Lokalsport Südpfalz Einrolltausender und kenianischer Berglauf

Studenten-Weltmeisterin Hanna Klein gibt Einblicke in ihr Training, Dopingkontrollen und die WM.
Studenten-Weltmeisterin Hanna Klein gibt Einblicke in ihr Training, Dopingkontrollen und die WM.

«EDENKOBEN.» Es ist alles perfekt vorbereitet. Eine kleine Empore, darauf ein Stuhl, ein Tisch, ein Glas plus Wasserflasche und ein Ständer für ein Mikrofon. Jeder soll den Gast gut hören können. Aber Hanna Klein – ganz Sportlerin – steht lieber, erzählt frei. Mit großer Freude und sehr informativ. Anfang September kam die Anfrage ihrer ehemaligen Schule, ob sie denn nicht Lust hätte, vor den Sportlern ein bisschen über Leben, Trainings- und Wettkampfalltag eines Profis zu berichten. Am Gymnasium Edenkoben hält man sich die Ehemaligen warm, Tenor Fabian Kelly hielt hier auch schon ein Konzert, die Bude war voll. Klein, 24 Jahre, in Edenkoben aufgewachsen und im Kindesalter zum LCO gekommen, hat vor fünf Jahren hier ihr Abi gemacht. Englisch, Physik und Sport waren ihre Leistungskurse. Die Sportbücher hat sie noch immer. Sie fängt mit einem ihrer Leitsätze an: „Zu lohnenden Zielen gibt es keine Abkürzungen.“ Den Leitsatz hat sie von Uwe Schneider, der sie seit ihrem Wechsel 2012 zur SG Schorndorf trainiert. Ein Bild vom Mai dieses Jahres zeigt sie bei ihrem Lauf in Karlsruhe, bei dem sie WM-Norm lief. „In der vierten Runde muss das gewesen sein“, sagt die Mittelstrecklerin. Die WM-Teilnahme ist ganz sicher ein lohnendes Ziel. Von 800 bis 5000 Meter macht sie alles, erzählt sie. Das war nicht immer so. „Länger als 800 laufe ich nicht“, habe sie damals zu Schneider gesagt. Sie musste ihm versprechen, wenigstens einmal die 1500 Meter zu laufen. Klein springt auf die nächste Seite ihrer Präsentation, zeigt ihre Leistungsentwicklung über die Jahre. Der Wechsel auf die längeren Strecken hat sich gelohnt: Über die 1500 Meter verbesserte sie sich von 4:30 min (2010) auf 4:16,62 min (2013), die aktuelle Bestzeit liegt bei 4:04,15 min. Klein erzählt von ihrem Trainingsjahr. Von Mitte September bis Ende April läuft die Aufbauphase. 80 bis 100 Kilometer läuft sie dann in der Woche. In den Ferien oder an verlängerten Wochenenden kommen Trainingslager dazu. Die Wettkampfphase beginnt im Mai, läuft dann bis Anfang September. Da fährt sie das Wochenpensum auf 60 bis 80 Kilometer runter. Zwölf bis 16 Wettkämpfe, darunter zehn „richtige“, bestreitet sie in einer Saison. Von ihrem „Einrolltausender“ erzählt sie. Dass sie „ewig brauche, um sich einzulaufen“, und deshalb vor das eigentliche Programm noch ein, zwei 1000-m-Läufe hänge – ganz zum Ärger ihrer Trainingsgruppe. Bergläufe absolviert sie „kenianisch“, also denselben Anstieg mehrfach hoch und runter. Ohne große Pausen. Ihr Trainer Schneider habe sich das bei einem Besuch in Afrika abgeschaut. Die Edenkobenerin erzählt ausführlich und gerne über ihren Sport, nimmt die Schüler mit ins Boot und fragt nach Trainingsprinzipien oder dem Erstellen des optimalen Trainingsplans. Es wird wohl an den beginnenden Ferien liegen oder an der Angst, vor dem Profi etwas Falsches zu sagen. Die Zuhörer sind verhalten, erst bei der Fragerunde am Ende tauen sie auf. Was sagt die WM-Elfte zu Caster Semenya, der Läuferin, die im August erneut Diskussionen um hyperandrogene Athletinnen, Frauen, deren Körper mehr Testosteron als üblich produziert, mit ins Rollen brachte? Klein interessiert sich sehr für das Thema Frauen im Sport, hat dazu selbst recherchiert: „99 Prozent der Frauen weisen einen Testosteron-Wert von unter drei Nanomol pro Liter auf. Der Grenzwert liegt bei zehn.“ Sie hat Semenya bei der WM getroffen und sieht das kritisch: „Sie hat eine tiefe Stimme und große Hände. Mir wird da kein Medaillenplatz genommen, aber wenn’s um Geld geht, spielt das eine große Rolle.“ Dennis Mäuslein, erfolgreicher Sprinter beim LCO, interessiert sich für Förderer und Sponsoren. „Ich weiß, dass ich mein Geld nicht mit der Leichtathletik verdienen kann“, sagt Klein. Ihren Bachelor in Psychologie hat sie gemacht, im Oktober beginnt sie ihr Masterstudium in Köln. Schuhe bekommt sie gestellt, sie hat seit ein paar Jahren einen Ausrüstervertrag mit Adidas. Der Verschleiß ist hoch, sie braucht etwa zehn Paar im Jahr. Nicht angenehm sind die Dopingproben: Sieben- bis achtmal jährlich wird kontrolliert, Klein muss Zeiten angeben, in denen sie sich sicher an einem Ort befindet. Ist dies nicht der Fall und die Kontrolleure treffen sie nicht an, gilt der Test als versäumt.

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