Rhein-Pfalz Kreis Großes Kino für Heimatbewusste

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HEUCHELHEIM. Wer hätte das gedacht? Mehr als 100 Heuchelheimer wollten sich am Dienstagabend in ihrer Mehrzweckhalle einen fast 50 Jahre alten Amateurfilm über das 1200. Dorfjubiläum anschauen. Okay, Torben Klink hatte sich gedacht, dass es voll werden könnte, aber Frank Klingel und ehrlich gesagt auch die RHEINPFALZ waren hinsichtlich des öffentlichen Interesses skeptisch gewesen.

Der Beigeordnete Klink und der Bürgermeister Klingel (beide FWG) wollten die Heuchelheimer genau ein Jahr vor der 1250-Jahr-Feier, die gerade akribisch vorbereitet wird, in Jubiläumsstimmung bringen. Um es gleich vorweg zu nehmen: Es ist ihnen gelungen. Nach der gut einstündigen Veranstaltungen mit bewegten Bildern und alten Fotos wollten die Wenigsten einfach so nach Hause gehen. Und die Wirtsleute aus der angrenzenden Ratsstube hatten wider Erwarten doch ganz gut zu tun, um gezapfte Bierchen herüberzubringen. Den Schmalfilm im Super-8-Format hatte Max Schmalenbeck senior seinerzeit gedreht, um der Nachwelt das Dorfjubiläum 1967 in Erinnerung zu halten. „Das war der neueste Stand der Technik“, sagt seine Tochter Monika Held und erzählt, dass der Film in den Jahren und Jahrzehnten danach so oft gezeigt wurde, dass er irgendwann ziemlich ramponiert war. „Mein Vater hat ihn der Gemeinde übergeben, und vor einigen Jahren ist der Film dann digitalisiert worden.“ Dabei sei leider die Tonspur verloren gegangen, sagt Frank Klingel. Oder es hat nie eine gegeben, wie auch vermutet wird. Was die Zuschauer am Dienstag zu sehen bekamen, war lustig und zugleich anrührend. Männer in weißen Hemden sitzen da, trinken und sprechen offenbar darüber, wie sie das große Fest angehen wollen. Dann sieht man das Dorf von allen möglichen Seiten: einen großen Baum, den es heute nicht mehr gibt, die Landstraße, das Bürgerhaus, in dem mal die Schulkinder lernten, Häuser und Höfe. Und Menschen, von denen viele schon gestorben sind. „Guckemol, die Kinnerschees!“, ruft jemand begeistert über einen Kinderwagen-Oldtimer. Andere bekommen glänzende Augen angesichts der damals modernen Autos und Traktoren. Immer wieder heißt es: „Ist das net de alt Binder, de Braune Fritz, de Heilmann Otto, de Schneider Emil ...?“ Dann taucht „de rote Richard“ auf, Bürgermeister Richard Schreiber, in dessen Amtszeit die 1200-Jahr-Feier fiel. Einen dicken Schnurrbart hat er sich angeklebt, und jetzt wird er geschminkt, so wie etliche andere Männer auch. Sie sind für den kurz bevorstehenden Festumzug in altertümliche Kostüme geschlüpft. Als der Zug startet, ist das ganze Dorf im Sonntagsstaat uff de Gass. Kutschen, Fanfarenzüge, Turnermädchen und Motivwagen ziehen an der Kamera von Max Schmalenbeck vorbei, und man kann nur staunen, was den Heuchelheimern sowie den Leuten aus den Nachbardörfern damals alles eingefallen ist. Ob der Umzug im Mai 2017 auch so spektakulär wird? Falls nicht, ahnt man beim Schauen des Film aber schon warum. „Domols gab’s noch net all die Sicherheitsbestimmunge fer en Kerwewache“, ruft jemand, als eine Rolle ganz ohne Geländer zu sehen ist, auf der drei Männer im Stroh die Dreschflegel schwingen. Am morgigen Freitag trifft sich die Arbeitsgruppe „Festumzug“, um Ideen für den Jubiläumslindwurm zu entwickeln. Schmalenbecks Film endet mit Aufnahmen eines Fußballspiels, einer Fotoausstellung und eines von Reden und Grußworten umsäumten Festbanketts. „Wir möchten den Film vertonen“, sagt Bürgermeister Klingel und bittet alle Heuchelheimer, die sich noch an die Zeit damals erinnern können, Informationen zu den gezeigten Dorfansichten und Szenen beizusteuern. Der inoffizielle Archivar der Gemeinde, Ewald Brenner, der am Dienstagabend den Film und die anschließende Dia-Show mit privaten Fotos vom Jubiläum 1967 gezeigt hat, äußert ebenfalls eine Bitte: Er sammelt Bildmaterial über das Dorf Heuchelheim im Wandel der Zeit. Tausende von Fotos hat er schon, doch er will noch mehr. Zum Schluss zählt Frank Klingel noch mal alle Veranstaltungen auf, die fürs nächste Jahr geplant werden, und verkündet mit Stolz eine Neuigkeit: Landrat Clemens Körner (CDU) war kürzlich persönlich vor Ort und hat den Heuchelheimern Jubiläumsmachern unter anderem seine Schirmherrschaft und die Teilnahme am Umzug versprochen. (ww)

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