Pirmasens Mutterwitz und Melancholie

Der kurpfälzer Musik-Kabarettist Arnim Töpel hat zum Auftakt der Fabrikmusik-Reihe am Mittwoch im gut besuchten Forum Neufferanum genau den richtigen Ton getroffen: Eine intelligente, ja bisweilen eher melancholische denn humorige Gestimmtheit spannte den künstlerischen Tonus des Abends.

Die Vorfreude auf diesen Abend war wohl bei den meisten Besuchern groß. Schon vor sechs Jahren war Arnim Töpel bei der Fabrikmusik zu Gast gewesen und seine Darbietung war als Wohltat empfunden worden, verglichen mit so manch anderem, vielleicht sogar populäreren Witzeerzähler, der sich im Fernsehen und auf Bühnen als Kabarettist oder Comedian ausgibt. Töpel ist von Vergleichen mit diesen Krawalltüten nachhaltig in Schutz zu nehmen. Trotzdem hat er einen Könner des Gewerbes neben sich: Wir müssen an Christian „Chako“ Habekost denken. Das hat zunächst ganz profane Gründe: Töpel wie Habekost pflegen mit Verve den kurpfälzischen Dialekt, was schon mal zu eher oberflächlichen Vergleichen animiert. Die Verwandtschaft ist aber jenseits dessen viel tiefgehender: Töpel und Habekost sind, trotz der beträchtlichen Unterschiede, alle beide Sprachkönner und Sprachverliebte, die sehr achtsam mit ihrem Spielmaterial umgehen. Dritte Ähnlichkeit, vielleicht die wichtigste: Beide sind exzellente Musiker, was viel weitergehende Auswirkungen auf den Umgang mit den Texten hat, als uns unsere Deutschunterricht-Weisheiten glauben machen wollen. Ganz gleich, ob Töpel Blues-, Folk- und Soul-Vorlagen wie James Browns „It’s a Man’s World“, Tampa Reds „It Hurts Me Too“ und eine nachgerade genialische Übertragung von Bob Dylans „Just Like A Woman“ in das herzzerreißende „Wie e kläna Bu“ als Rahmen für seine Lieder nimmt, ob er einen melancholischen, von Heimweh erfüllten Text des in Freinsheim geborenen, vor den Nazis geflohenen Journalisten, Theaterkritikers und Schriftstellers Hermann Sinsheimer vorliest oder eher Humoriges aus seinem eigenen Krimi „Muffzekopp“: Immer ist seiner Sprache ein unverkennbarer Groove zu eigen. Das mag bei den Songs noch naheliegend sein, auch bei seinen A-cappella-Conférencen und Nummern, aber bei der Art wie er blanke Texte wiedergibt, ist das schon ungewöhnlich. Ungewöhnlich gut: Nie verlässt in das Rhythmusgefühl des Musikers. Nimmt man dann noch dazu, dass in seinem auch technisch hervorragenden Piano-Spiel immer der Gestus des klassischen Blues und der Nachhall von Dylan bis Tom Waits, ja sogar Rory Gallagher mitschwingt, dann hat man die Zutaten für einen ganz besonderen Abend. Natürlich ist Töpel nicht nur ein melancholischer, nachdenklicher Geselle. Er kann auch lustig, arrangiert seine Texte mit Mutterwitz und viel Aufmerksamkeit für die Reibungsflächen von Dialekt und Hochdeutsch. Auch hier ist er, bei allen Unterschieden, Chako Habekost nahe, der genauso diese unbändige Freude an saftig-expressiven Dialektlauten und der hohen Präzision der Mundart mitbringt. In diesen Momenten ist Töpel dann auch der launige, zugängliche, ja fröhliche Unterhalter, der auch einen anständigen Kalauer nicht scheut. Immer klingt in seinen Texten aber eine tiefe Humanität mit, was im dann doch eher outrierten Gewerbe des Kabaretts eine Seltenheit geworden ist.

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