Ludwigshafen Blutige Hände

Vor zahlreichen Besuchern ist im Ludwigshafener Stadtmuseum die Ausstellung „Die IG Farben und das Konzentrationslager Buna/Monowitz “ eröffnet worden. Eine Einführung in die vom Frankfurter Fritz Bauer Institut konzipierte Wanderausstellung über die Verwicklungen der Chemieindustrie in die Mordfabrik Auschwitz hat Kurator Werner Renz gegeben.

Von „dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte“ und von „bis heute unbegreiflichen Geschehnissen“ im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz sprach Kulturdezernentin Cornelia Reifenberg. Die Ausstellung wollte sie in ihrer Eröffnungsrede aber als einen Versuch verstanden wissen, „das Begreifen besser zu ermöglichen“. Einen gewichtigen Beitrag zum Verständnis leistete mit seiner Einführung Werner Renz, Archivleiter des Fritz Bauer Instituts. Seinen Vortrag leitete er mit einem Satz des Philosophen Karl Jaspers ein, der die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft an der Seite seiner jüdischen Frau in ständiger Furcht vor Verhaftung und Deportation in Heidelberg verbracht hat: „In einem Verbrecherstaat ist es schwer, sich saubere Hände zu bewahren.“ Die IG Farben, der seinerzeit größte Chemiekonzern der Welt mit der BASF in Ludwigshafen als einem bedeutenden Teilunternehmen, habe sich, so Renz, die Hände nicht nur schmutzig, sondern sogar blutig gemacht. Renz verfolgte die Geschichte des Lagers Monowitz von den ersten Plänen im Jahr 1940. eine Fabrik zur Herstellung von Buna oder synthetischem Gummi außerhalb der Reichweite von Bombenangriffen anzulegen, bis zur Auflösung des Lagers am 27. Januar 1945 durch Truppen der Roten Armee. Eines von drei weiteren Buna-Werken auf deutschem Territorium befand sich auf dem Gelände der BASF in Ludwigshafen. Renz ließ in seinem Vortrag, wie die Ausstellung, die Täter- wie die Opferperspektive gleichermaßen zu Wort kommen. Er zitierte aus Verträgen zwischen der IG Farben und der SS und stellte Aussagen der Manager in den Kriegsverbrecherprozessen den Erinnerungen Überlebender gegenüber. Otto Ambros, Vorstandsvorsitzender der IG Farben Ludwigshafen, der 1990 betagt und hochgeehrt in Mannheim starb, sagte aus, das Unternehmen sei „auch in Auschwitz ein sozialer Arbeitgeber“ gewesen. Dagegen erinnerten sich Überlebende, dass Angestellte der IG-Farben, so der Bauleiter Walther Dürrfeld, sogar an Selektionen Arbeitsunfähiger für die Gaskammern beteiligt gewesen seien. Die IG Farben, so Renz, sei überdies nicht bereit gewesen, der SS einen länger als zwei Wochen dauernden Krankenbauaufenthalt zu bezahlen. Die Überlebensdauer tausender Zwangsarbeiter in Monowitz betrug drei, höchstens vier Monate. Die Ausstellung wurde erstmals 1998 im ehemaligen IG Farbenhochhaus in Frankfurt gezeigt. Sie wurde aus Anlass eines Treffens Überlebender des Lagers Monowitz erstellt. Das Fritz Bauer Institut ist nach dem hessischen Generalstaatsanwalt benannt, der maßgeblich die Auschwitz-Prozesse der 60er Jahre betrieben hat. Die Kulturdezernentin wies ausdrücklich auf den Film „Der Staat gegen Fritz Bauer“ hin, der auf dem Filmfestival Locarno kürzlich den Publikumspreis gewonnen hat und der am 1. Oktober in die Kinos kommt. Termine Bis 18. Oktober donnerstags bis sonntags 11 bis 17 Uhr im Stadtmuseum. Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen unter der Rufnummer 0621/504-2574.

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