Ludwigshafen Die Familie als Ganzes betrachten

Die Erziehungsberatung der Stadt Ludwigshafen feiert ihr 60-jähriges Bestehen. Dort erhalten Kinder, Jugendliche und Eltern Unterstützung und Begleitung. Den runden Geburtstag haben gestern zahlreiche Gäste gefeiert. Eingeladen in das Domizil im Westend (Stadtmitte) waren beim Tag der Offenen Tür außerdem auch alle Bürger.

Wie Jugend- und Familiendezernentin Cornelia Reifenberg (CDU) betonte, ist die Ludwigshafener Erziehungsberatungsstelle die größte ihrer Art im ganzen Land, in der nicht nur Familien aus Ludwigshafen, sondern auch dem Rhein-Pfalz-Kreis Hilfe finden. Der Bedarf für Hilfe zur Erziehung sei landesweit seit 2002 um 73 Prozent gestiegen, sagte Julia Koch vom Familienministerium Rheinland-Pfalz. „1500 begleitete Familien im Jahr 2015 in Ludwigshafen zeigen die Nachfrage und Bedeutung“, verwies Koch besonders auf die Alleinerziehenden, die ein zwanzigfach höheres Risiko aufwiesen, Hilfe zur Erziehung zu benötigen. „Das Angebot steht allen Familien offen, keiner wird zu etwas gezwungen“, zitierte Ellesser Worte der Leiterin der Beratungsstelle bei der Gründung im Jahr 1956. „Heute nennen wir das ,niederschwellig’“, fügte sie hinzu. Eröffnet wurde die Erziehungsberatung damals in drei Räumen des Staatlichen Gesundheitsamts mit zwei Halbtagskräften. Nach einem Zwischenaufenthalt in der Lutherstraße befindet sie sich seit 1974 in der Bürgermeister-Kutterer-Straße 37 im Westend. Eltern, die sich Sorgen um die Entwicklung ihres Kindes machen, können dort kostenlos Unterstützung durch ein 17-köpfiges Team finden. Seit den Anfängen geht es den Hilfesuchenden vorwiegend um Schwierigkeiten in der Schule, um Entwicklungsstörungen und psychische Probleme, insbesondere in Übergangsphasen, zum Beispiel vom Kindergarten zur Schule. Das Verständnis für und der Umgang mit den Hilfesuchenden habe sich stark verändert, machte Ellesser deutlich. Dies lasse sich auf die Formel bringen: „Vom Störenfried zum Familienmitglied“. In früheren Jahren sei die Rede gewesen von „Schwer-Erziehbaren“. Geachtet wurde auf Defizite und Auffälligkeiten. Seit einem Paradigmenwechsel zum Ende der 1980er-Jahre gebe es eine andere Herangehensweise. „Heute nehmen wir nicht mehr das einzelne Kind als Sündenbock, sondern betrachten die Familie als Ganzes“, erläuterte Ulrike Beck, Teamleiterin der Beratungsstelle Ludwigshafen-Nord. „Nach unseren Zahlen lebten im Jahr 2015 nur noch 45 Prozent der Elternpaare zusammen“, Patchwork-Familien seien die Regel, berichtete Ellesser. Immer größer werde auch die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund, die die Erziehungsberatung aufsuchen. Derzeit liege der Anteil bei 36 Prozent. |büg

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