Ludwigshafen Zwei Spielstätten, ein Konzert

Frank Zimpel (hier an der Geib-Orgel) und Alexander Pfeifer verdeutlichten dem Publikum unter anderem den klanglichen Unterschie
Frank Zimpel (hier an der Geib-Orgel) und Alexander Pfeifer verdeutlichten dem Publikum unter anderem den klanglichen Unterschied zwischen den Orgeln der katholischen und evangelischen Gemeinde.

«Ruchheim.» Das diesjährige Wandelkonzert in Ruchheim ist gleichzeitig ein Geburtstagskonzert zu Ehren der historischen Geib-Orgel der katholischen Gemeinde gewesen. Das Duo Presto aus Leipzig – Alexander Pfeifer an der Trompete und Frank Zimpel an der Orgel – machten die Veranstaltung zu einem besonderen musikalischen Erlebnis.

Zu Auftakt des Konzerts hatten Trompeter Alexander Pfeifer und Organist Frank Zimpel Ständchen von drei anderen Geburtstagskindern für die Geib-Orgel ausgesucht: Georg Friedrich Händel, Domenico Scarlatti und Johann Sebastian Bach wurden 1685 geboren und wären somit heute alle drei 333 Jahre alt – also noch mal 133 älter als die Orgel, auf denen ihre Lieder am Samstag gespielt wurden. Mit einem fulminanten Voluntary in C-Dur von Händel eröffnete die Trompete in Begleitung der Orgel den Konzertabend, und in derselben Tonart ging es mit einer Sonate von Scarlatti weiter. Darauf folgte die Toccata in d-Moll von Bach, die wie geschaffen für eine Barockorgel ist. Im Solo blieb die Orgel auch bei Johann Gottfried Walthers Partita über den Choral „Jesu, meine Freude“, die an Tempi alles zu bieten hat: Tranquillo, Andante, Allegro, Moderato. Gleich acht Sätze hat das Werk. Organist Frank Zimpel begeisterte die Zuhörer mit seinem Spiel. Mit Henry Purcells Suite D-Dur verabschiedete sich das Duo erst mal an der Geib-Orgel. Über das 200 Jahre alte Instrument sagte Zimpel: „Diese Orgel ist ein kleines, kraftvolles Instrument und sehr reizvoll.“ Sie habe nur ein Pedalregister, ein Manual und ein verkürztes Pedal – „so ,wie man sie damals hier baute“. Die Entstehung der Orgel liege eigentlich in der Klassik, aber sie habe eine barocke Anmutung. „Hätte sie nicht hier in dieser versteckten Kirche gestanden, hätte sie den Zeitgeschmack vermutlich nicht überlebt“, meinte Zimpel und kündigte an, dass im zweiten Teil des Konzerts auch der Laie den Unterschied zur Orgel der protestantischen Gemeinde erkennen werde, „die aus der Romantik stammt und viel weicher klingt“. In der Pause traf sich die Konzertgemeinde zum Umtrunk. Unter den Gästen waren Gerhard Kling und seine Frau Jutta, die vom Konzept des Wandelkonzerts, bei dem das Publikum mitten drin die Spielstätte wechselt, begeistert waren. „Die Orgeln im direkten Vergleich zu hören, ist sehr interessant“, fand Gerhard Kling. Die kurze Unterbrechung mit Umtrunk und einem Spaziergang zur protestantischen Gemeinde lockere den Abend auf. Hartmut Moser war zum ersten Mal mit von der Partie und fand das Konzept ebenfalls gut. Etwas mehr Zuspruch hätte er sich allerdings gewünscht. „Dass ich die Toccata von Bach heute live hören durfte, macht mich sehr froh“, erzählte er noch. „Ich liebe dieses Stück und lege sie tatsächlich immer sonntags zur Feier des Tages auf.“ Dass die Wandelkonzerte so gut ankommen, freut Thomas Protz vom Konzertteam. „Wir wollen damit die Verbundenheit der beiden christlichen Gemeinden Ruchheims auf musikalischer und kultureller Ebene zum Ausdruck bringen“, erklärte er und hatte dann auch noch ein paar Fakten zur Geib-Orgel parat: Sie wurde 1818 von Johann Georg Geib gebaut, einem Frankenthaler Orgelbauer, der in der Werkstatt der Firma Stumm gelernt hatte und sich dann selbstständig machte. Die Orgel ist eine kleine Dorforgel mit sieben plus einem Register und 496 Pfeifen. Im Jahr 2001 wurde eine Restaurierung fällig, die damals 340.000 D-Mark kostete und zunächst in Frage stand, weil eine neue Orgel nur ein Viertel dieser Summe gekostet hätte. Weil 90 Prozent der Geib-Orgel noch aus Originalteilen bestand, fiel letztlich aber doch die Entscheidung, sie zu restaurieren. Das Geld kam aus mehreren Fördermitteltöpfen und Privatspenden zusammen. Heute ist die katholische Gemeinde Ruchheim stolz, die älteste Kirchenorgel Ludwigshafens und vermutlich auch die älteste der Vorderpfalz zu besitzen. Gespielt wird sie nicht nur im Gottesdienst, sondern bei mindestens zwei Konzerten im Jahr. Am Samstag liefen 60 Konzertgäste gemeinsam von der katholischen zur protestantischen Gemeinde und wurden hier bezeichnenderweise mit Richard Wagners „Einzug der Gäste“ – einem Vorspiel aus der Oper „Der Tannhäuser“ – empfangen. Für den zweiten Teil hatten Pfeifer und Zimpel Musikstücke aus dem 19. und 20. Jahrhundert ausgesucht. Der Unterschied zwischen den beiden Orgeln war deutlich zu hören. Die protestantische Orgel stammt aus der Romantik, wurde von der Firma Walker in Ludwigshafen gebaut und hört sich tatsächlich viel weicher an als die üppig klingende Geib-Orgel. Bei der protestantischen Gemeinde in Ruchheim wurden dann noch Jean Sibelius’ „Das Nordlicht“ und Josph Kosmas’ „Autumn Leaves“ gespielt, beide Lieder hatte Zimpel selbst arrangiert. Bei Leon Boellmanns Suite Gothique blieb die Orgel, diesmal die von Walker, wieder im Solo, genauso wie bei Simeon ten Holts „Canto ostinato b-Moll“. Als Zugabe und bombastisches Konzertende wählten die Musiker die Eurovision-Fanfare. Der Zuhörer erfuhr, dass dies eigentlich ein Gotteslob „Te Deum“ ist.

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