Neustadt Trotz Handicaps ein toller Konzertabend

Neustadt. Während sich der Frühling am Samstag draußen noch ein bisschen schwer tat, herrschte im Wirtshaus „Konfetti“ bereits ausgelassen-sommerliche Stimmung. Mitgebracht hatte die fröhliche Atmosphäre Toby Beard, eine Künstlerin von „down under“, die es trotz gesundheitlicher Probleme schaffte, mit ihrem sonnigem Gemüt und den eingängigen Melodien ihrer Lieder australische Leichtigkeit nach Neustadt zu importieren.

Zur Seite standen ihr dabei Bassist Gavin Arnold, Schlagzeuger Josse Sharrard und Violinistin Anne Bakker, zusammen eine hervorragende Band, die es verstand, sich schnell aufeinander einzustimmen, obwohl sie eigentlich nur für diese Tour, Tobys vierter Konzertreise durch Deutschland, zusammengestellt worden ist. Von ihrem Heimatkontinent hatte Toby nur den Bassisten mitgebracht, mit dem sie bereits seit sieben Jahren zusammenarbeitet. Der Rest ihrer Originalgruppe war aber, sicher auch aus finanziellen Gründen, zuhause geblieben. Dafür sind jetzt mit Sharrard und Bakker zwei Musiker aus den Niederlanden eingesprungen, von denen besonders Bakker einen hohen Bekanntheitsgrad genießt. Sie ist mit ihrer Violine weltweit unterwegs und arbeitete in der Vergangenheit zum Beispiel mit dem legendären Ex-„Focus“-Gitarristen Jan Akkerman zusammen. Daneben macht die 26-Jährige noch eigene Musik mit ihrem Duo „Eira“ und ist Mitglied der Band des früheren „Iron Maiden“-Sängers Blaze Bayley. Im „Konfetti“ prägte sie den Sound von Toby maßgeblich mit. Das Quartett startete seinen Gig, den zweiten der laufenden Tournee, mit der schwungvollen Nummer „Again“, bei der Frontfrau Toby schon alles geben musste, um stimmlich auf der Höhe zu sein. Die Sängerin, Multiinstrumentalistin und Stückeschreiberin aus Perth hatte sich aufgrund des Temperaturunterschiedes zwischen 30 Grad Hitze zuhause und bescheidenen 10 Grad Celsius bei uns in Deutschland eine Erkältung zugezogen, gegen die sie während des ganzen Konzerts anzukämpfen versuchte. Schon während des Soundchecks hatte sie Salz und Zitrone geschluckt, und abends stand sie mit einer Kanne voll heißem Tee auf der Bühne. Aber Toby ließ sich nicht unterkriegen und lieferte trotz des Handicaps einen bravourösen Job ab. Stück Nummer zwei, die Ballade „Three Days“, stammte aus ihrem aktuellen, sechsten Album „Nobody Told Me“, das erst seit 21. Februar auf dem Markt ist. Ihren vielen franko-kanadischen Fans widmete Toby das darauffolgende „Tu Es Belle“, dessen Titelzeile sie zwar auf Französisch singt, womit, nach eigener Aussage, ihr gesamter Wortschatz in dieser Sprache allerdings auch schon aufgebraucht ist. In Deutsch bringt sie es immerhin schon auf zwei Worte: „Schnitzel“ und „klatschen“. Zu Letzterem brauchte sie ihre begeisterten Anhänger, die teilweise von weit her angereist waren um sie zu sehen und zu hören, nicht extra aufzufordern, da diese den poprockigen Songs nur selten widerstehen konnten und nach jedem Lied begeisterten Applaus spendeten. Toby verfügt über eine hervorragende Stimme, die manchmal wie in „Holding Back“ an die von Sinhead O’Connor, und ein anderes Mal „Crash Landing“ an die Röhre von Amy McDonald erinnert. Dazu ist sie eine ausgezeichnete Gitarristin, was sie in „Gossipa Lies“ mit einem virtuosen Solo unter Beweis stellte. Dass sie außerdem einen Hang zu moderner Folk- und Country-Musik hat, zeigte sich in „Stole Them Away“, dem Opener ihres aktuellen Albums. In diesen Stilarten scheint sich auch Drummer Josse Sharrard besonders wohl zu fühlen, denn er durfte sich anschließend mit dem „Mumford & Sons“-Cover „Wagon Wheel“ für einen Song als Leadsänger präsentieren. Währenddessen schonte Toby ihre angegriffene Stimme und übernahm kurzzeitig die Rolle des Drummers. Für das hitverdächtige „Don’t Go“, griff sie sogar zur Ukulele und präsentierte erneut ihre stilistische und handwerkliche Vielseitigkeit. Obwohl Toby sich sehr um ihre Stimmbänder sorgte, die in den nächsten Wochen immerhin noch für weitere 21 Konzerte in Deutschland und Holland durchhalten müssen, verlangte ihr das Publikum zwei Zugaben ab, wovon besonders die letzte ein spezielles Höhepunkt des insgesamt schon tollen Konzertabends wurde. Zu „Fly“ kam Toby nämlich ohne Band auf die Bühne zurück und sang nur zur eigenen Gitarrenbegleitung. Nach diesem emotionalen Song beeilte sich die Musikerin, deren Namen man sich unbedingt merken sollte, den Saal zu verlassen – natürlich nicht ohne ihre Teekanne mitzunehmen und sich einen dicken Schal um den Hals zu binden.

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