Rhein-Pfalz Kreis Vier Jahrzehnte Theater zum Mitdenken

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Mit einem Festakt feiert die Laienspielgemeinschaft Beindersheim (LSG) am morgigen Samstag ihr 40-jähriges Bestehen. Spielszenen des Ensembles, eine Festrede und Auftritte professioneller Gastkünstler versprechen einen unterhaltsamen Jubiläumsabend im Bürgerhaus Heßheim.

Die Laienspielgemeinschaft ist 1975 aus der Theatergruppe des Angelsportvereins Beindersheim hervorgegangen. Vorsitzender seit der ersten Stunde ist Herbert Hügenell. Der gelernte Kaufmann war in der Theaterarbeit Autodidakt und als Schauspieler, Regisseur und Prinzipal aktiv. Nach seinem Bühnenabschied im März ist er hinter den Kulissen als Regisseur, Schauspiellehrer, in der Jugendarbeit und als Rezitator tätig. Schon früh vertrat die LSG den Anspruch, mehr zu machen als vordergründige Unterhaltung mit Schwänken oder Boulevard. Klassiker wie „Der Biberpelz“ von Gerhart Hauptmann oder „Nora“ von Henrik Ibsen sowie Stücke von Kleist, Tschechow oder Allen standen auf dem Programm. Theater zum Mitdenken mit Bildungsanspruch. „Wir wollen mit unserer Arbeit ein wenig die Gesellschaft verändern.“ Auch nach 40 Jahren hält LSG-Kopf Hügenell an dieser selbst gewählten Aufgabe fest. Oft hat sich die Gruppe eingemischt, Position bezogen, mit Benefizveranstaltungen anderen geholfen. Gespielt wurde zugunsten von Beindersheimer Brandopfern und für das SOS-Kinderdorf Eisenberg. Als Inklusion noch kein Thema war, machte die LSG Theater mit hörsprachbehinderten Jugendlichen des Pfalzinstituts. Später spielte man – Drohanrufen zum Trotz – Theater gegen rechte Gewalt. Die Aktion „Jung und Alt: Zusammenhalt“ brachte dem Verein einen Preis der Kreissparkasse Ludwigshafen ein. Und bereits 1977 machte sich die LSG mit selbst gebastelten Autoaufklebern und dem Spruch „Mein Freund ist Ausländer“ stark für eine Willkommenskultur. Unter den rund 60 Vereinsmitgliedern sind auch Beindersheimer Flüchtlinge. Aufwendigstes Projekt in 40 Vereinsjahren war die Aufführung des „Jedermann“ 2000: „Schon als Kind habe ich mir vorgestellt, den Jedermann einmal vor der Heilig-Kreuz-Kirche in Beindersheim zu sehen“, erinnert sich Hügenell. Wahr wurde der 52.000 Mark teure Traum zum 25. Vereinsjubiläum mithilfe von Sponsoren. Dass solche goldenen Zeiten vorbei sind, erlebt die LSG zurzeit: Der Ausfall von Sponsorengeldern, die Kürzung von Zuschüssen und auch die Umstände der Verlegung des Kulissenlagers nach Großniedesheim haben den Verein in Existenznot gebracht. Und: Freiwillige zu finden, die sich ohne Bezahlung ehrenamtlich engagieren, werde immer schwieriger. Gern würde der Vorsitzende die Verantwortung für die LSG in andere Hände geben, aber ein Nachfolger sei nicht in Sicht. In den kulturell tätigen Vereinen gehe der Trend weg von kontinuierlicher Vereinsarbeit hin zu temporären Projekten, beobachtet Herbert Hügenell, der sich ein Vereinsrecht wünscht, das den gesellschaftlichen Entwicklungen angepasst ist. Dazu gehört seiner Ansicht nach eine neue Definition von Ehrenamt und Aufwandsentschädigung sowie ein Nachdenken darüber, ob gewisse Arbeiten, zum Beispiel Marketing und Werbung, gegen Bezahlung an externe Helfer abgegeben werden dürfen. Im Jubiläumsjahr stehen noch drei Veranstaltungen an: „Heldinnen“, ein Abend mit Schauspiel, klassischem Gesang und Musik am 3. Oktober, das Kabarettprogramm „Reine Nervensache“ am 6. November und der „Adventszauber“ am 29. November in Beindersheim. Ihre zehnjährige Gastspiel-Tradition in Polen will die LSG im Frühjahr 2016 wieder aufgreifen mit einem Theaterabend deutscher und polnischer Jugendlicher in der Woijwodschaft Oppeln.

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