Ludwigshafen Konservativ zum Schluss

Kluge Texte, treffende Chansons: Werner Schneyder in Mannheim.
Kluge Texte, treffende Chansons: Werner Schneyder in Mannheim.

„Das war’s von mir“, sagt Werner Schneyder und geht mit dem gleichnamigen Programm zum definitiv letzten mal auf Tour. 80 Jahre ist der große Kabarettist Ende Januar geworden. In der Mannheimer Klapsmühl’ am Rathaus gab er noch einmal kluge Kommentare zu Politik und Gesellschaft und sang ein paar Chansons. Begleitet wurde er von dem Pianisten Christoph Pauli.

Sein langjähriger Bühnenpartner und Freund Dieter Hildebrandt hat einmal über Schneyder gesagt: „Er wollte Sänger werden, aber der Intellekt kam dazwischen.“ Dass Gesang auch mit Intellekt möglich ist, hat Schneyder an diesem Abend dann auch noch bewiesen. Im Programm hatte er Chansons, die er teils selbst geschrieben, teils von Jacques Brel übernommen und eingedeutscht hat. Schneyders ruhige und distinguierte Art zu erleben, ist ein Genuss. Mit seinem weichen österreichischen Akzent spricht er über Sachen, die ihm manchmal schon vor langer Zeit aufgefallen sind. Vieles davon ist zeitlos gültig - oder trifft sogar mehr denn je zu. Sein Text zum Profit als einzigem Gott der Kapitalisten hat er schon 1978 geschrieben. Arbeit als Wert an sich ist auch so ein zeitloses Thema. Schneyder zitiert den Ökonomen John Maynard Keynes, der in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts prophezeit hat, die Menschen müssten eines Tages nicht mehr als drei Stunden am Tag arbeiten. Mit dem Rest der Zeit könnten sie eine andere Gesellschaft und für sich selbst ein anderes Leben gestalten. Schneyder wirkt in unserer neoliberalen Zeit damit wie ein Phantast. Selbst die Sozialdemokraten, einst Hoffnungsträger eines gesellschaftlichen Wandels, sind nicht mehr in der Lage, außerhalb des kapitalistischen Profitstrebens zu denken. Wie eine Fliege, der man einen Flügel ausgerissen hat, kreiseln sie nur noch um sich selbst, stellt Schneyder fest. Gerhard Schröder sei es gewesen, der der SPD den linken Flügel ausgerissen habe. Solche starken Bilder sind typisch für diesen Kabarettisten. Werner Schneyder wurde 1937 in Graz geboren und ist in Klagenfurt aufgewachsen. Er promovierte in Publizistik. Schon als Student arbeitete er als Journalist und verdiente sich als Sänger in Clubs etwas nebenher. Er hat ein Theaterstück geschrieben, Regie bei Operetten geführt, als Sportreporter gearbeitet, ist lizenzierter Box-Ringrichter. Er hat sich selber als „Universaldilettant“ bezeichnet und in der Klapsmühl sang er „Nur ein Conférencier“, ein von ihm eingedeutschtes Jacques-Brel-Chanson. Werner Schneyder ist aber viel mehr. Den Durchbruch auf der Kabarettbühne brachte ihm die Zusammenarbeit mit Dieter Hildebrandt. Der war schon ein Star bei der Münchner Lach- und Schießgesellschaft, als Schneyder ihn 1973 kennenlernte. Bis Mitte der 1980er Jahre standen die zwei zusammen auf der Bühne. Aus der gemeinsamen Zeit stammt die Szene über den Krisenmanager, mit der Schneyder an seinen 2013 verstorbenen Partner erinnerte. Zu seinem 60. Geburtstag wollte Schneyder sich eigentlich von der Bühne zurückziehen. Nach einigen Jahren Pause kam er aber zurück mit dem Programm „Ich bin konservativ“, dessen titelgebenden Text er auch in Mannheim noch einmal vortrug. Natürlich ist da Ironie dabei: In einer Zeit, in der Konservative dem neoliberalen Turbokapitalismus huldigen, wird ein linker Antikapitalist zum eigentlichen Konservativen, der die Lebensqualität bewahren will. Das Mannheimer Publikum applaudierte am Ende stehend und verabschiedete dankbar diesen großen Kabarettisten.

x