Rhein-Pfalz Kreis Probefahrt mit Bagger

12 Uhr mittags in Altrip: Das Fährschiff soll die entscheidende Testfahrt antreten.
12 Uhr mittags in Altrip: Das Fährschiff soll die entscheidende Testfahrt antreten.

«Altrip.»High Noon – um 12 Uhr mittags kann es selbst in Altrip spannend werden, auch wenn Jürgen Jacob nicht Gary Cooper ist. Der Ortsbürgermeister und Geschäftsführer der Rheinfähre Altrip zeigt sich vor der entscheidenden Testfahrt gestern zwar mindestens ebenso cool wie der Filmheld, aber er ist kein einsamer Marshal. Die komplette Crew der Fähre ist an Bord, um mitzuerleben, ob das Anlegen am Mannheimer Ufer auch mit einem Schwergewicht an Bord funktioniert: Der Bagger von David Harde ist bereits über den Anleger gerollt und steht jetzt mitten auf dem Schiff. 27 Tonnen wiegt das Gerät, etwa so viel wie 20 Autos. „Wir imitieren damit eine volle Fähre“, sagt Patrick Fassott von der Verbandsgemeindeverwaltung, in dessen Verantwortungsbereich die Fähre fällt. Und dann fängt der Boden an zu beben. Der Motor läuft. Die Glocken im Kirchturm schlagen. High Noon. Am Sonntag wird die Fähre nicht erst zur Mittagszeit Fahrt aufnehmen. Morgen soll sie ganz regulär ab 8 Uhr in Betrieb gehen – nach 44 Tagen Stillstand. Am 13. Oktober hatte das Niedrigwasser des Rheins die Verantwortlichen gezwungen, die Fahrten zwischen Altrip und Mannheim einzustellen. Der Pegelstand damals: 1,13 Meter. Inzwischen liegt er bei 90 Zentimetern. „Ich hätte nie gedacht, dass ich mir mal Regenwetter herbeisehnen würde“, sagt Jacob und blickt in den stahlblauen Himmel. Die einzigen Wolken, die dort zu sehen sind, produziert das Großkraftwerk. Vor dieser Kulisse vollzieht sich kurz nach zwölf das Anlegemanöver – und es gelingt. „Wir haben genug Luft unter dem Antrieb, jetzt bin ich beruhigt“, stellt Jacob fest. „Die Arbeit hat sich gelohnt.“ Das Lob geht an Betriebsleiter Ralf Chevalier und seine Mannschaft, die im Übrigen schon zuvor einige Testfahrten absolviert hat. Das Fahren in der Badewanne, wie Jacob witzelt, muss tüchtig geübt werden. Der Blick ins Wasser zeigt, dass der Rhein nicht mehr wirklich Tiefgang hat. Große Steine am Grund sind bestens sichtbar. Deshalb also auch der Baggertest. „Wir mussten ja wissen, ob es mit Ladung klappt“. Der Rheinfähren-Chef ist zufrieden und macht Fotos. So ein Wahnsinns-Panorama gibt es nicht alle Tage. Sonnenschein auch auf den Gesichtern der Fährführer, die sich freuen, dass der Betrieb weiter geht. Dass sich der Umbau in Zusammenarbeit mit einer Flussbaufirma auf Mannheimer Seite gelohnt hat. Der Rampenwagen liegt dort jetzt 25 Zentimeter tiefer. Ein Anlegen der Fähre bei so wenig Wasser ist so erst möglich. Sonnenschein auch bei David Harde, sein Bagger kommt wohl wieder heil ans Pfälzer Ufer. Drei Wochen lang hat er damit über 5000 Tonnen Kies aus dem Rhein gebaggert – damit das Fährschiff auf Altriper Seite nicht einfach stecken bleibt. Sonnenschein statt Regenwetter, in diesem Fall will es Jürgen Jacob gelten lassen. Er ist stolz, was seine Leute in den vergangenen Wochen geschafft haben. Seine Miene trübt sich erst ein, als er an die Kosten denkt – der Ausfall, der Umbau. „Vorsichtig geschätzt müssen wir da insgesamt mit 200.000 Euro rechnen.“ Dafür muss der Fährbetrieb im kommenden Jahr nicht mehr für einen Werftaufenthalt pausieren. „Die Wartungsarbeiten haben wir jetzt während des Stillstands erledigt.“ Die Rückfahrt läuft entspannt und Jürgen Jacob ist nicht mehr so sehr im Beobachtungsmodus. Er denkt an die Zukunft und an das neue Fährschiff, das angeschafft werden soll (wir berichteten). „Beim Stichwort Wasserknappheit hat man früher an Afrika gedacht, jetzt trifft es uns. Die neue Fähre wird deshalb auf jeden Fall ein Flachwasserschiff.“ Der Tiefgang soll reduziert werden, das steht bei den Planungen ganz oben, Das jetzige Modell misst leer 80 und geladen 90 Zentimeter. Die Zukunftsmusik wird prompt von einem Brummen des Motors übertönt. Die Fähre hat angelegt. Die entscheidende Testfahrt ist beendet. Siegreich. High Noon.

x