Pirmasens Manche mögen’s heiß

91-92959361.jpg

Bis zum Abwinken – so geht das, wenn man mit Freunden im Elsass oder in Lothringen zum Flammkuchenessen ist. Eine großartige Auswahl hat es zumindest früher sowieso nicht gegeben: Ein Teigfladen, Speck, Zwiebeln, saure Sahne. Fertig. Vielleicht noch einen „süßen“ mit Äpfeln und Calvados zum Abschluss. Das war’s meistens. Jetzt gibt es, Jimmy Hublet und Julie Mertens sei es gedankt, Flammkuchen-Rezepte zum Nachbacken fast bis zum Abwinken.

Vor gut 13 Jahren ist das Pärchen aus Belgien nach Pirmasens gekommen - seit einiger Zeit leben die beiden in ihrem Haus in Merzalben – und haben sich die Gourmet-Tradition ihres Heimatlandes bewahrt. Bei den traditionellen Moules-frites, die schon Jacques Brel besungen hatte, ist es aber nicht geblieben. Wenn man Jimmy und Julie zum ersten Mal begegnet, mag man angesichts deren schlanker Statur gar nicht glauben, dass sie in Tat und Wahrheit richtige Schleckermäuler sind. Und wer gern isst, der lässt es selten dabei bewenden, sich lediglich von anderen bekochen zu lassen. Viel zu verlockend ist es, sich gemeinsam an den Herd zu stellen und immer wieder Neues – und darum geht es den beiden – auszuprobieren. Dabei waren die Flammkuchen selbst zunächst überhaupt nicht im Repertoire des Paares. „Irgendwann haben wir die Flammkuchen in einem Biergarten entdeckt. Das fanden wir sehr lecker“, erzählt Jimmy. „Wir haben uns dann auch einen Holzofen besorgt und nach ein paar Monaten, wenn unsere Freunde aus Belgien und Frankreich zu Besuch bei uns waren, haben wir oft Flammkuchen gebacken. Und es ist fast langweilig geworden. Nur immer ein und dasselbe Rezept“, erinnert sich Julie an die Anfänge. Aber ein regelrechtes Flammkuchen-Kochbuch gab’s nicht auf dem Markt. Wie auch, waren die Fladen doch eigentlich ursprünglich nur dazu da, damit der Bäcker die Temperatur im Brotbackofen testen konnte, bevor das Brot eingeschossen wird. Waren die Flammkuchen zu schnell gar, war der Ofen noch zu heiß. Dafür braucht niemand 50 Rezepte, wie sie sich im Flammkuchenbuch von Julie und Jimmy finden. Aber, was nicht ist…: „Wir haben ein bekanntes Gericht aus Belgien oder Deutschland genommen und versucht, es als Flammkuchen zu adaptieren“, sagt Jimmy. Und zum Beweis gibt’s gleich einen frischen Flammkuchen mit Saumagen und Sauerkraut. Hört sich zunächst exotisch an, ist aber außergewöhnlich lecker. Varianten mit Weinbergschnecken sind entstanden, sogar mit sündiger Gänseleber. Von den süßen Varianten nicht zu reden. Mango-Karamel wird’s nachher geben. Die kulinarische Prägung der beiden ist stark. „Bei uns beiden waren es die Väter, die zu Hause kochten“, erzählt Jimmy. Und die waren auch recht experimentierfreudig. „Eigentlich geht es uns beim Kochen darum, immer etwas Neues zu entdecken“, sagt Jimmy und Julie ergänzt: „Zweimal das gleiche zu machen, das wollen wir nicht, oder vielleicht mal zwei Jahre später. Wir legen also eine kleine Sammlung auf. Wir schreiben das immer auf, erfassen das auch im Computer, damit wir es wiederfinden. Es ist auch so, dass wir manchmal unterschiedliche Geschmacksrichtungen haben und unsere Gäste auch, dann haben wir versucht, für die Leute, für die wir kochen, etwas Passendes zu machen. Manche mögen Fisch oder Austern, andere eher süß, wir versuchen in jede Richtung zu gehen.“ Auch die beiden haben erstmal mit dem ganz normalen Elektrobackofen angefangen und einen Pizza-Stein. eingesetzt. „Das geht sehr gut, der Geschmack ist natürlich anders, weil das Holz in einem richtigen Flammkuchen-Backofen seinen eigenen Geschmack hat. Die Backzeiten muss man natürlich ändern, der normale Elektro-Ofen bringt ja nur 200 Grad und das dauert länger als im Holzofen mit seinen 300, 400 Grad.“ Also akribisch sind sie dann schon. Auch das Ergebnis wird fotografiert. Der Weg zum Buch war also gebahnt. „Wir sind ja nur Hobby-Köche und ich wollte kein Buch auf den Markt bringen, das es schon 50 mal gibt. Das macht keinen Sinn. Das Layout war von Anfang an klar. Wir wollten kein zu großes Buch, das stört sonst beim Kochen. Immer klare Rezepte, immer ein Bild und ein Rezept auf gegenüberliegenden Seiten.“ Den Satz hat eine Freundin besorgt, die Bilder und Texte kamen von Jimmy. Partner wurden gesucht, um das Buch, das erstmal in einer Auflage von 1000 erschienen ist, zu finanzieren, und beispielsweise mit der Firma Ramster-Holzbacköfen in Pirmasens wurde der passende Sponsor auch gefunden. Das Buch wurde auf eigene Kosten publiziert und erschien deshalb auch nur in einer 1000-Stück-Auflage. Sollte sich der Erfolg einstellen, ist eine zweite Auflage durchaus denkbar: „Wir sind ständig am Verbessern; ich werde nochmal neue Bilder machen. Die Weinempfehlungen werde ich bei einer eventuellen zweiten Auflage ganz auf deutsche Weine umstellen. Wir haben schon ein paar Winzer von der Südlichen Weinstraße als Partner. Bisher kommen die Weine aus der ganzen Welt, viele französische Weine, aber auch aus Argentinien. Jetzt wollen wir das noch regionaler gestalten“, sagt Jimmy. Info —Jimmy und Julie Hublet-Mertens, Flammkuchen: 50 herzhafte & süße Rezepte, 14,90 Euro, ISBN 978-3-00-053219-1

x