Kreis Südwestpfalz Die ganz große Abrechnung bleibt aus

Im Prozess gegen Karlheinz Schöner werden heute womöglich die Plädoyers gehalten.
Im Prozess gegen Karlheinz Schöner werden heute womöglich die Plädoyers gehalten.

Im Betrugs- und Untreueprozess gegen den ehemaligen Homburger Oberbürgermeister Karlheinz Schöner (CDU) sagte gestern der heutige Amtsinhaber, sein Nachfolger Rüdiger Schneidewind (SPD), als Zeuge aus. Heute, Dienstag, am sechsten Verhandlungstag, könnten Staatsanwaltschaft und Verteidigung ihre Schlussplädoyers halten, sollte Schöners Anwalt nicht noch mit neuen Beweisanträgen aufwarten.

Gestern ließ Richter Bernd Weidig durchblicken, dass er das im Schöner-Prozess parallel laufende Verfahren gegen den zweiten Angeklagten eventuell abtrennen könnte. Dem Mitangeklagten, einem Homburger Bauunternehmer, stellte er die Einstellung von dessen Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage in Aussicht. Dem Bauunternehmer wird vorgeworfen, er habe bestimmte Reparaturen an städtischen Gebäuden in Erbach nie ausgeführt, dies aber dennoch der Stadt Homburg in Rechnung gestellt. Vielmehr, so die Anklage, habe er das städtische Entgelt mit Bauarbeiten seiner Firma an privaten Anwesen von Karlheinz Schöner verrechnet. Richter Weidig sagte, dass in diesem Tatkomplex viele Aspekte „nicht ausermittelt“ seien. Weidig kritisierte Staatsanwaltschaft und Polizei dafür, dass beide Behörden nie die Angestellten der Baufirma zum Thema befragt hätten. Ob der Bauunternehmer die Einstellung seines Verfahrens gegen Geldzahlung akzeptiert, wird der heutige Tag zeigen. Dessen ungeachtet wird gegen den Ex-OB Karlheinz Schöner weiter prozessiert – wegen der Tätigkeit eines kommunalen Bautrupps an Schöners Privathäusern und wegen Schöners Kauf einer Livemusik-Verstärkeranlage für 12 500 Euro auf Stadtkosten. Weniger spektakulär als von Beobachtern erwartet verlief gestern die Zeugenaussage des heutigen Homburger OB Rüdiger Schneidewind, gegen den bekanntlich seinerseits in der Detektiv-Affäre ein Prozess in Saarbrücken läuft. Auf die Musikanlage angesprochen, deren Verbleib nach dem Kauf am 30. September 2014 den Rathaus-Verantwortlichen gut zwei Jahre lang unbekannt war, sagte der aktuelle OB, dass er seinen Vorgänger mehrfach direkt darauf angesprochen habe; Schöner habe jedoch über lange Zeit erwidert, er wisse gar nicht, von welcher Anlage hier eigentlich die Rede sei. Als besser informiert erwies sich ein Bühnentechniker, der gestern ebenfalls aussagte: Der Mann, der seit Jahren im Auftrag der Stadt Livekonzerte technisch betreut, sagte, er habe seinerzeit sehr wohl gewusst, dass die Anlage im Proberaum von Schöners Rockband Madhouse stand. Doch habe er dies sogar führenden Spitzen der Stadtverwaltung trotz deren Nachfragen nicht verraten wollen. Zum Richter meinte er: „Ich wollte, dass die Angelegenheit erstmal so gelöst wird – auch in Absprache mit dem Kämmerer.“ Von Schöners Kauf der digitalen Anlage habe er damals nichts gewusst. Und dass die Leiterin der Musikschule für diese Technik keinen Bedarf angemeldet habe, wundere ihn nicht: „Die sagen dort immer, die Musikschule braucht das und das nicht. Die können sowas ja eh nicht bedienen.“ Dem Richter bestätigte der Techniker, dass die Digital-Anlage für die musikalische Früherziehung unnötig sei. Wie berichtet, war der Kauf damals mit Zwecken der Früherziehung in Kindergärten begründet worden. Nachdem er neulich trotz Vorladung nicht vor Gericht erschienen war, hatte gestern auch der damalige Leiter des Bautrupps seinen Auftritt. Als Zeuge erklärte er, sein Trupp habe im Sommer 2012 im Wald hinter Schöners Privathaus während der Arbeitszeit „zehn bis 20 Bäume gefällt und einen Zaun gesetzt“. Einen Waldweg zu Schöners Anwesen habe man nicht ausgebaut – wohl aber auf halber Strecke einige Bäume gefällt, um eine Wendemöglichkeit für Fahrzeuge herzustellen. Und den Abriss eines Wintergartens an Schöners zweitem Privathaus habe der Trupp aus „Gefälligkeit“ an einem Freitagabend nach Dienstschluss erledigt. Ein früherer Rathaus-Abteilungsleiter, der nach Vorwürfen um Arbeiten des Bau-Trupps an seinem eigenen Privathaus die Stadtverwaltung verlassen musste, berief sich gestern als Zeuge auf Erinnerungslücken und krankheitsbedingte Unpässlichkeit. Allerdings erklärte er nun, dass einige seiner schriftlich festgehaltenen früheren Aussageprotokolle falsch seien: Bei seiner eigenen Vernehmung im Rathaus habe man ihm dort „Angaben in den Mund gelegt“, die er so nie getroffen habe. Unter anderem behauptete er, dass unter seine Aussageprotokolle später weiteres „Gekritzel“ eingetragen worden sei – bis hin zu einer möglichen Fälschung seiner Unterschrift unter seinem Aussageprotokoll. Der Ex-Abteilungsleiter widersprach sich gestern mehrfach; der Staatsanwalt unterbrach ihn und meinte, er lege „hier einen absurden und grotesken Auftritt hin“. Zudem berichtete der Ex-Abteilungsleiter, dass die Holzwappen, die ein Schöner-Nachbar gegen 3600 Euro Entlohnung angefertigt hatte, eigentlich für einen historischen Raum im Homburger Stadtarchiv gedacht gewesen seien. „Ich habe mich furchtbar geärgert, als die Wappen dem damaligen Landrat Lindemann so gut gefielen, dass er sie unbedingt im Sitzungssaal haben wollte.“

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