Rhein-Pfalz Kreis „Wir hätten gern weitergemacht“

SCHIFFERSTADT. Bald sollen in der Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (AfA) im Schifferstadter Industriegebiet Süd die Tore geschlossen werden. Angesichts der derzeit abgeebbten Zuwanderung wird die frühere Süßwarenfabrik, wie mehrfach berichtet, nicht mehr gebraucht. Der evangelische Kirchenpräsident Christian Schad und die scheidende Integrationsministerin Irene Alt (Grüne) haben sich gestern vor Ort umgeschaut, mit Helfern und Bewohnern gesprochen und sich deren Sorgen angehört.

Der Termin war schon lange vor Bekanntwerden der Schließungspläne vereinbart, sagt Schad. Er wolle alle großen Einrichtungen für Flüchtlinge im Gebiet der pfälzischen Landeskirche besuchen. Die Ministerin hat sich ihm in ihrer letzten Amtswoche angeschlossen. Und sie erfährt, dass die Haupt- und Ehrenamtlichen vor Ort, ebenso wie die Bewohner, nicht glücklich sind über die Schließung der Erstaufnahme-Einrichtung. „Das ist für uns ganz schlimm, wir hätten gern weitergemacht“, sagt Monika Kreitmann von Kreisverband Vorderpfalz des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). „Ein bisschen wie Familie“, der Titel des RHEINPFALZ-Artikels über die Einrichtung (Ausgabe 7. Mai), beschreibe die Atmosphäre vor Ort, betont sie ebenso wie Tristan Kempe, der die Einrichtung für das DRK leitet. Freundschaften seien entstanden, ein enger persönlicher Bezug sei da und es gebe viele engagierte Helfer. Laut Irene Alt gibt es 24 Landeseinrichtungen mit 13.000 Plätzen zur Aufnahme von Flüchtlingen in Rheinland-Pfalz,. Sie wurden eingerichtet vor dem Hintergrund der Flüchtlingszahlen des vergangenen Jahres. Diese sind nun zurückgegangen. Nach einem Stufenkonzept soll die Anzahl daher auf acht Einrichtungen reduziert werden – und Hallenunterbringungen, wie die in Schifferstadt, werden als erste stillgelegt. „Sie sind nicht so geeignet“, zum Beispiel wegen des Mangels an Privatsphäre, betont Alt. Dass eine noch gar nicht in Betrieb genommene Stätte wie im südpfälzischen Herxheim „auf Standby“ behalten werde und eine bereits laufende wie in Schifferstadt schließe, sei daher kein Widerspruch. Die Außenstelle ist seit 22. Dezember in Betrieb. Sie wurde für rund 900 Geflohene ausgelegt. 340 waren hier gleichzeitig untergebracht, jetzt sind es noch 120. Dass diese Menschen auf Kommunen verteilt werden, könne dann auf einmal sehr schnell gehen, sagt Kreitmann. Bereits jetzt werden keine Neuankömmlinge mehr hier untergebracht. Der Mietvertrag zwischen Land und Inhaber laufe jedoch bis Oktober 2018, sagt die Ministerin, während die Verträge mit den Beschäftigten am Jahresende auslaufen. Das Land hatte die Immobilie der Stadt zur Weiternutzung angeboten, doch die hat, wie berichtet, abgewinkt. Auf die Tatsache, dass in der Aufnahmeeinrichtung in Speyer Kapazitäten frei seien, während in Ludwigshafen auf dem Messplatz eine neue Halle für Aslysuchende gebaut werde, weist Steffen Renner, Leiter der Speyerer Einrichtung, hin. Die Kommunen könnten kooperieren und sich absprechen, antwortet Alt. Das sei aber nicht geschehen. Christian Schad erinnert daran, dass immer noch Millionen auf der Flucht seien, Die Schließung der Westbalkanroute bringe nichts und löse keine Probleme: „Wir müssen zu einer europäischen Einigung und einer gerechten Verteilung der Menschen kommen“. Er dankt allen Helfern, die sich mit viel Engagement kümmerten. Kontakte knüpfen und persönliche Beziehungen herstellen sei das beste Mittel gegen Vorurteile und Ängste. Schad verweist auch auf die Anstrengungen, die die Kirche in Sachen Integration unternimmt. Schad und Alt, begleitet unter anderem vom Integrationsbeauftragten der protestantischen Landeskirche, Reinhard Schott, und der Schifferstadter Pfarrerin Barbara Abel, lassen sich die mit Planen abgeteilten Unterkünfte zeigen, besichtigen Kinderstube und Kleiderkammer, Kiosk und „Unterrichts“-Räume. Stellwände mit Fotos dokumentieren gemeinsame Aktivitäten. Ibrahim Ali und Mourad Samir, beide vor rund 30 Jahren aus dem Libanon geflohen und ehrenamtliche Sprachvermittler in der AfA, übersetzen im Gespräch mit den Bewohnern, Als Ali beim Grillfest vor einer Woche im Namen der Flüchtlinge eine Rede hielt, seien viele Tränen geflossen, erzählt er. Beim Rundgang gestern ist Sarah immer dabei. Die 13-Jährige aus dem syrischen Aleppo, die mit Eltern und ihren beiden Brüdern dem Bürgerkrieg entronnen ist, „ist mein Schatten“, sagte Monika Kreitmann lachend, „und ein Sonnenschein“. Ihre Deutschkenntnisse sind nach drei Monaten schon gut, ebenso die ihres Bruders Mohamad, der seine Heimat drei Monate vor dem Abitur verlassen musste. Apotheker will er werden, Lehrerin seine kleine Schwester. Wo sie demnächst leben werden, wissen sie noch nicht.

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