Moskau Putin ordnet Feuerpause über orthodoxe Weihnachten an

Kreml-Chef Wladimir Putin
Kreml-Chef Wladimir Putin

Russlands Präsident Wladimir Putin hat erstmals seit Kriegsbeginn in der Ukraine eine Waffenruhe für die gesamte Front verkündet. „Unter Berücksichtigung des Aufrufs von Patriarch Kirill beauftrage ich das russische Verteidigungsministerium vom 6. Januar 12.00 Uhr mittags (10.00 Uhr MEZ) bis 7. Januar 24.00 Uhr (22.00 Uhr MEZ) eine Feuerpause entlang der gesamten Linie der bewaffneten Auseinandersetzung in der Ukraine in Kraft zu setzen“, heißt es in einer Mitteilung des Kremls vom Donnerstag. Der 70-Jährige rief auch die Ukraine auf, sich an die Feuerpause zu halten, damit Gläubige die Weihnachtsgottesdienste besuchen könnten. Die Ostkirchen feiern Weihnachten nach dem julianischen Kalender erst am 7. Januar.

In der Vergangenheit hatte es stets nur lokal begrenzte Feuerpausen gegeben, etwa für den Austausch von Gefangenen oder die Einrichtung humanitärer Korridore für Zivilisten rund um die monatelang belagerte ukrainische Hafenstadt Mariupol. Derzeit ist die Front nach Angaben des russischen Generalstabschefs Waleri Gerassimow 815 Kilometer lang.

Beobachter: Lage werde sich nur kaum verändern

Die Ukraine bezeichnete die Waffenruhe als „Heuchelei“. „Russland muss die besetzten Gebiete verlassen - nur dann wird es eine „zeitweilige Waffenruhe“ geben“, schrieb der Berater im Präsidentenbüro, Mychajlo Podoljak, auf Twitter. Im Gegensatz zum russischen Gegner greife die Ukraine kein fremdes Territorium an und töte keine Zivilisten. Das mache nur Russland.

Beobachter in Kiew gingen davon aus, dass die von Putin angeordnete 36-stündige Feuerpause den Ukrainerinnen und Ukrainern Angriffe mit Raketen und Drohnen zumindest über die Weihnachtstage ersparen könnte. An den Fronten im Osten und Süden des angegriffenen Landes werde sich die Lage hingegen wohl kaum verändern. Sollte die ukrainische Armee ihre Angriffe fortsetzen, würden sich die russischen Truppen sicher zur Wehr setzen.

Kirill, Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche und dem Kreml eng verbunden, hatte vor Putins Anordnung zu einer Waffenruhe in der Ukraine aufgerufen. Während des orthodoxen Weihnachtsfestes sollten die Waffen schweigen, forderte der Patriarch, der den völkerrechtswidrigen Angriff auf das Nachbarland ansonsten klar unterstützt. Die Führung in Kiew hatte diese Forderung umgehend in scharfen Worten zurückgewiesen. „Es ist eine zynische Falle und ein Element der Propaganda“, schrieb Podoljak.

Bundesregierung nimmt angekündigte Waffenruhe „zur Kenntnis“

Die Bundesregierung reagierte zurückhaltend auf die angekündigte Feuerpause. „Wir haben die Ankündigung zur Kenntnis genommen“, sagte ein Regierungssprecher in Berlin. „Jedes Einstellen der Kampfhandlungen trägt dazu bei, Menschenleben zu retten.“ Es bleibe aber dabei, dass Russland seine Truppen vollständig aus der Ukraine abziehen müsse und so diesen Krieg jederzeit beenden kann. „Dazu fordern wir Russland weiter auf.“

Zu Ostern lehnte Moskau eine Waffenruhe noch ab

Zum höchsten Feiertag der Christenheit, dem Osterfest des vergangenen Jahres, hatte Russland eine Waffenruhe noch abgelehnt. Die würde es der Ukraine nur ermöglichen, neue Waffen zu erhalten und Kräfte umzugruppieren, hieß es damals in Moskau. Nun äußerte sich der Patriarch ganz anders. „Ich, Kirill, Patriarch von Moskau und ganz Russland, rufe alle Seiten, die an dem internen Konflikt beteiligt sind, dazu auf, das Feuer einzustellen und eine Weihnachtswaffenruhe (...) herzustellen, damit die Gläubigen die Messen an Heiligabend und am Tag von Christi Geburt besuchen können“, heißt es in einem Aufruf Kirills. Dass er den Angriff auf die souveräne Ukraine als „internen Konflikt“ bezeichnete, verdeutlicht einmal mehr seine Nähe zum Kreml.

Putin: Verhandlungen nur ohne Rückgabe von Territorien an Ukraine

Putin machte eine Anerkennung der russischen Eroberungen in der Ukraine erneut zur Bedingung von Verhandlungen mit der Regierung in Kiew. Nach einem Telefonat Putins mit dem türkischen Präsidenten Recep Erdogan teilte der Kreml am Donnerstag mit: „Wladimir Putin hat erneut die Bereitschaft Russlands zum ernsthaften Dialog betont - unter der Bedingung, dass die Obrigkeit in Kiew die bekannten und mehrfach öffentlich gemachten Forderungen erfüllt und unter Berücksichtigung der neuen territorialen Realität.“ Diese Forderungen widersprechen jedoch dem Völkerrecht.

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