Ludwigshafen Die Kirchenkolumne aus der Stadt: Über das Genießen im Mai

Annette Schulze
Annette Schulze

Mein erster Gedanke an den Monat Mai hat mit Blumen und Farben zu tun. Ich denke an Maiglöckchen, Flieder, an blühendes Leben in seiner ganzen Pracht. Obwohl die Natur längst aus dem Winterschlaf aufgewacht ist, gibt es im Mai noch einmal einen besonderen Aufbruch zum Leben. Zumindest draußen …

Drinnen kann es ganz anders aussehen. Für uns macht es kaum einen Unterschied, in welchem Monat wir uns gerade befinden. Es ist immer der gleiche Trott von Aufstehen, Arbeit, Freizeit, Schlafen. Woche für Woche, Monat für Monat immer dasselbe. Kaum mal eine Abwechslung.

Raus aus dem Trott

Dabei könnte es so einfach sein, den Trott mal zu unterbrechen. Nach dem Aufstehen am offenen Fenster den Morgen zu begrüßen. Einen anderen Weg zur Arbeit zu nehmen, vielleicht durch einen Park oder an blühenden Gärten entlang. In der Mittagspause jemanden freundlich zu grüßen und zu sehen, wie er oder sie darauf reagiert. Auf dem Heimweg aus der Straßenbahn einem fremden Menschen zuzuwinken. Abends noch einen Spaziergang zu machen und das laue Lüftchen zu genießen, das um uns herum streicht. Oder etwas ganz anderes zu tun, was der Tag uns gerade so anbietet. Der Mai lädt uns ein, dem Leben zuzuhören, wie es singt oder zwitschert. Farben wahrzunehmen am Himmel, in Blüten und Früchten. Den Geschmack des Lebens auszukosten in einem Schälchen frischer Erdbeeren oder uns an seinem Duft zu freuen – im Flieder draußen, dem frisch gebackenen Brot drinnen.

Das Leben ist da, und es ist schön, dass wir leben, auch wenn es nicht immer ganz einfach ist, auch nicht im Mai. Aber wir können es spüren, dieses Leben, mit all unseren Sinnen – und uns, weil wir lebendig sind. Wir müssen es nicht, aber wir können es genießen, dass wir leben. Ganz einfach nur so.

Die Autorin

Annette Schulze (Jahrgang 1968) ist Pastoralreferentin und Seelsorgerin in der BG Klinik in Oggersheim.
x