Speyer Ein weites Feld

Unbeirrt: Karlheinz Adam und seine Familie – Frau Ingrid sowie die beiden Kinder Sarah und Lukas – wollen um den Acker zwischen
Unbeirrt: Karlheinz Adam und seine Familie – Frau Ingrid sowie die beiden Kinder Sarah und Lukas – wollen um den Acker zwischen Herxheim und Offenbach kämpfen.

Als Karlheinz Adam der Anruf des Bistums Speyer im Dezember 2016 erreicht, ist der Herxheimer in Trauer. Seine Mutter ist vor wenigen Tagen gestorben, nun erhält der Landwirt aus Herxheim die nächste schlechte Nachricht: Ein Mitarbeiter der Pfarrpfründestiftung – sie kümmert sich um die Liegenschaften des Bistums – teilt ihm mit, dass der Pachtvertrag für ein Ackergrundstück zwischen Offenbach und Herxheim vorzeitig aufgelöst werden soll. Begründung: Die Ölbohrfirma Engie, das französische Konsortium firmiert inzwischen unter dem Namen Neptune Energy Deutschland GmbH, möchte dort nach Ölreserven suchen. „Das Grundstück grenzt an meine eigenen Flächen, es hat einen sehr guten Boden“, sagt der 47-Jährige. Das Bistum habe versucht, über eine Klausel vorzeitig aus dem Pachtvertrag auszusteigen, um schneller verkaufen zu können. Doch das habe nicht funktioniert, weil die Frist nicht eingehalten worden sei, sagt Adam. Damit läuft sein Pachtvertrag weiter bis 2022. Dennoch hat Speyer das 20.000 Quadratmeter große Grundstück derweil an Neptune Energy verkauft. „Der normale Preis pro Quadratmeter liegt bei rund 2,10 Euro für dieses Grundstück. Die Kirche hat den Quadratmeter für etwa zehn Euro verkauft. Das ist unsittlich“, findet Adam. Recherchen der RHEINPFALZ bestätigen die Aussagen Adams. Die Kreisverwaltung Südliche Weinstraße hat den Deal zwischen Kirche und Ölbohrfirma nachträglich untersagt, um eine „ungesunde Verteilung von Grund und Boden“ zu verhindern, wie die Behörde auf Anfrage mitteilt. Sie beruft sich dabei auf das Grundstückverkehrsgesetz. Darin sei geregelt, dass landwirtschaftliche Grundstücke erhalten bleiben sollen, wenn Bauern diese nutzen wollten. Und in der Tat: Adam möchte das Grundstück nicht nur als Pächter nutzen, sondern sogar selbst kaufen. Neptune Energy hat gegen die Entscheidung vor dem Amtsgericht Landau geklagt; das Gericht entschied aber zugunsten der Kreisverwaltung. Der Fall wanderte ans Oberlandesgericht in Zweibrücken, das verwies den Streit wieder zurück ans Amtsgericht. Eine Entscheidung steht noch aus. Das Bistum Speyer hält sich auf Anfrage der RHEINPFALZ mit Aussagen zurück: „Die Pfarrpfründestiftung des Bistums Speyer wartet derzeit den Ausgang des gerichtlichen Verfahrens ab.“ Auch das Ölkonsortium will sich zum derzeitigen Stand des Verfahrens nicht äußern. Was hat Neptun Energy in Offenbach genau vor? 2013 hätten seismische Messungen Hinweise geliefert, dass es dort Erdöl gebe, teilt das Unternehmen mit. Deshalb wolle Neptune Energy gemeinsam mit der in Speyer ansässigen Palatina GeoCon GmbH & Co. KG dort innerhalb der kommenden Jahre Erkundungsbohrungen machen. Das genannte Grundstück sei dafür aus verschiedenen Gründen geeignet. Probebohrungen bedeuteten jedoch nicht, dass darauf automatisch eine Förderanlage folge, betont das Unternehmen. Sollte sich herausstellen, dass kein Erdöl gefördert werden könne, werde die Bohranlage demontiert und das Gelände wieder in seinen Ursprungszustand versetzt. Zudem habe es bis in die 1980er-Jahre hinein zehn Erdölbohrungen bei Offenbach gegeben. Neptune Energy ist in der Region kein unbekanntes Unternehmen. Das Konsortium möchte schon seit geraumer Zeit zwischen Otterstadt und Waldsee (Rhein-Pfalz-Kreis) nach Erdöl bohren. Derzeit läuft dafür ein Genehmigungsverfahren. Behörden prüfen nun, ob für das Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist. Gegen die Probebohrungen hat sich derweil eine Interessengemeinschaft gebildet. Deren Mitglieder fürchten nicht nur Lärm, sondern auch Luftverschmutzung. Im Fall von Karlheinz Adam ist Landrat Dietmar Seefeldt (CDU) eindeutig: „Der Landkreis SÜW hat ein hohes Interesse an einer guten wirtschaftlichen Entwicklung, was gleichermaßen für unsere landwirtschaftlichen Betriebe gilt. Dennoch dürfen mögliche Erdölbohrungen nicht überall stattfinden, erst recht nicht, wenn damit berechtigte landwirtschaftliche Interessen tangiert werden. Sicherlich wäre eine Erdölförderung inmitten wertvollen Ackerlands auch bei der Bevölkerung mit großen Sorgen und Ängsten verbunden.“ Adam kann immer noch nicht richtig glauben, was passiert ist: „Wir sind gute Katholiken, gehen regelmäßig in die Kirche. Deshalb enttäuscht mich die Sache umso mehr.“

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