Rhein-Pfalz Kreis Hotelpläne überraschen

Familie Darstein will ihr Hotel erweitern. Dazu will sie einen Anbau und ein neues Gebäude errichten. In das neue Gebäude soll e
Familie Darstein will ihr Hotel erweitern. Dazu will sie einen Anbau und ein neues Gebäude errichten. In das neue Gebäude soll ein »Schießkino«.

«Altrip.» Was haben die Darsteins genau vor? Diese Frage beschäftigt die Menschen in Altrip. In der Sitzung am Mittwoch war der Ratssaal brechend voll, viele Zuhörer mussten sogar stehen. Das passiert selten und belegt das große Interesse an dem Vorhaben. Zunächst hatte die Hotelfamilie ihre Absichten vergangenes Jahr bei der Kreisverwaltung vorgestellt – nicht öffentlich. Bei diesem Gespräch waren Ortsbürgermeister Jürgen Jacob und einige weitere Vertreter der Kommune dabei. In den folgenden Monaten verlangten Altriper Rats- und Ausschussmitglieder wiederholt, dass der Hotelier ihnen seine Pläne ebenfalls erläutert. Dagegen sträubte er sich lange, als er schließlich einwilligte, geschah auch dies hinter verschlossenen Türen. Nun also präsentierte Marc Christmann vom Planungsbüro Modus Consult aus Karlsruhe zum ersten Mal öffentlich einen Vorentwurf für das Projekt. Und der hatte es in sich. Der Anbau Das Hotel soll an der Nordseite ergänzt werden. Der Anbau beschreibt einen kleinen Knick nach Nordwesten in Richtung Hochzeitsinsel und soll in Höhe sowie Bauweise dem vorhandenen Gebäude entsprechen. Darin sind Tagungs- und Übernachtungsmöglichkeiten sowie eine Terrasse vorgesehen. Der Parkplatz östlich des Hotels soll um 75 auf dann 175 Stellplätze erweitert werden, von denen ein Teil mit einem Carport überdacht werden soll. Der Neubau Es ist die wohl größte Überraschung: Im Süden des fast vier Hektar großen Darstein-Geländes soll an der Grenze zum Campingplatz ein Neubau mit einer Grundfläche von 18 mal 42 Metern entstehen. Im Erdgeschoss ist eine fünf Meter hohe Garage geplant, in der große Fahrzeuge wie ein Traktor oder Lkw abgestellt werden können. Im ersten Obergeschoss soll eine Indoor-Schießanlage – Christmann sprach auch von einem Schießkino – untergebracht werden. Darüber sind Personalwohnungen angedacht – entweder auf einem Geschoss oder auf zweien. Der Neubau soll genauso hoch werden wie das Hotelgebäude. Zur Lärmprognose verwies Christmann auf die Berechnungen eines Schallgutachters. Als Grundlage habe dieser einen Samstag angenommen, den Wochentag mit dem meisten Betrieb. Der Experte sei tagsüber von 160 Autofahrten und nachts von deren zehn ausgegangen sowie von 200 Gästen, die sich auf der Terrasse aufhalten. Die zulässigen Werte von 55 Dezibel am Tag und 40 in der Nacht würden demnach eingehalten. Einzige Ausnahme: Zum Campingplatz im Süden hin würden sie um drei Dezibel überschritten, aber der Campingplatz komme ohnehin weg. Auf RHEINPFALZ-Nachfrage erklärte Jacob, der Campingplatz gehöre dem Rhein-Pfalz-Kreis und der Stadt Ludwigshafen. Diese hätten vergangenes Jahr überlegt, ihn vielleicht abzutreten, entschieden sei da aber nichts. „Doch was ich erst damals erfahren habe: Herr Darstein besitzt seit 2005 ein Vorkaufsrecht für dieses Gelände.“ Den Planentwurf kommentierte Jacob mit den Worten: „Das ist mittlerweile die dritte Version, die ich zu Gesicht bekomme, und keine davon ist mit den anderen vergleichbar.“ Die Kritik Jürgen Jacob merkte an, dass die Umgebung des Hotels nicht nur an Samstagen ein Naherholungsgebiet sei, sondern das ganze Jahr über. Nach Kenntnis der Kommune solle künftig im nördlichsten Zipfel, quer gegenüber der Wochenendhäuser, Baumstämme zu Holzhackschnitzeln verarbeitet werden. Davon wusste wiederum Planer Christmann nichts – ihm sei nur bekannt gewesen, dass dort Holz angeliefert und aufbewahrt werden soll. Bei der Lärmberechnung sei dieser Aspekt daher nicht berücksichtigt worden. Richard Olf (SPD) sagte zu Christmann: „Sie haben das Vorhaben in einem allgemeinen Wohngebiet platziert. Es ist aber keins und wird es nie werden.“ Die Nachbarschaft sei ein reines Wohngebiet, für welches niedrigere Grenzwerte gelten würden, fügte Bauabteilungsleiter Frank Juchem von der Verwaltung der Verbandsgemeinde Rheinauen hinzu. Christmann erklärte, dass es für Campingplätze keine Richtlinien gebe. Deshalb seien behelfsmäßig die Werte für ein allgemeines Wohngebiet herangezogen worden. Friedrich Späthe (CDU) erinnerte an das nahe Vogelschutzgebiet, für das Grenzwerte festgeschrieben seien und das sich im Wirkungsbereich des Hotels befinde, auch wenn es nicht direkt angrenze. Wurden die Lüftungsanlagen und Feuerwerke bedacht? Die Windrichtungen? Die Ausbreitung des Schalls über Boden und Wasser bis zum Schutzgebiet? „Viele Werte erscheinen mir nicht plausibel“, sagte er und forderte die Herausgabe des Schallgutachtens. Das sicherte ihm Christmann zwar zu, aber es sei noch nicht fertig. Armin Grau (Grüne) kamen die Umweltbelange zu kurz, etwa wie sich Flora und Fauna entwickeln, wenn das Hotel sich vergrößert. Seine Parteikollegin Christa Neureuther interessierte, was es mit der Schießanlage auf sich habe und mit welchen Waffen dort geschossen werde. Hans-Peter Peters (CDU) äußerte allergrößte Bedenken wegen der Verkehrssituation: „Diese Größenordnung verschlägt mir die Sprache. Das hat mit der Ursprungsplanung von 2017 überhaupt nichts mehr zu tun.“ Der neue Entwurf werfe unzählige Fragen auf. Um darüber entscheiden zu können, benötige der Rat noch viele Informationen. Sozialdemokrat Olf befand ebenfalls: „Da werden gegenüber dem letzten Plan ganz neue Dimensionen erreicht. Darüber müssen wir uns noch einmal Gedanken machen, und zwar gewaltig“, sagte er. Juchem regte an, den Hotelbetreiber einzuladen, damit er persönlich die Einzelheiten erläutern kann. Auch Ortsbürgermeister Jacob sah erheblichen Beratungsbedarf. „Das können wir nächste Woche nicht entscheiden. Das ist im Grunde ja ein ganz neues Projekt“, sagte er. Sein Vorschlag: Das Thema von der Tagesordnung der nächsten Ratssitzung am 20. Juni nehmen und nach der Sommerpause erneut behandeln. Damit waren alle einverstanden.

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