Landau Futter für Bakterien

Die Kläranlage läuft unter der Regie des Entsorgungs- und Wirtschaftsbetriebs Landau.
Die Kläranlage läuft unter der Regie des Entsorgungs- und Wirtschaftsbetriebs Landau.

Bis 2050 gibt es mehr Plastik in den Meeren als Fische. Sagt eine neue Studie, die kürzlich für Aufsehen gesorgt hat. Ein Teil davon kommt auch aus Landau, warnt Abwassertechniker Dennis Schober. Beispielsweise die Kunststoffstäbe von Wattestäbchen, die in der Toilette landen – was generell Unsinn ist. Zurzeit fischt Schober zahlreiche Gummihandschuhe aus dem Wasser. Mit Wasser gefüllt sehen sie aus wie bleiche Hände. Der Entsorgungs- und Wirtschaftsbetrieb Landau hat in den vergangenen Jahren rund 5,7 Millionen Euro in die Erneuerung der Technik im Mörlheimer Zentralklärwerk investiert, sagt Vorstand Falk Pfersdorf. Dabei ist auch die Siebanlage erneuert worden. Kleines schlüpft trotzdem noch durch. Schober ist nicht nur Meister in Abwassertechnik, er hat auch in Landau Umweltwissenschaften studiert und macht im Auftrag der Uni Versuche im Klärwerk. Dabei hat er nicht nur das von der Arbeitsgruppe um Juniorprofessorin Katrin Schuhen entwickelte Kieselgel getestet, mit dem Medikamente aus dem Abwasser gefiltert werden sollen (wir berichteten zuletzt am 28. Juli 2016), sondern auch Versuche gemacht, um Mikroplastik aus dem Abwasser zu holen. Die ersten Ergebnisse seien recht erfolgversprechend, sagt Schober. Jahr für Jahr rauschen rund 5,6 Millionen Liter Wasser durch die Kläranlage und werden nach einem aufwendigen Verfahren in die Queich eingeleitet. Derzeit herrscht Ebbe: Die beiden riesigen Regenrückhaltebecken gleich hinter der Einfahrt zur Kläranlage sind leer. Was sich aber bei Starkregen ganz schnell ändern kann. Im Zulaufkanal plätschert nur ein kleiner Bach von 100 Litern pro Sekunde. Große archimedische Schnecken heben das Abwasser rund sechs Meter hoch, damit es für den Rest seiner Reise durch die Kläranlage genug Gefälle hat. Neue Rechen fischen alle Feststoffe aus der trüben Flut, die größer als sechs Millimeter sind. Funktioniert auch mit den Wattestäbchen, aber nur, wenn sie quer angeschwemmt werden. Dahinter liegt ein langes, schmales Becken mit zwei Kammern, in denen sich Sand am Boden absetzt und Öl und Fett oben abgefischt werden. In zwei großen Vorklärbecken (im Bild die beiden vorderen) setzt sich Klärschlamm am Boden ab. Er wird von Räumern, die über den Beckenboden schaben, abtransportiert und in die beiden Faultürme der Kläranlage gepumpt. Die Becken sind ebenfalls erst vor Kurzem umgebaut und dabei dreigeteilt worden. Der innere Ring ist unbelüftet, dort wird Nitrat ausgefällt. Im mittleren und äußeren Ring wird fein verperlter Sauerstoff eingeblasen, um Abwasserbakterien dazu zu animieren, Ammonium abzubauen. 82 Prozent des eingebrachten Stickstoffs werden seit der Modernisierung der Kläranlage aus dem Abwasser entfernt. In den beiden hinteren Becken, den Nachklärbecken ist das Abwasser chemisch bereits weitgehend gereinigt. Hier tummeln sich im Winter immer viele Wasservögel. Schwäne, Graugänse und auch einen Eisvogel hat Schober schon beobachtet. Allerdings: Medikamente oder feinste Plastikteile sind auch dort noch zu finden. Gegen Medikamente werde der Gesetzgeber wohl in absehbarer Zeit die vierte Reinigungsstufe (nach mechanisch, biologisch und chemisch) fordern, erwartet Schober. Das könne dann ein Aktivkohlefilter oder das Landauer Kieselgel sein. „Bei Zahnpasta haben die Hersteller schon auf mineralisches Material umgestellt.“ In den Faultürmen zersetzen Bakterien innerhalb eines knappen Monats bei kuscheligen 37 Grad und ganz ohne Sauerstoff den Klärschlamm. Die Bakterien erzeugen stündlich 80 Kubikmeter Methangas, das in einem 14 Meter hohen Behälter mit 18 Metern Durchmesser zwischengespeichert wird. Der ist so groß, dass er 1,5 Millionen Liter Wasser aufnehmen könnte; so viel Wasser haben die Becken im La Ola. Das Gas treibt zwei Lkw-Motoren an, die Strom und Wärme erzeugen – genug, um 90 Prozent des Energiebedarfs der Kläranlage zu decken. Am Ende bleibt ein schwarzer Schlamm, der kaum noch riecht. Früher wurde er als Dünger in der Landwirtschaft verwendet, heute geht er in die Verbrennung.

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