Ludwigshafen Eindrucksvolle Harmonien

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Altrip. Der Kammerchor Altrip hat unter der Leitung von Jan Wilke in der katholischen Kirche Altrip – und einen Tag später in Neuhofen – ein Konzert mit der Johannespassion von Heinrich Schütz und Chören aus der Chrysostomos-Liturgie von Peter Tschaikowsky gegeben. Sie haben sich damit wieder einmal erfolgreich einer sehr anspruchsvollen Aufgabe gestellt.

Heinrich Schütz

schrieb seine Johannespassion 1666, als er bereits den 80. Geburtstag hinter sich hatte und nach Jahrzehnten als Leiter der sächsischen Hofkapelle im Ruhestand lebte, aber weiterhin bedeutende Werke komponierte. Instrumentalbegleitung war in der Passionszeit in der Dresdner Schlosskirche nicht üblich, so verlässt sich dieses Werk allein auf das Wort des Evangeliums und die Ausdrucksfähigkeit der menschlichen Stimme. Sie wirkt so sehr verinnerlicht, sehr intim. Mit seiner konzentrierten und auf das Wort fokussierten Aufführungsweise unterstützte der Kammerchor diesen Eindruck auf die Zuhörer. Alle Verantwortung für das rhythmische Gerüst des Generalbasses neben den vielstimmigen Harmonien lag bei den Chorstimmen, und die etwa 20 Sänger klangen, als ob sie in Wirklichkeit mehr als doppelt so viele seien. Die kleine Gruppe der Solisten passte sich perfekt ein. Tenor Peter Gortner, der auch eine komplette kirchenmusikalische Ausbildung hat, sang die anspruchsvolle Partie des Evangelisten, Bariton Clayton Bowman, der zeitweise auch den Kammerchor Altrip geleitet hat, sang die Partie Jesu, Manuel Knoll den Pilatus. Die kleineren Solopartien des Petrus (Günther Widler), des Knechts ( Klaus Zeller) und der Magd (Mirjam Buch) konnten aus den Reihen der Chorsänger besetzt werden. Umrahmt wurde die frühbarocke Johannespassion von Teilen eines sehr viel jüngeren Werks, das dennoch gut und harmonisch zu dem älteren passte, nämlich Teilen der Chrysostomos-Liturgie von Peter Tschaikowsky, entstanden 1878. Je drei des insgesamt 14 Gesänge umfassenden Werks erklangen am Anfang und am Ende des Konzerts. Die Chrysostomos-Liturgie, benannt nach dem auch in der römischen Kirche als Kirchenlehrer verehrten Johannes von Antiochia (gestorben 407), wegen seiner Fähigkeiten als Prediger „Chrysostomos“ (Goldmund) genannt, ist die in der orthodoxen Kirche gebräuchlichste Art, die Messe zu feiern. Tschaikowsky stand der Kirche zwar durchaus skeptisch gegenüber, war aber fasziniert von den musikalischen Qualitäten der uralten Kirchenmusik, die er als original russisch empfand. In seinem Werk versuchte er eine behutsame Annäherung an die westliche Klangsprache der Romantik. In der auch in der Kirchenmusik zerstrittenen östlichen Kirche nahm man zwar diese Modernitäten nicht an, sie entsprechen aber durchaus dem liturgischen Kanon. Neben einem „cherubinischen“ Allelujah-Gesang waren vom Kammerchor ein Glaubensbekenntnis zu hören, ein weiterer Lobpreis, ein Mariengebet, das Vater unser und ein Kommunionlied. Tschaikowsky orientierte sich weitgehend an den uralten Gesänge mit ihren einfachen, aber eindrucksvollen Harmonien und schafft es, beim Zuhörer Vorstellungsbilder zu erwecken von weihrauchgeschwängerten russischen Kirchen, in deren dämmrigen Halbdunkel das Gold von Ikonen aufleuchtet. (adö)

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