Speyer Überblick über die Finanzen verloren

Nur gut eine halbe Stunde dauerte gestern die Verhandlung vor dem Schöffengericht des Amtsgericht Speyer wegen Untreue. Dabei ging es um erhebliche Summen, die unrechtmäßig den Besitzer gewechselt hatten. Ein 60-jähriger Speyerer wurde zu einer Strafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt.

Der Mann war angeklagt, zwischen dem 2. Juni und 28. August 2014 in acht rechtlich selbständigen Handlungen Beträge zwischen 1000 und 40.000 Euro, rund 190.000 Euro in der Summe, einem Geschäftskonto entnommen und für private Schuldentilgung genutzt zu haben. Der gelernte Bankkaufmann, der von Rechtsanwalt Achim Flauaus (Bensheim) verteidigt wurde, war lange in Finanzierungsunternehmen tätig und verdiente gut. Trotzdem hatte er im Laufe mehrerer Jahrzehnte einen sich stets vergrößernden Schuldenberg von zum Schluss mehr als einer Million Euro aufgehäuft. Wie er das geschafft hatte? „Das weiß ich selbst nicht so genau“, sagte er. Er hat nie einen luxuriösen Lebensstil gepflegt, es gab weder teure Urlaube noch teure Hobbys, und er ist auch nicht spielsüchtig. „Das, was man Schuldenfalle nennt, da bin ich hineingeraten.“ Es fing alles damit an, dass er für seine Familie ein Haus gekauft hatte – kein Schloss, sondern ein gutbürgerliches Reihenhaus. Die Finanzierung war kein Problem, das Darlehen bekam er ohne Schwierigkeiten. Schwierigkeiten bekam er jedoch mit Zinsen und Abzahlung – er schaffte es nicht. Daraufhin kaufte er eine Eigentumswohnung, um Steuern zu sparen und „umzuschulden“, wie er informierte. Wiederum hatte er kein Problem, das notwendige Geld per Darlehen aufzutreiben. Bei seinem Verdienst, habe er gedacht, sei er schnell aus dem Gröbsten raus. So war es aber nicht. Auch ein beruflicher Auslandsaufenthalt verbesserte nichts, im Gegenteil. „Ich hab jeden Monat draufgelegt“, sagt der Mann heute. Er stieg vorzeitig aus. Eine Zeit lang arbeitete er selbständig, seine Schulden vermehrten sich um Steuerforderungen. Stets war er jedoch nach eigenem Bekunden überzeugt, dass der finanzielle Engpass nur vorübergehend bestehe. „Ich habe mir was vorgemacht“, sagt er heute, „hätte ich nur früher Hilfe gesucht.“ Er kaufte noch ein Haus, um wiederum umzuschulden, renovierte, verkaufte es wieder. Die Schulden wurden nicht weniger. Eine erhebliche Provision blieb aus, mit der er fest gerechnet habe. Als es 2014 besonders eng wurde, kam ihm ein Zufall zu Hilfe: Auf ein von ihm betreutes Konto wurden überraschend hohe Beträge eingezahlt. Er entnahm laut Beweisaufnahme Beträge in der Überzeugung, in zwei Wochen zurückzahlen zu können. Er konnte es natürlich nicht. Endlich offenbarte er sich seinem Vorgesetzten und später der Polizei. Beides, zusammen mit der Offenheit des Mannes im Verfahren, wirkte sich strafmildernd aus, außerdem das Fehlen von Vorstrafen. Staatsanwalt und Verteidigung waren sich übers Strafmaß einig: Eine Gesamtstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. „Einer der wenigen Fälle, bei denen man sich punktgenau trifft“, so Verteidiger Flauaus. Richterin Alexandra Umealo-Wells folgte in ihrem Urteil dem Vorschlag. (adö)

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