Am Rande Oktober 1989: Wie ein Neustadter DDR-Grenzer überraschte

Dieter Hofherr hat viel erlebt – und viel zu erzählen.
Dieter Hofherr hat viel erlebt – und viel zu erzählen.

Der Lachen-Speyerdorfer Dieter Hofherr ist ein Pionier des Privatrundfunks. „Radio Weinstraße“ ging 1984 auf Sendung. Das Aufnahmestudio war in Speyerdorf. Hofherr blickte damals schon auf eine recht lange Radiogeschichte zurück, arbeitete er doch ab 1971 als Techniker beim Südwestfunk (SWF) in Baden-Baden.

Der heutige Mittsiebziger hat in seinem Leben viel erlebt und teilt die Erinnerungen auch gerne, damit sein Wissensfundus nicht verloren geht. Nun hat sich Hofherr in der Redaktion gemeldet – mit einer Anekdote aus der deutsch-deutschen Geschichte. Pünktlich zum Tag der deutschen Einheit habe er sich daran erinnert.

„Am 18. Oktober 1989 fuhr ich mit einem alten Kollegen aus (SWF)-Radiozeiten mit einem DDR-Einreisevisum zu einem Verwandtenbesuch nach Wildau bei Berlin. Auch aus beruflichen Gründen hörten wir Radio DDR, das zu Hause in der Pfalz ja nicht zu hören war“, schildert Hofherr.

Der Rücktritt von Honecker

Just um 14 Uhr erreichten Hofherr und sein Begleiter die Grenzübergangsstelle in Marienborn. Und alle Radiomacher wissen: Zur vollen Stunde gibt es Nachrichten. Also hörten die beiden aus dem Westen, „dass der SED-Vorsitzende Erich Honecker zurückgetreten sei“. Die Nachricht war in den politisch aufgewühlten Zeiten im Vorfeld des Mauerfalls am 9. November ein Knaller. Hofherr machte sich die Neuigkeit zunutze: „Zu meinem Freund sagte ich: Das wissen die Grenzer bestimmt nicht, die hören ja kein Radio. Ich ging dann an den Schalter, wo man 25 D-Mark pro Reisetag gegen Ostmark 1:1 umtauschen musste. Dabei sagte ich dem DDR-Grenzer, dass er ja nun einen neuen Chef habe, was den Kollegen am nächsten Schreibtisch veranlasste, laut zu fragen, wer denn nun ,dran sei’. Ich sagte: Der Krenz.“ Als Antwort kam: Oh, das habe man sich schon gedacht. Sofort habe hektisches Telefonieren eingesetzt. „Für unsere Grenzpassage interessierte sich niemand mehr“, so Hofherr.

Im Januar 1990 war er erneut in Berlin. Der Lachen-Speyerdorfer klopfte sich – wie so viele – auch ein paar Betonbrocken der Berliner Mauer am Brandenburger Tor ab. „Bei der Ausreise an der Grenze in Marienborn lagen diese auf dem Armaturenbrett, und ich bot dem letzten Grenzer, der noch die Pässe kontrollierte, ein Stück zur Erinnerung an. Er fand das ganz toll und stempelte uns einige Stücke mit seinem Dienststempel ab. Da war mir klar, dass diese DDR am Ende war.“ Als Hofherr im Juni 1990 zu einer Tour nach Magdeburg startete, standen an der Grenze „alle Ampeln auf Grün“. Und am 1. Juli 1990 wurden die Grenzkontrollen abgeschafft, ehe am 3. Oktober 1990 die Wiedervereinigung vollendet wurde.

x