Kusel Keuchhusten wird häufig als Grippe verkannt

Kinderärzte im Kreis Kusel haben in den vergangenen Monaten nicht signifikant mehr Fälle von Keuchhusten registriert als in früheren Jahren. Das hat eine RHEINPFALZ-Recherche ergeben, nachdem das Robert-Koch-Institut bundesweit einen deutlichen Anstieg vermeldet hatte.

Im Jahr 2016 hatte das Robert-Koch-Institut (RKI) 21.675 Fälle von Keuchhusten registriert. Das sind die meisten seit Beginn der bundesweiten Meldepflicht im Jahr 2013. 874 davon entfallen auf Rheinland-Pfalz. Experten gehen in einem Interview mit der Tagesschau von einer bundesweiten Krankheitswelle aus. Grund dafür könnten nach deren Einschätzung Impflücken sein. Seit Jahresbeginn wurden dem RKI 34 Fälle in Rheinland-Pfalz gemeldet. Bei den Patienten von Leuven Thomas Morandini, Kinderarzt mit einer Praxis in Schönenberg-Kübelberg, ist laut dessen Angaben Keuchhusten in den vergangenen Monaten nur vereinzelt aufgetreten. Seinen Patienten lege er grundsätzlich eine entsprechende Impfung nahe, sagt er. Um sich häufige Arztbesuche zu sparen, wird die Keuchhustenimpfung häufig in Verbindung mit einer Tetanus-/ Diphterie-Impfung verabreicht. Deren Kosten werden laut Morandini von der Krankenkasse übernommen. Auch in der Gemeinschaftspraxis von Fred Konrad und Steffen Becker-Katins in Kusel sei es bisher bei Einzelfällen geblieben, heißt es dort. Heuer habe Becker-Katins allerdings zwei Säuglinge, zu diesem Zeitpunkt noch nicht älter als sechs Monate, ins Krankenhaus eingewiesen. Sie seien nicht gegen Keuchhusten geimpft gewesen und daran erkrankt. „Besonders gefährlich kann die Atemwegsinfektion für Säuglinge werden, die ihren sechsten Lebensmonat noch nicht vollendet haben“, sagt Morandini. Hier könne es nicht nur zu Hustenanfällen, sondern auch zu Atemaussetzern kommen, die für den Säugling tödlich enden können. Deshalb sollten sich Frauen spätestens drei Monate vor einer eventuellen Schwangerschaft impfen lassen. Impfungen während der Schwangerschaft sind laut Morandini nicht empfohlen, aber trotzdem möglich. Auch Personen aus dem näheren Umfeld des Kindes, wie beispielsweise dem Vater, den Großeltern und Geschwistern, empfiehlt der Kinderarzt, sich impfen zu lassen, um keine Gefahr für den Säugling darzustellen. Bis zum zweiten Lebensjahr wird viermal geimpft, die nächste Impfung erfolgt fünf Jahre nach der vierten Impfung. Die vorerst letzte Impfung erfolgt während des 13. Lebensjahres. Um auch als Erwachsener noch geschützt zu sein, sollte die Impfung in einem Turnus von zehn Jahren erneuert werden. „Bereits Erkrankte können sich ohne entsprechende Impfung immer wieder anstecken“, erklärt Becker-Katins. Laut Morandini wird Keuchhusten oft verkannt. „Viele der Betroffenen halten es für einen grippalen Infekt“, sagt der Kinderarzt aus Schönenberg-Kübelberg. „Im Gegensatz zu früher ist die Allgemeinheit inzwischen jedoch weitestgehend für das Thema sensibilisiert“, fügt er an. Nach einer Studie des Robert-Koch-Instituts waren 97,5 Prozent der Kinder in Rheinland-Pfalz bei der Schuleingangsprüfung gegen Keuchhusten geimpft. Bei den Erwachsenen sind es jedoch deutlich weniger: Die Ergebnisse der bislang letzten Studie des Robert-Koch-Instituts aus dem Jahr 2012 gehen von bundesweit 7,6 Prozent aus. Wie Morandini erklärt, könnten bestimmte Symptome auch Laien einen Hinweis darauf geben, dass es sich um keinen normalen Husten handelt: Charakteristisch für Keuchhusten sind stakkatoartige Hustenanfälle, die abgehackter sind als bei einem grippalen Infekt. Zudem strecken die Betroffenen während eines Anfalls meist verkrampft die Zunge heraus und würgen Schleim hoch. Das typische Keuchen am Ende der Hustenanfälle hat der Krankheit ihren Namen gegeben. Besonders durch körperliche Anstrengung können diese Anfälle ausgelöst werden. Ob es sich tatsächlich um Keuchhusten handelt, zeigen dann die Ergebnisse der Blutuntersuchung beim Arzt. Wird ein Erkrankter behandelt, so kann er nach einer Woche niemanden mehr anstecken. Wer hingegen nicht zum Arzt geht – beispielsweise weil er es für eine Grippe hält –, der ist rund drei Wochen lang ein Risiko für seine Mitmenschen. Behandelt wird mit Antibiotika. Mit zusätzlichen hustenstillenden Medikamenten können die Symptome gelindert werden. Während ein unbehandelter Keuchhusten für Säuglinge durchaus lebensbedrohlich werden kann, ist er für Kinder und Erwachsene in der Regel nicht gefährlich. Die Symptome klingen jedoch erst vergleichsweise spät ab, Kinder schlafen in dieser Zeit meist unruhig und haben Fieber. |jrd

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