Ludwigshafen Der letzte Dinosaurier geht

Ludwigshafen

. Wie schon bei der offiziellen Verabschiedung vor eigenem Publikum nach dem Derbysieg gegen den TV Hochdorf, als „Dalle“, wie er in der regionalen Handballwelt bekannt ist, jeden einzelnen seiner Spieler und Trainerkollegen herzte, werden wohl auch in Pforzheim die Tränen fließen. „Ich bin eben ein emotionaler Mensch“, erklärte er. Gibt es deshalb aus Sentimentalität vielleicht sogar ein Rücktritt vom Rücktritt? „Ausgeschlossen!“ „Ich fühle mich ein bisschen wie der letzte Dinosaurier. Und die sind ja auch irgendwann ausgestorben“, erklärte der Maudacher mit dem ihm eigenen Humor. Die Überlegung für den Abschied war keineswegs kurzfristig, sondern lange gereift. „Eigentlich sollte schon nach der letzten Runde Schluss sein. Ich hatte das Gefühl, dass die Mannschaft neue Impulse braucht und war nicht mehr bereit, vier bis fünf Tage in der Halle zu stehen.“ Es war, wie so oft, sein Pflichtverständnis, dass ihn dazu bewog, das Ultimatum noch einmal zu verlängern. „Wir haben nach unserer überraschenden Meisterschaft beschlossen, dass wir die Runde in der Dritten Liga gemeinsam durchstehen und da kann ich mich als Trainer nicht einfach ausnehmen.“ Für die „Jungs“ und für den Verein schob er den Rücktritt noch einmal hinaus. „Aber jetzt bin ich einfach ausgelaugt.“ Dieses Pflichtgefühl hatte ihn all die Jahre, seit er, „mit fünf oder sieben Jahren“, das erste Mal für die VTV den Ball in die Hand nahm, geprägt. Dabei war es der gegenseitige Halt. „Als meine Mutter damals gestorben ist, hat der Verein meinem Bruder und mir sehr viel Rückhalt gegeben. Auf uns haben unheimlich viele Menschen aufgepasst“, erzählt er. Die VTV waren für ihn über all die Zeit viel mehr als ein Sportverein. „Er hat mir viel gegeben. Aber ich denke, ich habe auch genauso viel zurückgegeben“, sagt Horlacher. Dankbar ist er, „dass ich hier immer die Möglichkeit hatte, auf dem sportlichen Niveau zu spielen, dass meinen Fähigkeiten entsprochen hat.“ Bis Anfang des Jahres war das noch in der A-Klasse bei den Herren 3 der Mundenheimer der Fall, mit denen er ebenso Meisterschaften feierte wie als Aktiver bei den Ersten Herren. Insgesamt kommt Horlacher auf vier Titel als Spieler, darunter drei in der Handball-Oberliga. Als Trainer wurde er Meister mit den Damen 2 des TV Ruchheim sowie im vergangenen Jahr als Krönung mit den Herren seiner VTV. Über all die Zeit war Handball die Nummer eins. „Ich war ja auch schon verheiratet. Die Ehe ging unter anderem wegen des Sports in die Brüche“, bilanziert er. Nüchtern klingt er dabei. Ohne Groll. Genauso, wie in der Einschätzung seiner Trainerfähigkeiten. „Ich bin wohl ein ,Kumpel-Typ’, aber es ist halt nicht mehr meine ,Kumpel-Generation.’“ Eine Rückkehr auf die Trainerbank schließt er deshalb aus. „Allerhöchstens nach einer sehr langen Auszeit.“ Dabei hätte es sogar ganz anders laufen können. Der Ungarische Handballverband hatte bei dem Halb-Ungarn Horlacher angefragt, ob er sich einen Wechsel in den Jugendbereich des Nachbarlandes hätte vorstellen können. „Ein Wechsel in den professionellen Bereich hätte mich noch einmal gereizt“, verrät er. „Vor allem, weil das eine Arbeit ohne Kompromisse gewesen wäre.“ Die Gespräche waren schon weit. Letztlich entschied sich Horlacher aber für die Heimat, der er in Maudach, wo er mit seinem kleinen Bruder Björn eine „Männer-WG“ bildet, treu bleibt. „Ich habe jetzt erst einmal keine Lust mehr auf Handball, sondern nehme mir Zeit für die Dinge, die in all den Jahren bei mir zu kurz gekommen sind“, betont er. Dauerkartenbesitzer beim SV Maudach ist er. „Wenn es gut läuft, kann ich mir kommende Saison dort sogar A-Klassen-Fußball ansehen.“ Seinen Freund Horst Membel wolle er beim BSC Oppau besuchen. „Ich habe mir eine Weinrebe gepachtet, die ich jetzt täglich besuchen kann, und ich habe ein paar „Leih-Hunde“, mit denen ich Gassi gehen kann.“ Patrick Horlacher ist gerüstet für sein Leben als Handball-Rentner. In den Sporthallen der Region wird man seinen Witz, aber vor allem seinen Sachverstand vermissen – ganz sicher nicht nur bei seinen VTV Mundenheim. „Nach dem Pforzheim-Spiel ist es vorbei.“

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