Rhein-Pfalz Kreis „Das ist der geilste Job der Welt“

20 Jahre lang hat Heinz Krost die schwarze Schultasche schon. „Umpacken mag ich nicht so“, sagt er – dass die Ledertasche bis zu
20 Jahre lang hat Heinz Krost die schwarze Schultasche schon. »Umpacken mag ich nicht so«, sagt er – dass die Ledertasche bis zu seiner Verabschiedung durchhält, hätte er nicht gedacht.

«Limburgerhof.»1000 Kisten hat Heinz Krost vor 20 Jahren packen müssen, als die Realschule von Mutterstadt nach Limburgerhof umgezogen ist. Damals war er neuer Schul- und auch Umzugsleiter. Es folgten 20 Jahre am neuen Standort – und einige Bauprojekte am Schulgebäude. Nun ist der 62-Jährige in Altersteilzeit gegangen. Mit nur einer Kiste. Aber vielen schönen Erinnerungen.

„Wenn man physikalisch keinen Weg zurückgelegt hat, hat man nichts geleistet“, sagt Heinz Krost. Die Physik hat den 62-Jährigen schon als kleiner Junge fasziniert. Damals habe er gerne experimentiert, Radios auseinander gebaut und mit Magneten gespielt. Dinge zu verstehen und erklären zu können, die Welt so greifbar zu machen, Zusammenhänge darstellen zu können – das sei ihm wichtig. „Physik ist immer um uns, ohne Physik lässt sich nichts erklären“, sagt er. Nur bei den Schülern sei das mit der Physik, dem Erklären und Verstehen so eine Sache. „Es ist eine Sender-Empfänger-Geschichte. Wenn der Empfänger sich wehrt, hat der Sender keine Chance“, sagt er. „Kinder haben bei Physik oft eine innere Abwehr.“ Den Lehrerberuf liebt er trotzdem. „Ich fühle mich da berufen“, sagt Krost, der in Hördt in der Südpfalz lebt und ursprünglich aus dem rheinhessischen Mommenheim stammt. In Mainz hat er Wirtschaft und Sozialkunde, Physik und Mathematik studiert. „Die Mischung aus Naturwissenschaft und Technik“ begeistere ihn. „Mathematik sehe ich da eher als Hilfswissenschaft an.“ Nach Stationen in Frankenthal, Bingen und Bad Bergzabern wechselte Krost Ende der 1990er-Jahre für zwei Jahre die Perspektive: Er arbeitete bei der Schulaufsicht. „Damals haben wir 55 Schulen betreut, ich habe viel gelernt, es ist ein anderes Denken“, sagt er. Die „Käseglocke“, unter der man sich sonst im Lehreralltag befinde zu verlassen, habe ihn weitergebracht. Auch in der Zusammenarbeit mit den Behörden. Ein Punkt, der ihm in den nachfolgenden Jahren viel genutzt hat: Zum 1. Juli 1998 ist er als Schulleiter an die Realschule Mutterstadt gewechselt – und wurde gleichzeitig zum großen Umzugskoordinator. „Es war ein harter Anfang. 20 Prozent der Zeit habe ich mit dem Thema Schulbau verbracht.“ Denn der Realschulstandort wurde 1999 nach Limburgerhof verlegt, neben der ehemaligen Hauptschule ein neues Gebäude erricht. Krosts neue Wirkungsstätte. Wie viel das Thema Bauen ihn in den folgenden zwei Jahrzehnten beschäftigt, damit hatte Krost nicht gerechnet. „Die Hälfte der Zeit gab es Baumaßnahmen“, sagte er – Anbauten, Sanierung und auch jetzt stehe wieder einiges an. Das nun sein Nachfolger regeln muss. „Ich habe es immer gern gemacht.“ Zusätzlich fusionierten Hauptschule und Realschule 2009 zur Realschule plus. „Aus meiner Sicht haben wir das gut gemanagt“, sagt Krost. Gut 540 Schüler besuchen die Rudolf-Wihr-Realschule heute. Die Angebote, betont Krost, seien vielfältig, die Größe genau richtig, um Schüler gut zu betreuen und zu fördern. Die Zeit an der Schule, findet der 62-Jährige, „war toll“, „der Kontakt zu den jungen Menschen gibt einem sehr viel“. Es sei faszinierend zu sehen, wie Kinder sich entwickeln und zu Erwachsenen werden, welche Bedürfnisse sie haben und wie sie ihre Welt gestalten. Der ständige Blick auf die andere Lebenswelt halte jung – und auf technischer Ebene auf dem Laufenden. „Ich kenne ja noch die analoge Welt“, sagt Krost und lacht. „Aber damals in Bingen war ich der Erste, der das Computerlabor genutzt hat. Und einen Steckplan für die Stundenplan-Planung habe ich nie benutzt. Ich habe technisch immer versucht am Ball zu bleiben.“ Seine Schüler habe er immer versucht zu motivieren, sie nicht nur auf den Beruf, sondern auf das Leben vorzubereiten, erzählt er. „Ich wollte ihnen zeigen, wie sie mit der Welt klarkommen.“ Heinz Krost sieht sich als ausgeglichenen Menschen. Beruflich wie privat. „Ich bin der Kooperative.“ Am Donnerstag ist er offiziell verabschiedet worden. Seit gestern in Altersteilzeit. Seine Nachfolge ist noch nicht verkündet. Und Konrektorin Martina Krammes geht zum Beginn der Sommerferien. Bis dahin ist Heinz Krost vermutlich schon total im Pensionsmodus. „Ich habe keine großen Reiseziele“, sagt er. Aber Zugfahren steht schon auf dem Plan. Daheim, in Hördt. „Ich bin Modelleisenbahner. N-Spur.“ Vor allem die Elektronik hat es ihm angetan. „Die erste Steuerung habe ich noch selbst gebaut.“ Die Gleise sind mittlerweile digitalisiert, damit die alten Loks noch darauf fahren können. Die erste hat er übrigens vor mehr als 40 Jahren von seiner Frau bekommen, eine BR01. Und noch ein weiteres Hobby will er wieder aufleben lassen: das Fotografieren. „Ich komme noch aus der Rolleiflex-Welt“, erzählt Krost. Statt der alten Sammlerstücke nutzt er nun aber natürlich eine digitale Kamera – die kam auch in der Schule, bei Theateraufführungen zum Beispiel, oft zum Einsatz. Vor Langeweile hat der 62-Jährige keine Angst. „Ich bin nicht fremdbestimmt und mache meine eigenen Pläne“, sagt er. Das Kochen werde er zu Hause übernehmen, seine Frau arbeite noch. Und viel Radfahren will er. „Im letzten Jahr sind wir 2000 Kilometer gefahren. Die Bewegung an der frischen Luft ist super.“ Die Kollegen, die Schüler, die Lebendigkeit der Schule, das tägliche Gewusel – das alles wird Heinz Krost vermissen, sagt er. „Es war ein guter Job. Wegen der Vielfalt und der Freiräume. Man hat Gestaltungsspielraum.“ Und nach all den Jahren kann Heinz Krost eines mit Nachdruck sagen: „Der Schulleiter-Job ist der geilste Job der Welt“.

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