Ludwigshafen Kohl-Würdigung: „Keine weiteren Schnellschüsse“

Freude in Mainz: CDU-Landeschefin Julia Klöckner weiht den Kohl-Platz ein.
Freude in Mainz: CDU-Landeschefin Julia Klöckner weiht den Kohl-Platz ein.

In Mainz ist am Dienstag ein Helmut-Kohl-Platz eingeweiht worden. Speyer zieht im Oktober nach. In Ludwigshafen gibt es nach einer gescheiterten Umbenennung wohl erst 2019 einen neuen Anlauf. Politik und Verwaltungsspitze in der Heimatstadt des Altkanzlers wollen kein zweites Debakel erleben.

Die Ehrung in Mainz war quasi ein Geburtstagsgeschenk an Helmut Kohl: Der „Kanzler der Einheit“ und frühere rheinland-pfälzische Ministerpräsident wäre am Dienstag 88 Jahre alt geworden. CDU-Landeschefin Julia Klöckner und Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) weihten den Helmut-Kohl-Platz ein. Er liegt gegenüber von Landtag und Staatskanzlei, wo Kohl viele Jahre politisch wirkte, bevor er in die Bundespolitik wechselte.

Anwohner protestieren

Während andere Städte in Deutschland Straßen oder Plätze nach Kohl benennen, tut sich seine Heimatstadt Ludwigshafen schwer damit. Ein Versuch, im vergangenen Jahr die Rheinallee in Helmut-Kohl-Allee umzubenennen, ist gescheitert. Anwohner hatten kritisiert, dass sie nicht gehört worden seien und sammelten über 1000 Unterschriften gegen einen entsprechenden Stadtratsbeschluss. Da die Debatte mitten im OB-Wahlkampf im vergangenen Jahr hochkochte, ruderte die CDU wieder zurück, weil ihr Kandidat Peter Uebel Stimmenverluste durch die Debatte befürchtete. Das Manöver hatte keinen Erfolg. Uebel verlor gegen seine SPD-Konkurrentin Jutta Steinruck. Der Stadtrat hob im Dezember den Beschluss zur Umbenennung auf. Stattdessen sollte es ein „geordnetes Verfahren“ mit Beteiligung der Bürger geben, um einen geeigneten Ort, einen Platz oder eine Straße zu finden. Seitdem herrscht Funkstille. „Wir wollen nach der Diskussion in aller Ruhe einen neuen Vorschlag erarbeiten – gemeinsam mit den Bürgern“, sagt CDU-Chef Torbjörn Kartes. Wie dieser neue Vorschlag aussehen könnte, dazu will Kartes nichts sagen. Nur so viel: „Wir brauchen eine tragfähige Lösung, die in der Stadt angenommen wird und Helmut Kohls Wirken angemessen ist.“ Auch zu einem Zeitplan will Kartes nichts sagen.

Kohl polarisiert auch nach seinem Tod

Das Thema ist brisant. Die CDU hat sich die Finger daran verbrannt, denn Kohl polarisiert auch nach seinem Tod die Gemüter. Hinzu kommt, dass einige Ludwigshafener ebenso wie die Kohl-Söhne kein Verständnis dafür haben, dass der Altkanzler in Speyer und nicht in seiner Heimatstadt beerdigt wurde. Ludwigshafen steht mit der Suche nach einer angemessenen Ehrung nicht alleine da. In der Pfalz ist bisher weder ein Platz noch eine Straße nach Kohl benannt worden. In Frankenthal kochten die Emotionen ebenfalls hoch. Eine von der CDU durchgesetzte Umbenennung des Rathausplatzes wurden nach massiven Protesten zurückgenommen. Während Frankenthal bisher keine Lösung gefunden hat, ist in Speyer eine gefunden worden: Am 3. Oktober, dem Tag der deutschen Einheit, soll die Rheinpromenade in „Helmut-Kohl-Ufer“ umbenannt werden. Das hat der Stadtrat beschlossen, nachdem die Bürger über das Internet mitabstimmen durften. Ob das auch in Ludwigshafen ein gangbarer Weg wäre? Ja, meint CDU-Fraktionschef Peter Uebel. So ein Verfahren wie in Speyer sei auch in Ludwigshafen vorstellbar. Aber das Thema stehe momentan nicht ganz oben auf der politischen Tagesordnung. Die Stimmung in Kohls Heimatstadt sei sehr emotional, was eine Würdigung des Altkanzlers betrifft. „Es ist daher auch ganz gut, wenn’s nach der Debatte im vergangenen Jahr noch einen längeren zeitlichen Abstand gibt“, meint Uebel.

Mit Kohl-Witwe in Kontakt

Klar sei aber, dass es eine Würdigung geben werde. Es gebe keinen Zeitdruck, man könne das Thema auch 2019 angehen, meint der CDU-Fraktionschef. Nach den Protesten der Rheinallee-Anwohner müssten Politik und Stadtspitze eine Konsenslösung anstreben. „Ohne eine Bürgerbeteiligung geht das nicht“, sagt Uebel. In Mainz und Speyer seien keine Anwohner von der Umbenennung betroffen. Das müsse auch in Ludwigshafen berücksichtigt werden. Außerdem sollte ein Vorschlag auch mit der Kohl-Witwe Maike Kohl-Richter abgestimmt werden. Mit der Witwe ist CDU-Chef Kartes in Kontakt. Zum Inhalt der Gespräche will er nichts sagen: „Das ist vertraulich.“ Auch er sieht keinen Zeitdruck. „Wir wollen keine weiteren Schnellschüsse. Der nächste Schuss sollte ein Treffer sein.“

Vorschläge in der Schublade

Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) hat schon ein paar Vorschläge in der Schublade. Doch nachdem alle Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat einstimmig signalisiert hätten, dass sie das Thema 2018 nicht mehr aufgreifen wollten, hat die OB die Umbenennung auf Wiedervorlage im Sommer 2019 gelegt – nach der Kommunalwahl. Auch die SPD-Politikerin ist für eine Würdigung Kohls durch seine Heimatstadt. „Er war ein Kind dieser Stadt und hat hier seinen Lebensmittelpunkt gehabt.“ Sie will bis zu einer Stadtratsentscheidung auch Vorschläge aus der Einwohnerschaft sammeln und dann die Bürger über das Internet und die Stadtillustrierte „Neue Lu“ miteinbeziehen. Von Vorteil wäre es, einen Ort zu finden, der durch eine Umbenennung nicht zu Adressenänderungen bei Anwohnern führt – das habe sich in Mainz und Speyer bewährt.

x