Rhein-Pfalz Kreis Da platzt plötzlich der Kragen

Vier CDU-Mitglieder haben eine Fotomontage des Ärztehauses in ihren Briefkästen vorgefunden. Um den Klotz-Charakter des geplante
Vier CDU-Mitglieder haben eine Fotomontage des Ärztehauses in ihren Briefkästen vorgefunden. Um den Klotz-Charakter des geplanten Gebäudes hervorzuheben, wurde anstatt des etwa gleich hohen Neubaus der Firma Ostermayer an der anderen Ecke des Geländes Alter Friedhof das alte, niedrigere Postgebäude verwendet, das dem Neubau schon lange gewichen ist.

«Altrip.»Proppenvoll ist der Ratssaal am Mittwochabend. Außergewöhnlich viele Altriper sind erschienen, um die Entscheidung über den Standort ihres zukünftigen Ärztehauses live zu verfolgen. So viele wie noch nie. Das Thema bewegt die Menschen im Dorf offensichtlich. Aus den benachbarten Räumen werden zusätzliche Stühle herbeigetragen. Am Ende reichen aber selbst die nicht: Einige Zuhörer müssen die Ratssitzung im Stehen verfolgen. Viele der anwesenden Altriper fühlen sich anscheinend nicht recht von der Initiative für Dorfentwicklung vertreten, die seit Monaten gegen den Standort an der Ecke Parkstraße/Schillerstraße mobil macht und sich auf die Fahnen schreibt, für die Mehrheit der Altriper Bürger zu sprechen. Das zeigen mehrere Wortmeldungen in der Einwohnerfragestunde. Zwei Beispiele: „Worin liegt der Mehrwert des Standorts Goethestraße? Ich sehe ihn nicht“, sagt eine Frau. Ortsbürgermeister Jürgen Jacob zuckt mit den Schultern: „Ich erkenne ihn auch nicht.“ „Hätte sich ohne das Normenkontrollverfahren etwas geändert?“, fragt eine andere Bürgerin. „Ja, dann wäre jetzt wohl schon die Tiefgarage des Ärztehauses fertig“, antwortet Jacob. Die Dame zweifelt daraufhin an der Gemeinnützigkeit der Klage gegen die Gemeinde vor dem Oberverwaltungsgericht Koblenz. Keine Zweifel lassen dagegen die Fraktionen von CDU, FWG und SPD aufkommen: Sie wollen das Ärztehaus weiter wie geplant am Standort umsetzen, der an das Gelände des Alten Friedhofs angrenzt. Als Christdemokrat Hans-Peter Peters klarstellt: „Mit uns wird es keinen Ärztehaus-Brexit geben“, brandet Beifall auf. „Das ist richtig!“, ruft ein Bürger. Auch als die Ratsmehrheit den entsprechenden Antrag der SPD beschließt – die drei Grünen enthalten sich – applaudieren viele Zuhörer. Den Grünen-Antrag für einen Runden Tisch, bei dem noch einmal alle Beteiligten über beide Standorte reden sollten, lehnt dagegen nach dem Haupt- und Finanzausschuss auch der Rat ab. Dass das Thema überhaupt noch einmal auf der Tagesordnung steht, erklärt Jacob auf RHEINPFALZ-Nachfrage damit, „dass wir im Ausschuss versehentlich vergessen haben, es abzusetzen“. Dieses Versäumnis nutzen die Grünen, allen voran Armin Grau und Sabine Reck, um noch einmal sämtliche Argumente aus der Ausschusssitzung zu wiederholen. „Obwohl uns klar ist, dass sich am Ergebnis nichts ändern wird. Es geht aber um Transparenz und Vorsicht“, sagt Grau. Reck erneuert ihre Befürchtung, dass die Gemeinde sich rechtliche Probleme einhandelt, wenn sie an dem Standort Ecke Parkstraße/Schillerstraße festhält. Beide bedauern, dass der Runde Tisch nicht zustande kam. Das gute Ansinnen der Grünen hinterfragt Rathauschef Jacob. Zumal eine ihrer Kandidatinnen auf der Internet-Videoplattform Youtube einen Werbefilm für das Ostermayer-Vorhaben in der Goethestraße veröffentlicht habe. Gemeint ist Dagmar Schwall, eine der Anwohnerinnen des Standorts am Alten Friedhof, die gegen die Gemeinde geklagt haben, die für die Grünen in den Ortsgemeinderat gewählt werden möchte. CDU-Mann Peters platzt in dem Zusammenhang der Kragen. Er informiert darüber, dass vier Mitglieder seiner Partei eine Fotomontage – gestaltet vom Investor Peter Ostermayer – im DIN-A3-Format in ihre Briefkästen geworfen bekommen haben. Von wem ist unbekannt. Darin werde Stimmung gegen den Standort Ecke Parkstraße/Schillerstraße gemacht und das Projekt in der Goethestraße beworben. „Ich bin perplex und schockiert, wie hier an der Gemeindeverwaltung vorbei gezielt Informationen gestreut werden, um Parteien für sich einzunehmen“, erklärt Peters. Ein Raunen geht durch den Saal. Er habe sich die Fotomontage jedoch genau angesehen und bemerkt, dass der angebliche Ärztehaus-Klotz in eine Luftaufnahme montiert wurde, die noch das ehemalige Postgebäude auf demselben Parkgelände ein Stück weiter in der Schillerstraße zeigt, sagt Peters. Das ist jedoch inzwischen längst einem Neubau der Firma Ostermayer gewichen, der ungefähr so hoch ist wie das geplante Ärztehaus und der die Grünen erstaunlicherweise nicht gestört habe. Zudem seien auch andere Gebäude in der Nachbarschaft ähnlich hoch. Das bestätigt Jacob im Gespräch mit der RHEINPFALZ: „Das Ärztehaus soll 9,75 Meter hoch werden, das Haus einer Klägerin in der Nähe ist 9,98 Meter hoch.“ Von solchen Größenvergleichen wollen die Grünen nichts hören. „Das ist ja gar nicht das Thema“, findet Armin Grau. Doch Jacob stellt noch drei weitere Dinge klar: Entgegen anderslautender Behauptungen bleibt es bei den Baumfällungen auf dem Ärztehaus-Grundstück. Die Gerichtskosten für die Gemeinde betragen nicht 50.000 Euro, wie von Reck im Ausschuss behauptet, sondern voraussichtlich 12.800 Euro. Das Grundstück sei an den Investor nicht zu einem „unangemessen niedrigen Preis“ wie von den Grünen behauptet, sondern zu einem marktüblichen verkauft worden: für 270 Euro je Quadratmeter. „Zudem hat er die Kosten für den Ausbau von circa 130 Metern Gehweg übernommen.“

Am Alten Friedhof in Altrip steht ein Neubau der Firma Ostermayer. Das ehemalige Postgebäude wurde abgerissen.
Am Alten Friedhof in Altrip steht ein Neubau der Firma Ostermayer. Das ehemalige Postgebäude wurde abgerissen.
Dagmar Schwall propagiert in einem Youtube-Video den Standort Goethestraße. Der Nachweis, dass Schall für Ostermayer wirbt, find
Dagmar Schwall propagiert in einem Youtube-Video den Standort Goethestraße. Der Nachweis, dass Schall für Ostermayer wirbt, findet sich unten rechts im Videoausschnitt. Dort wird der Name der Firma genannt, die die Visualisierung erstellt hat.
x