Meinung Überschuldung der Dörfer bringt die Demokratie in Gefahr

Wenn Bosenbach sein Freibad halten will, müsste der Gemeinderat die Grundsteuer auf das Dreifache anheben.
Wenn Bosenbach sein Freibad halten will, müsste der Gemeinderat die Grundsteuer auf das Dreifache anheben.

Wenn der Staat seinen Gemeinden keinen Gestaltungsspielraum mehr lässt, geht die kleinste Zelle der Demokratie vor die Hunde.

Nehmen wir doch mal den Kreis Kusel mit seinen 98 Dörfchen und Städtchen. Dem Kreis gehen die Bürgermeister aus: Blaubach mit seinen 400 Einwohnern hat seit bald fünf Jahren keinen mehr. Frohnhofen sucht seit einem Jahr vergeblich jemanden, der den Posten haben will. Nun hat auch der Bosenbacher Bürgermeister hingeworfen. Noch vor zwölf Jahren stritten sich in Breitenbach sechs Männer um den Posten, bei der jüngsten Wahl gab’s gerade noch einen Kandidaten. Viele Dörfer sind inzwischen froh, wenn’s wenigstens eine oder einen gibt, der sich zur Wahl stellt. In den Gemeinderäten sieht’s nicht besser aus: Immer weniger wollen rein.

Das hat mit einer echten Wahl, die Auswahl voraussetzt, nur noch ansatzweise etwas zu tun.

Ein Grund dafür ist: Bürgermeister und Ratsmitglieder in armen Gemeinden haben nicht mehr viel zu sagen. Die Vorgaben von oben engen dermaßen ein, dass die Lust am Amt flöten geht. Oder sie zwingen wie in Bosenbach zu Entscheidungen, die kein Mensch mehr vor seinem Gewissen vertreten kann.

Eine Ursache ist die Überschuldung der Gemeinden. Olaf Scholz hat 2020, damals noch als Finanzminister, einen schönen Plan zur Entschuldung der Dörfer und Städte Deutschlands vorgelegt. Umgesetzt hat er ihn leider nie. Wenn der Bund patzt, muss das Land einspringen. Tut’s aber nicht. Rheinland-Pfalz zwingt seinen Gemeinden Maßnahmen auf, die zunächst die Dörfer schleichend zugrunde gehen lassen – und damit auch die kleinste Zelle der Demokratie.

x