Pirmasens Aus der Welt der Chansons

Was kommt dabei heraus, wenn zwei befreundete Paare am selben Tag heiraten, den selben Musikgeschmack haben und den jährlichen Hochzeitstag zusammen mit Musikproben begehen? Im Fall des Kaiserslauterer Ensembles von „Mon Mari Et Moi“ sind es melancholische, leidenschaftliche, mal laute und mal leise Chansons von Hilde Knef, Marlene Dietrich, Jacques Brel, Zarah Leander und anderen, die dem Hörer eine emotionale Achterbahnfahrt bieten, von der er nur schwer Abstand gewinnen kann. Am Freitag gab das Quartett sein Debüt im gut besuchten Pirmasenser Café Pünktchen und Anton.

Unglaublich, dass diese Band sich erst vor einem Jahr formiert hat. Nicht nur weil sie verheiratet sind strahlen Shakti Paqué (Gesang und Memotron), Mathias Paqué (Gitarre), Inge Mrotzek (Bass) und Jürgen Mrotzek (Schlagzeug und Percussions) perfekte Harmonie aus – ihre Musik ist bis kleinste Detail abgestimmt und befindet sich auf einem derart hohen Niveau, dass so manche gestandene Chansonnière bewundernd die Augen weiten würde. Die Grundthemen des Abends kamen dabei für Chansons gar nicht so unüblich daher, oft geht es um Einsamkeit, Sehnsucht, Melancholie und Trauer – „passend zum regnerischen Wetter“, wie die Sängerin mit tiefer Stimme anmerkte. Gesungen wurde trotz französischem Bandnamen jedoch auf Deutsch, manchmal im Original, manchmal in der Übersetzung. Fernab von ausgelutschten Chanson-Hits, die hin und wieder auch im Radio-Abendprogramm zu hören sind, sind es eher die unbekannteren Kleinodien, die „Mon Mari Et Moi“ interpretieren – mit Wirkung, wie sich am Freitag zeigte. Sei es Hildegard Knefs „Die alte Frau“, bei der im Herbst des Lebens auf verpasste Chancen zurückgeblickt wird, sei es Marlene Dietrichs „Fräulein Annie lebt schon lang nicht hier“, das Shakti Paqué herzzerreißend mit beeindruckend rauchiger Altstimme zum Besten gab oder sei es Knefs umbarmherziges „Sie sieht nach gar nichts aus“, das von Selbstzweifeln mancher Frauen berichtet – die Interpretationen von „Mon Mari Et Moi“ gehen tief unter die Haut und sorgen mit sowohl handwerklich gut gespielten als auch mit der nötigen Leidenschaft dargebotenen Soli der einzelnen Ensemblemitglieder für ein Hörerlebnis der Extraklasse. „Auf Regen folgt Sonnenschein“ gilt hier nicht nur als Lebensweisheit, sondern steht auch durchaus programmatisch für das Repertoire der Kaiserslauterer – auf eine Talfahrt mit schlimmen Selbstzweifeln folgt ein Aufstieg mit hellem Hoffnungsschimmer, wie mit dem gelöst wirkenden und mit viel Drive gespielten „Heut gefall′ ich mir“ oder „In dieser Stadt“. Musik für „fröhliche Pessimisten“, die selbst den versiertesten Chanson-Kenner aufhorchen lassen. Dass die meisten Stücke dabei von Hilde Knef stammten, war nicht mehr wie recht – vor allem der tiefen Stimme von Shakti Paqué war es geschuldet, dass man am Freitag die Augen schließen konnte, um dann Knef zu erleben. Beide Stimmen klingen zum verwechseln ähnlich. Für eine willkommene Abwechslung sorgte neben den melancholischen Chansons auch Liedgut aus anderen Genres, vornehmlich mit Tango-Melodien – „Tango ist wie weiße Wandfarbe, da kann man nichts falsch machen“, meinte die Sängerin. Spätestens nach Astor Piazollas mit äußerster Intensität interpretierten „Libertango“ wusste man: Hier sind Vollblutmusiker am Werk, die es ein wenig mehr als andere ihrer Art verstehen, die Leidenschaft auch beim Publikum zu wecken. Aber auch skurrile Texte fanden Eingang in das Programm der Band, wie zum Beispiel „Jene irritierte Auster“ oder der von der Band selbst geschriebene „Konjunktiv für zwei“. Heitere Anekdoten lockerten die oft schwer anmutende thematische Kost des Abends auf. Und nicht zuletzt waren es die oft kompliziert wirkenden musikalischen Untermalungen, die die Stimme der Sängerin in ein warmes und weiches Miteinander einbetteten und den Konzertabend abrundeten – nach dem es hoffentlich mit „Mori Mari Et Moi“ bald ein Wiedersehen in Pirmasens gibt.

x