Hinzu kommt: Die Husarys sind in der Fremde nicht allein. Seit Mai wohnen sie jetzt als Asylbewerber in Olsbrücken, einem Dorf mit rund 1000 Einwohnern im Lautertal. Und vom ersten Tag an können sie auf zahlreiche Unterstützung in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft bauen. „Als die Familie bei uns ankam, wusste ich nicht gleich, wie ich sie begrüßen sollte,“ erinnert sich Friedel Decker, der unmittelbar neben dem neuen Heim der syrischen Familie lebt. „Da habe ich einfach einen Zweig von meinem Kirschbaum abgebrochen und ihnen überreicht.“ Eine spontane Geste, die offensichtlich auch ohne Worte ankam. Und auf die bald sehr konkrete Hilfe folgte: Gabriele und Walter Schneck, die in derselben Straße wohnen, besorgten gebrauchte Möbel und Kleidung für die neuen Nachbarn. Udo und Ursula Gödtel, ebenfalls alteingesessene Olsbrücker, kümmerten sich unter anderem um die gesundheitlichen Sorgen der Familie. „Erst haben wir mit Händen und Füßen gesprochen, inzwischen haben wir sogar ein Wörterbuch“, lachen die beiden Ehepaare. Dabei ging es um durchaus lebenswichtige Dinge: den Weg zum Arzt, ins Krankenhaus – und den Papierkrieg, der mit einem Asylverfahren verbunden ist. Friedel Decker sowie die Familien Schneck und Gödtel sind kein Einzelfall, weder in Olsbrücken noch in Frankelbach. Das zeigt sich spätestens an diesem Nachmittag im Dorfgemeinschaftshaus: „Fast alle Flüchtlinge, die wir aus beiden Orten eingeladen haben, sind auch gekommen“, freut sich Rolf Künne, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins. Insgesamt haben bisher 24 Menschen in den beiden Dörfern Zuflucht gefunden, vornehmlich aus Syrien, Afghanistan und vom Balkan. „Es werden wohl noch ein paar mehr “, fügt der ehemalige Landrat an. „Die Verbandsgemeinde hat angekündigt, dass uns bis zum Jahresende noch weitere Flüchtlinge zugewiesen werden.“ Für Olsbrücken und Frankelbach „wäre auch das noch kein wirkliches Problem“, glauben die beiden Ortsbürgermeister Peter Hesch (CDU) und Hans-Peter Spohn (FWG). „Wir haben hier durchaus noch Leerstand, da kommen manchen Hausbesitzern die neuen Mieter gerade recht“, erläutert Spohn aus dem 300-Seelen-Dorf Frankelbach. „Unsere Dorfgemeinschaft ist sehr engagiert, bei der Integration der neuen Bürger zu helfen. Wir werben deshalb heute auch darum, dass die Flüchtlinge in unseren Vereinen mitmachen können. Von der Freiwilligen Feuerwehr bis zum Gesangverein sind aktive Mitglieder jederzeit willkommen.“ Ein Angebot, dass für manche Flüchtlinge vielleicht noch etwas früh kommt. Denn kaum sind an diesem Nachmittag die offiziellen Reden verklungen und der selbst gebackene Kuchen probiert, beugen sich viele ehrenamtliche Helfer und ihre Schützlinge über mitgebrachte Formulare. Ganz pragmatisch nutzen sie die Chance, dass heute sowohl zwei Dolmetscher als auch Verwaltungsexperten zum „Willkommens-Kaffee“ erschienen sind. Denn so ein Antrag auf „Hilfe zum Lebensunterhalt“ oder fürs Kindergeld macht nicht nur Asylbewerbern zu schaffen. Familie Husary hat dies schon hinter sich, dank ihrer Westpfälzer Paten. Sie kann den heutigen Nachmittag ganz einfach bei Kaffee und Kuchen genießen.

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