Pirmasens Magisch!

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Es ist schon zwölf Jahre her, dass Max Mutzke den Stefan-Raab-Wettbewerb mit der fürchterlichen Abkürzung „SSDSGPS“ gewonnen hat. Mutzke durfte deshalb 2004 für Deutschland am Eurovision Songcontest teilnehmen und belegte Platz acht. Meist ist ein Interpret nach solch einer Veranstaltung für immer auf ein Genre gebrandmarkt. Mutzke ging aber eine Verbindung mit der SWR-Bigband ein, die schon viele Jahre hält. Weil er ein Genie ist.

Die Liste an weltweit renommierten Musikern, die Konzerte mit der SWR-Bigband gegeben haben, ist lang. Darunter sind Pat Metheny, Gary Burton und Bob Mintzer. Das sind Jazzinstrumentalisten der Spitzenklasse. Zudem hat das 17-köpfige Orchester Sänger wie Patti Austin, Ivan Lins, Andrew Roachford und Bill Ramsey an das Mikrofon geholt. Hier reiht sich auch Max Mutzke ein. Max wer? Ist das nicht dieser Typ aus einer Fernsehshow von Stefan Raab? Was hat der denn mit einem weltweit anerkannten Orchester gemein? Die SWR-Bigband war bereits viermal für den wichtigsten amerikanischen Musikpreis, den Grammy, nominiert. Was den vom Echo unterscheidet? Während dieser leider bedeutendste deutsche Musikpreis allein aufgrund von Verkaufszahlen verliehen wird – und sich schon mal zum Feldgeschrei von Freiwild verirrt –, sucht man beim Grammy die beste Qualität. Diese Qualität ist bei der SWR-Bigband herausragend. Beeindruckend, umwerfend und herrlich dynamisch streuen die Musiker Klassiker des Jazz und des Fusion in die zum Euroclassic-Konzert ausverkaufte Festhalle; darunter „Sweet Lucy“ von George Duke. Die Spielfreude des Orchesters steigt mit den Impulsen aus dem Publikum. Das darf mitten in die Lieder hinein applaudieren, jubeln, schreien, sogar tanzen. Was nicht bedeuten soll, dass das Ensemble nicht auch leise spielen kann. Ganz im Gegenteil. Nachdem das Orchester den Vortritt hat, kommt nach vier Instrumentalstücken auch Mutzke auf die Bühne. Er wird an diesem Abend nicht nur eigene Stücke im neuen Arrangement singen. Darunter mischt sich die Ballade „Magisch“, die in der Bigband-Fassung so viel schöner ist. Natürlich kommt auch – zum glücklicherweise um eine halbe Stunde verspäteten Finale - der Song, der Mutzke bekannt machte. „Can`t Wait until Tonight“ wird von einem feinen Piano-Intro begonnen. Es folgt ein lakonisch stampfendes Stück Jazz-Fusion, mit einer Prise Soul gewürzt. Am meisten Eindruck hinterlassen jedoch zwei Cover-Versionen. Klasse ist „Me & Mrs. Jones“, wo das Zusammenspiel des Bläsersatzes aus Trompete, Saxofon und Posaune mit dem Sänger auf traumwandlerisch schönem Niveau ankommt. Mutzkes Stimme, der an der Bühnenfront immer wieder von herausragenden Solisten begleitet wird, erreicht hier unfassbare Höhen. Mancher Urheber sollte diese Versionen mit dieser Stimme einmal hören dürfen. Denn Max Mutzke hat sich seinen Stammplatz an der Seite der SWR-Bigband redlich verdient. Aus dem Castingshow-Sänger ist ein würdiger Interpret der Hochkultur geworden. Der singt fremde Kompositionen manchmal sogar besser. „I Won`t Hold You Back“ ist ein Klassiker aus dem umfangreichen Songkatalog der amerikanischen Band Toto. Toto hat sogar selbst einmal versucht, der rund 30 Jahre alten Ballade einen neuen, moderneren Anstrich zu verleihen. Die Band kehrte für Konzerte aber schnell wieder zur klassischen Instrumentierung zurück. Die SWR-Bigband ersetzt hier mit ihren Bläsern die sonst im Orchester üblichen Streicher bravourös. Max Mutzke verleiht dem Titel mit seiner Stimme Soul, in dem er im Finale schweißtreibend und dynamisch singt. Fantastisch ist das. Womöglich wurde dieses Lied noch nie schöner gesungen. Gibt es eine Chance, dass man diese Interpretation eines Tages auf einem Tonträger erwerben kann? Ein die Tournee begleitendes Crewmitglied macht mit einem schnellen „Nein“ jegliche Hoffnung hierauf zunichte. Das ist nicht nur für Toto schade.

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