Kreis Südliche Weinstraße Zehn Whiskys bis zum Sieg

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Pleisweiler-Oberhofen: Für einen Abend wird der kleine Ort zum Dorado für Whisky-Freunde. Beim Blind-Tasting am Freitag hatte das Publikum abgestimmt, welcher der zwei angereisten „Scotch Whisky Ambassadors“ den besten Stoff serviert. Paradiesische Zustände für alle, die danach nicht mehr Auto fahren mussten.

„Wer war noch nie bei einem Whisky-Tasting“, fragt Tim Scholl die Gäste im Schlossbergkeller. Etwa ein Drittel der Arme geht hoch. Die Tische sind bis auf den letzten Platz besetzt. 28 Teilnehmer warten darauf, dass es los geht. Zur Einstimmung gibt es bereits das ein oder andere Bier. Scholl und der ebenfalls anwesende Thorsten Jung sind die einzigen „Scotch Whisky Ambassadors“, also Botschafter, Deutschlands. Für den Abend sind sie extra in ihre Schottenröcke geschlüpft. Den beiden ist es wichtig, Neulinge unterhaltsam an das Thema heranzuführen. In Glasgow haben sie sich zum „Ambassador“ zertifizieren lassen und dürfen auch selbst ausbilden. Eines wollen sie vermeiden: elitär zu wirken. „Der Markt wird immer steifer“, sagt der 36-jährige Jung, der einen Online-Shop für Whiskys führt, und fügt hinzu: „Wir wollen diese klassischen, langweiligen Whisky-Tastings aufbrechen.“ Es ist den beiden Ernst mit dem Spaß, hier wird jeder sofort geduzt. Vor zwei Jahren haben sich Jung und Scholl bei einem Tasting in Mannheim kennengelernt – und schnell den Entschluss gefasst, ein Konzept aus Schottland auszuprobieren: Statt eines langweiligen Vortrags mit Fachvokabular treten die beiden in einem Wettkampf gegeneinander an. Ein „Battle-Tasting“ also. Das funktioniert so: Beide suchen Whisky-Sorten aus, das Publikum trinkt „blind“, also ohne Kenntnis der Marke, ein Glas von Scholl und eins von Jung und stimmt ab, welcher Whisky besser schmeckt. Das Ganze geht über vier Runden à zwei Gläser. Dazwischen gibt es warmes Buffet, damit niemand umkippt. „Wenn es am Ende zum Stechen kommt, geht ihr hier sogar mit zehn Whiskys raus“, kündigt Scholl zu Beginn an. Der 39-jährige Lehrer für Mathe und Ethik ist aus Mannheim und hat sichtlich Freude daran, mit den Tasting-Klischees zu brechen. Während die Teilnehmer ihre Nasen in die Gläser stecken und versuchen, Aromen zu erkennen, sagt er Sätze wie: „Was ich riech’ und schmeck’, ist völlig wurscht. Das ist alles subjektiv.“ Die Teilnehmer können beim blinden Probieren Marke, Region, Alter und Alkoholgehalt mit raten und Preise gewinnen. „Wir werden heute nichts davon mitnehmen“, prophezeit Teilnehmer Stefan Kreitel. Sein Notizzettel und der seiner Frau Petra sind nach den ersten Whiskys noch leer. Mit Verwandten sind sie extra aus dem Saarland angereist. Sie erraten nicht, welche Whiskys sie da trinken, aber sie können ankreuzen, welcher ihnen besser schmeckt. „Eigentlich schmecken alle gut“, merkt Stefan Kreitel an. Warum aber kommen zwei Ausnahmeerscheinungen der deutschen Whisky-Szene, auf deren Tourplan Mannheim, Essen und Berlin stehen, ausgerechnet nach Pleisweiler-Oberhofen? Die Antwort darauf heißt Benjamin Niemann. Der 45-jährige Polizist aus Kapellen-Drusweiler ist eines von vier Gründungsmitgliedern des taufrischen „Palatina Whisky Clans“. In Kilt und Clan-Shirt, mit Burg Landeck im Logo, sitzt Niemann am Freitagabend am Tisch und rätselt mit. 2014 lernte er Scholl bei einem Tasting in Mannheim kennen, die beiden verstanden sich von Anfang an gut. Gestern Mittag wertet Niemann das Ereignis aus. „Wir mussten in der fünfte Runde ins Stechen, am Ende machte eine einzige Stimme den Unterschied.“ Erst halb zwei in der Nacht, nach fünfeinhalb Stunden, stand fest: Dieses Mal geht der Wanderpokal an den Hessen Jung. Ausschlaggebend für den Sieg war die letzte Runde, in der die zwei Botschafter des Whiskys selbst einen „Blended“, eine Mischung aus mehreren Sorten, herstellen mussten. Niemann dazu: „Jung hat etwas aus 88 Whiskys zusammengemischt, so was hab ich auch noch nicht erlebt.“ Am Ende seien zwar zwei, drei Teilnehmer ausgestiegen, aber keiner sei durch das Trinken umgefallen, versichert Niemann. „Das ist kein Schnapskippen, man nimmt sich Zeit, genießt und konzentriert sich auf die Aromen.“ Er selbst hätte sich etwas schwer getan beim Erraten, aber sein Clan-Freund hätte den besten Riecher aus dem Publikum gehabt. Der Abend verlief so gut, dass für Ende 2017 der nächste Wettkampf geplant ist. Info Das nächste Tasting des „Palatina Whisky Clans“ unter Leitung von Scholl ist am 3. Februar in Kapellen-Drusweiler. Infos an Benjamin Niemann: lowsax@t-online.de.

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