Pfälzer Teufelssagen Mundenheim und Mannheim: Ein armer Schneider und ein Gespenst

Symbolbild eines Bahnübergangs. In Mundenheim soll an solchen Schienen der Teufel lauern.
Symbolbild eines Bahnübergangs. In Mundenheim soll an solchen Schienen der Teufel lauern.

Teufelsgeschichten gibt es überall in der Pfalz. In Mundenheim und Mannheim geht es um einen Schneider, der sich verzockt hat und um ein Gespenst bei den Schienen.

Im heutigen Stadtteil Mundenheim, genauer in der Flurstraße, erzählte man sich in der Vergangenheit die Geschichte des Teufelswesens „Mulo“, das sich im Umfeld des Bahndamms umgetrieben haben soll. „Dieser Leuteschreck [...] zeige sich um die Mittagsstunde an den Bahngleisen unter der Teufelsbrücke“, ist in der Sagensammlung „Sagen und Geschichten aus Ludwigshafen am Rhein“ von Paolo Parisi und Karl-Heinz Halbedl nachzulesen.

Teufelsreise vom Mittelmeer nach Ludwigshafen

Mündlich sei diese Gruselgeschichte bei den Jenischen in der Flurstraße verbreitet gewesen, erklären die Autoren in der Sagensammlung. „Die Jenischen sind eine eigenständige, transnationale ethnische Minderheit mit eigener Sprache, eigener Kultur und eigenen Traditionen“, ist auf der Website des Zentralrates der Jenischen definiert. In Neumühle (Landkreis Südwestpfalz) sind die Jenischen übrigens in der Mehrheit – eine Seltenheit in Deutschland.

In der jenischen Kultur trägt der Teufel den Namen „Mulo“. Er ist ein Totengeist, der Angst einjagt und warnt. So ist auch in der niedergeschriebenen Sage nachzulesen: „Auf diese Weise verhinderten Eltern, dass die Kinder an den gefährlichen Bahngleisen spielten“. Dass dieser Mulo angeblich gerade zur Mittagszeit in Erscheinung treten sollte, deute auf sogenannte Mittagsdämonen hin, auf den daemonum meridianum, schreiben die Sagensammler Parisi und Halbedl.

Teufelsmythen als Warnung

„Aus dem ostmediterranen Raum gelangte die Glaubensvorstellung über Frankreich im Mittelalter bis in die Rheinlande“ und so nach Mundenheim. Besonders in der Spätantike vor rund 1500 Jahren sei demnach der Glaube an die Unheimlichkeit der Mittagsstunde tief im Volk verwurzelt gewesen. Ganz so alt kann die Sage aus Mundenheim jedoch nicht gewesen sein. Denn die gefährlichen Eisenbahnschienen wurden hier erst in den 1840er Jahren verlegt.

„Teufelsmythen dienten dazu, vor Gefahren zu warnen. Sie sollten vermitteln: ,Geh da lieber nicht hin’“, erzählt Barbara Schmidt vom Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde. Das trifft zwar in den meisten Fällen auf Sagen aus dem Pfälzerwald zu, aber auch aus der Industriestadt Ludwigshafen ist die faszinierende Teufelssage überliefert.

Wer sitzt wirklich in der Königskutsche?

Aus Mannheim ist die Sage „Schneider und Teufel“ überliefert, die im ersten Band der Pfälzer Sagen von Viktor Carl niedergeschrieben wurde: „Der Schneider hat mit dem Teufel einen Vertrag geschlossen. Wie wäre es sonst möglich, dass er so schnell reich wurde?“, beginnt sie.

„Gewöhnlich weiß der Teufel von der bedrängten Lage der Menschen und bietet sich dann als Helfer an“, so der Volkskundler Fritz Röhrich, und weiter: „Der Teufelsbund ist unwiderrufbar. Er führt den Teufelsbündner zwangsläufig, unausweichlich und gnadenlos in die Hölle“. So die Regel.

Ganz so schlimm ergeht es dem Schneider in der Mannheimer Sage jedoch nicht, als vor seiner Tür plötzlich eine Kutsche haltmacht, in der er den König vermutet. „[Der Schneider] lehnte sich aus dem Fenster und machte eine Verbeugung nach der anderen. [Plötzlich] entfernte sich die Kutsche in einem rasenden Tempo“, erzählt die Sage. Zeitgleich, berichtet die Sage weiter, sei der Kopf des Schneiders immer größer und schwerer geworden, sodass er im Fensterrahmen stecken blieb. Die verschriftlichte Sage schließt mit dem Hinweis: „Den Mannheimern war klar, wer in der Kutsche saß“.

„Volkspsychologisch [...] erscheint den Leuten offenbar auffallend, wenn jemand plötzlich zu Reichtum, Ehre und Macht gelangt. Man glaubt, dass es ’nicht ganz natürlich zugehen’ konnte“, schreibt Röhricht in seinem Standardwerk „Sage und Märchen“ weiter. In der Kutsche saß also wahrscheinlich der Teufel höchstpersönlich.

Mannheim und Mundenheim in Ludwigshafen sind nur ein Teil einer viel größeren Kultur der Teufelssagen. In der gesamten Pfalz werden sie sich erzählt. Viele sind in Vergessenheit geraten.

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