Landau / Bad Bergzabern Monatliche Qual: Betroffene und Ärzte sprechen über Endometriose

Starke Schmerzen während der Monatsblutung sind oft ein Symptom für Endometriose.
Starke Schmerzen während der Monatsblutung sind oft ein Symptom für Endometriose.

Hinter starken Schmerzen während der Periode kann eine Endometriose stecken. Die Erkrankung wird meist erst spät erkannt, was unter anderem zu Unfruchtbarkeit führen kann. Eine 29-jährige Bloggerin aus Landau geht mit dem Thema an die Öffentlichkeit.

Seit ihrem 16. Lebensjahr hatte die Landauer Fotografin Rieke Viertel starke Schmerzen während der Periode. Immer wieder habe ihr Gynäkologe sie weggeschickt, mit der Begründung, sie habe nichts. Die Arzthelferinnen hätten „die Augen verleiert“, als die junge Frau mehrmals wegen der Beschwerden in der Praxis erschien. Als die Schmerzen täglich kamen und der Arzt beim Ultraschall freie Flüssigkeit im Bauchraum entdeckte, überwies er Viertel ins Krankenhaus. Seitdem hat sie kein Vertrauen mehr in Mediziner. „Ich hoffe für alle Frauen, dass sie auf ihr Bauchgefühl hören. Starke Periodenschmerzen sind oft nicht normal!“

Am Ende dauerte es vier Jahre, bis bei Rieke Viertel die chronische Erkrankung Endometriose diagnostiziert wurde. „Da war die Endometriose schon so stark ausgeprägt, dass Eileiter, Darm und Gebärmutter zusammengewachsen waren“, schildert die junge Frau. Mithilfe eines Medikaments wurden bei ihr künstliche Wechseljahre erzeugt. Hierdurch trockneten die Endometrioseherde aus und konnten in einer Operation entfernt werden.

Diagnose erst nach Jahren

Viertel wurde mitgeteilt, dass es für sie schwer wird, Kinder zu bekommen. Da eine künstliche Befruchtung nicht anschlug, adoptierten Viertel und ihr Partner ein Kind. „Eineinhalb Jahre später wurde ich auf natürlichem Weg schwanger.“ Viertel teilt ihre Geschichte in dem sozialen Netzwerk Instagram. Die ARD drehte einen Kurzfilm mit ihr zum Thema, der in ihrer Mediathek abrufbar ist.

Nach Angaben von Christian Dimpfl, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe in Bad Bergzabern, leiden acht bis zehn Prozent seiner Patientinnen unter einer Endometriose. Zum Beschwerdebild gehören „Schmerzen im Unterleib sowie ungewöhnlich starke Schmerzen während der Periode“, erklärt der Gynäkologe. Oft sind die Betroffenen unfruchtbar. Auch Schmerzen beim Geschlechtsverkehr sind nicht ungewöhnlich. Das Problem sei, dass die Endometriose oft lange Zeit unerkannt bleibt. Der Weg vom Beginn der Schmerzen bis zur Diagnose dauert nicht selten bis zu sieben Jahren, sagt Dimpfl. „Die Frauen leiden darunter. Das geht an die Psyche.“

Rieke Viertel teilte ihre Geschichte in den sozialen Netzwerken.
Rieke Viertel teilte ihre Geschichte in den sozialen Netzwerken.

Die Beschwerden können bereits bei Jugendlichen auftreten. Die Endometriose kann innerhalb der Gebärmutter, aber auch außerhalb auftreten. Zellen, die denen der Gebärmutterschleimhaut ähneln, können im Bauch- und Beckenraum wachsen und ausbluten. Dabei sind Auswachsungen bis in Blase und Darm möglich. Diese können zu Beschwerden beim Wasserlassen und der Stuhlentleerung führen. „Die Endometriose sieht aus wie kleine, verteilte Pünktchen. Es ist schwierig, sie restlos durch eine Operation zu entfernen.“

Nach der Geburt keine Beschwerden mehr

Daniela Schmidt aus dem Raum Landau erzählt von einer ähnlichen Leidensgeschichte. Mit 29 Jahren setzte sie die Antibabypille ab, um schwanger zu werden, und bekam plötzlich starke Monatsblutungen. „Ich hatte höllische Schmerzen zu Beginn der Periode.“ Ihr wurde so schlecht, dass sie Ekel vorm Essen bekam. Auch beim Stuhlgang hatte Schmidt massive Schmerzen. Ihr Gynäkologe tippte zunächst auf eine Darmkolik.

Monatelang nahm die Landauerin Schmerzmittel während der Periode ein. Als sich die Situation nicht besserte, unterzog sie sich einer minimal-invasiven Operation. Dabei wurden in ihrem Unterleib jede Menge Endometriose-Herde entdeckt, die entfernt wurden. „Die Endometriose hatte sich in einen Tumor am Eierstock verbacken.“ Auch ein Teil ihres Darms musste entfernt werden. Anschließend nahm Schmidt zwei Jahre lang Tabletten zur Unterdrückung der Endometriose ein, die sie in künstliche Wechseljahre versetzten. Die Beziehung zu ihrem damaligen Partner ging in die Brüche. Mit ihrem jetzigen Mann bekam Schmidt mithilfe eines Kinderwunschzentrums ein Kind. Zum Glück hat sie seit der Geburt „keinerlei Beschwerden mehr“.

In der Woche mehrfache Eingriffe

Das Vinzentius-Krankenhaus in Landau plant die Zertifizierung der Gynäkologischen Abteilung als Endometriosezentrum. Dies berichtet Daniel Grube, Leitender Oberarzt der Frauenklinik. „Man schätzt, dass acht bis 15 Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter an einer Endometriose erkranken“, sagt er. Die Erkrankung werde allerdings oftmals spät erkannt, da zur sicheren Diagnosestellung die Gewinnung einer Gewebeprobe erforderlich sei. Diese erfolgt zumeist minimal-invasiv durch eine Bauchspiegelung, genannt Laparoskopie.

Ziel einer Operation sei die möglichst vollständige Entfernung der Endometriose-Herde. Ist es nicht möglich, alle Läsionen zu entfernen, sei die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Endometriose erneut Beschwerden bereitet. Eine Operation sei insbesondere zu empfehlen „bei unzureichender Wirkung einer medikamentösen Therapie oder bei unerfülltem Kinderwunsch bei bekannter Endometriose“, sagt Grube. Auch zur Diagnosesicherung oder zum Ausschluss einer Endometriose bei Unterbauchschmerzen, insbesondere wenn die Schmerzen im Zusammenhang mit dem Zyklus stehen, ist eine Bauchspiegelung zu erwägen. Bei einer schmerzhaften Periodenblutung (Dysmenorrhoe) kann eine Endometriose in der Muskulatur der Gebärmutter vorliegen. „Wir führen Eingriffe zur Entfernung von Endometriose sehr häufig, mehrmals die Woche, durch.“

Auch genetische Ursachen

Die Frauenklinik im Städtischen Klinikum Karlsruhe wurde bereits 2012 als eines der ersten Endometriose-Zentren in Baden-Württemberg zertifiziert. „Aufgrund der hohen Nachfrage werden in unserem Zentrum mittlerweile jährlich 400 bis 500 Endometriosepatientinnen behandelt, davon etwa 250 Patientinnen operativ“, sagt Alexander Boosz, Leitender Oberarzt des Endometriose-Zentrums.

Zur Entstehung von Endometriose gibt es viele Theorien. „Bei allen Frauen gelangen kleine Mengen an Menstrualblut während der Periodenblutung rückwärts durch die Eileiter in den Bauchraum.“ Aufgrund genetischer sowie erworbener Disposition gelingt es dem Immunsystem bei Frauen mit Endometriose nicht, die im Blut enthaltenen Endometriosezellen abzubauen, erklärt Boosz weiter. Diese Zellen würden im Bauchraum festwachsen und sich ausbreiten.

Es handelt sich hierbei um einen älteren Artikel. Der Text ist am 10. Juli 2022 zum ersten Mal erschienen. Das Leserinteresse zum Thema ist aber nach wie vor so groß, dass wir ihn unseren Lesern jetzt erneut anbieten möchten. Alle Informationen und Aussagen entsprechen dem damaligen Stand und wurden seitdem nicht aktualisiert.

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