Rhein-Pfalz Kreis Erinnerung wach halten

91-95812196.jpg

LIMBURGERHOF. Folie bedeckt den gesamten Acker im Süden von Limburgerhof-Kohlhof, darunter wächst frisches Grün. Spaziergänger und Radler kommen vorbei und genießen die frühlingshaften Temperaturen. „Man kann sich doch gar nicht mehr vorstellen, dass hier das brennende Flugzeug lag und sieben Menschen gestorben sind“, sagt Erik Wieman. Der Mitgründer der Interessengemeinschaft (IG) Heimatforschung steht am Feldrand und deutet in die Mitte des Ackers. Hier haben der Waldseer, sein Mitstreiter Peter Berkel aus Schifferstadt und ihre Helfer im vergangenen Frühjahr zwei Monate lang das Gelände akribisch abgesucht und mehr als 2000 Teile des abgeschossenen Flugzeugs gefunden und gesichert (wir berichteten am 13. Juli 2016). „Bis hier vorne am Weg haben die Teile gelegen“, sagt der 48-jährige Niederländer, der seit mehr als 20 Jahren in der Pfalz lebt. Teilweise habe man sie einfach aus dem Boden klauben können, aber die Männer waren auch mit ihren Metalldetektoren unterwegs und fanden so auch kleinste Teile. „Die Maschine ist da vorne an der Straße runtergegangen und dann hier entlang geschlittert“, hat Wieman die Spuren nach der Verteilung der gefundenen Trümmer gedeutet. Die Funde sind alle beim Landesdenkmalamt in Speyer gelandet, denn die IG Heimatforschung ist ehrenamtlich für die Generaldirektion Kulturelles Erbe tätig. Nicht alle Funde waren ungefährlich – der Kampfmittelräumdienst musste anrücken, um Munitionsreste zu bergen. Zeitzeugen ist es zu verdanken, dass die Trümmerteile der Maschine gefunden wurden. Denn sie hatten sich auf einen Aufruf der Heimatforscher in der RHEINPFALZ gemeldet und den genauen Unglücksort beim Kohlhof genannt. Der britische Bomber vom Typ Stirling Ef 129 hatte an dem verheerenden Luftangriff in der Nacht vom 5. auf 6. September 1943 teilgenommen, bei dem weite Teile von Ludwigshafen und Mannheim zerstört wurden. Dabei war die Maschine selbst von der Flugabwehr schwer getroffen worden und tauchte plötzlich bereits lichterloh brennend über den Gehöften von Rehhütte und Kohlhof auf, wie die Zeitzeugen berichteten. Erneut wurde der Bomber beschossen, zerbrach in der Luft und stürzte auf jenen Acker. Die brennenden Trümmer lagen weit verstreut, ebenso die Überreste der siebenköpfigen Besatzung. Die Männer – fünf Briten, ein Kanadier und ein Neuseeländer – wurden geborgen, zunächst auf dem Friedhof in Limburgerhof beerdigt und nach dem Krieg – 1948 – dann exhumiert und auf dem Alliierten Friedhof Rheinberg bei Duisburg bestattet. Überhaupt: Die Absturzstelle und die Wrackteile zu finden und zu dokumentieren ist eine Sache. Mindestens ebenso wichtig ist Wieman, über das Schicksal der Menschen aufzuklären, die ums Leben gekommen sind, und Kontakt mit deren Nachkommen aufzunehmen – auch um eventuell gefundene persönliche Gegenstände der Opfer zu übergeben. Und damit waren er und seine Helfer im Falle der Stirling sehr erfolgreich. Denn inzwischen besteht Kontakt zu den Familien aller sieben Besatzungsmitglieder. Wieman ist sogar am Rememberance Day, bei dem in den Commonwealth-Staaten der Opfer der Weltkriege gedacht wird, auf Einladung der Familie Renton ins britische Yorkshire gereist. Sergeant Reginald James Renton war der Bombenschütze gewesen. Und Wieman und Berkel hatten ein Bauteil der Maschine gefunden, das nur er bedient haben kann. Nach einem Gottesdienst im Heimatort der Familie Renton übergab Wieman das Teil mit einer entsprechenden Plakette an die Tochter und die Enkel des Briten. Ein Verwandter des neuseeländischen Navigators Leo F. Harris war ebenfalls nach England gekommen und erhielt von Wieman ein Fundstück, das an Harris erinnert. Auch zu den Familien der anderen Besatzungsmitglieder besteht Kontakt. Zuletzt, erst in diesem Jahr, wurde durch einen Aufruf in einem kanadischen regionalen Fernsehsender, dem Wieman ein Interview gab, die Nachkommen von Sergeant Hugh MacMillan gefunden. Einige Nachkommen der toten Soldaten wollen am 5. August sogar von weit her nach Limburgerhof kommen. Dann soll unmittelbar an der Absturzstelle ein Gedenkstein eingeweiht werden, der an den Absturz und die Gefallenen erinnert. der Termin steht fest, Limburgerhofs Bürgermeister Peter Kern (SPD) ist da mit im Boot, sagt Wieman. Es geht auch noch um den genauen Standort des Steins am Acker, möglichst nah am Feldweg. Die Geschehnisse und die Opfer nicht vergessen lassen – das ist Motivation für die Heimatforscher. „Da müssen wir uns beeilen, es gibt ja kaum noch Zeitzeugen“, sagt Wieman, und die waren gerade im Fall des Stirling-Absturzes sehr wichtig, um die Geschichte zu rekonstruieren. Und, so sagt der Waldseer schmunzelnd, es sei ein gesundes Hobby: „Man ist viel an der frischen Luft.“ Kontakt Die Interessengemeinschaft Heimatforschung nimmt Hinweise auf Absturzstellen oder andere geschichtliche Zeugnisse sowie Zeitzeugenberichte entgegen: Erik Wieman, Telefon 06236/55152, mobil 0173/8241746, E-Mail erik.wieman@gmail.com , oder Peter Berkel, Telefon 06235/4554748, mobil 0170/1415798, E-Mail peter.berkel@gmx.de. Im Netz: www.ig-heimatforschung.de.

91-95812195.jpg
91-95656427.jpg
x