Speyer „Nackig sind alle gleich“

Römerberg. Herr Will, die SunSeeBar ist ein Wohlfühlort, ab kommendem Samstag mit zusätzlichem Wellness-Element. Wo kommt die Sauna hin? Will: Na, hoffentlich ins Freie, wenn das Wetter mitspielt und es tagsüber schön heiß ist. Die eigentliche Sauna ist die Bühne, die steht dann abends aber drinnen. Aber apropos, braucht ihr dafür noch was, Thomas? Griesbeck: Im Prinzip reicht uns eine Euro-Palette. Die wird dann mit zwei Baustrahlern ausgeleuchtet. Hast du zufällig irgendwo eine rumfliegen? Will: Mist, vor ein paar Tagen hab’ ich gerade eine verschenkt. Herr Griesbeck, Ihre Comedy-Reihe wird an der Strandbar in Lambsheim bei Frankenthal bestens angenommen. Wieso nun Mechtersheim? Griesbeck: Dort sind wir wirklich ziemlich gut eingeschlagen, immer ausverkauftes Haus mit 150 bis 200 Leuten. Theo war bei einer Show zu Gast und hat mich danach direkt angesprochen. Will: Wir haben uns kaputt gelacht, später haben wir uns kurz unterhalten, dann war klar: Die Jungs passen auch super zu uns. Frankenthal und Bad Dürkheim ist Ihre Gegend, im Speyerer Raum sind Sie weniger unterwegs und bekannt. Will: Das wird sich ändern. Griesbeck: Das hoffe ich. Vom Dialekt her ist es glücklicherweise nicht so weit weg. Verstehen wird man mich auf jeden Fall. Und die anderen machen ihr Programm eh auf hochdeutsch. Wer sind die anderen? Mitveranstalter Dominique Crisand steht auch auf der Bühne ... Griesbeck: ... und liest aus seinem Klagebuch. Er regt sich über Gott und die Welt auf, er steigert sich total emotional in Alltagsthemen, die ihn beschäftigen, hinein. Außerdem tritt Daniel Wagner auf. Griesbeck: Er ist ehemaliger baden-württembergischer Meister im Poetry Slam und wurde Zweiter bei den deutschen Meisterschaften. Er bietet thematisch querbeet viel zum Lachen, beschäftigt sich mit Jugendsprache und nennt Todesanzeigen gern mal Rentner-Bravo. Und Tino Bomelino ... Griesbeck: ... ist der Skurrilste von uns allen. Allein optisch ist er schon ein wenig gewöhnungsbedürftig, denn er schaut aus wie ein jung gebliebener Helge Schneider und spricht auch so ähnlich. Er spielt mit seiner Gitarre, die er während seines Auftritts immer wieder aufzeichnet und abspielt, ganz eigenartige Lieder. Er ist auch ultraderb und verstößt bewusst gegen alle möglichen gesellschaftlichen Regeln. Das ist so schräg, dass einem das Gesicht runterfällt und man sich tot lacht. Herr Griesbeck, was hat ein Saunameister denn zu erzählen? Griesbeck: Es sind meine Lieblingsgeschichten von der Arbeit, wahre Anekdoten aus der Sauna. Das heißt: Was Sie erzählen, ist alles wirklich passiert. Griesbeck: Ja. Natürlich alles mit verfremdeten Namen. Es sind auch Geschichten dabei, die mich auf witzige Ideen und Gedanken gebracht haben. Die sind so nicht wirklich passiert, aber hätten passieren können. Manche Sachen wurden mir auch aus anderen Sauna-Anlagen zugetragen, die sich tatsächlich so abgespielt haben. Ich schmücke diese Anekdoten natürlich wesentlich weiter aus, kleide sie in ein künstlerisches Gewand. Und was ist nun diese eine, ganz spezielle Anekdote? Es geht darum: Ein Gast hat sich ohne Handtuch in die Sauna im Moby Dick in Rülzheim gesetzt. Die Schwerkraft und der Schweiß haben dann dazu geführt, dass ein Teil seines Gemächts durch die Latten der Sitzbank durchgerutscht ist und der Mann gefangen war. Ich habe diese Geschichte auf zehn Minuten ausgebreitet, inklusive eines Besuchs des Pfarrers. In Wahrheit ist einfach der Hausmeister gekommen und hat den armen Kerl mit dem Akkuschrauber wieder befreit. Bei solchen Vorkommnissen klingt es, als sei Ihre Comedy auch ein wenig Therapie. Griesbeck: (lacht) Kommen Sie mal vorbei und schauen Sie sich das mal den ganzen Tag an. Da brauche ich eine Therapie. Es war zwar auch schon die Katzenberger bei mir in der Sauna, aber am Montagmorgen sind es dann doch eher die Rentnerkörper, die vor mir liegen. Will: Aber man muss zugeben – das mit der nachlassenden Ästhetik ist bei Mann und Frau gleich, leider. Soso, der dichtende Saunameister und Daniela Katzenberger ... Griesbeck: Und da war sie schon bekannt! Dürfte knapp zwei Jahre her sein, mit so einem Bodybuilder war sie da, wohl ihr damaliger Freund. Sie ist da aber ganz unbedarft und nicht ’schinant’ nackig rumgesprungen. Allerdings musste ich sie maßregeln, weil sie sich ohne Handtuch hingelegt hat. Aber sie war folgsam. Das meinte sie also, als sie im Zuge der Vermarktung ihres ARD-Pfalz-Krimis gesagt hat, sie gehe gern ins Dürkheimer Schwimmbad. Griesbeck: (lacht) Habe ich also so einen guten Eindruck hinterlassen! Sie hat ein paar Autogramme geschrieben, aber mich hat es gewundert, dass niemand sich getraut hat, sie anzusprechen. Könnte daran gelegen haben, dass alle nackt waren. Griesbeck: (schaut verängstigt) Und an dem Typ, der dabei war. Der sah schon recht furchteinflößend aus. Katzenberger ist auch eine Kunstfigur, die tendenziell eher für flachen Humor steht. Wie viel Anspruch braucht Humor, um witzig zu sein? Griesbeck: Es braucht eine gelungene Mischung, so dass sich jeder wiederfinden kann. Nicht zu flach, aber auch nicht über das Ziel hinaus. Man muss auch mit einem Bier in der Hand noch gemütlich zuhören können. Ich mag die Krawall-Comedy von Cindy aus Marzahn genauso wenig wie ihr Publikum, das über jeden Mist lacht. Ich sehe mich als Künstler. Wir alle, die hier auftreten, möchten ein gewisses Niveau wahren, auch um ein dementsprechendes Publikum anzulocken. Ein vernünftiges Publikum, das sich benimmt, weiß auch, wann es mal die Klappe halten muss. Wir möchten ein Programm, bei dem man, bestenfalls, noch ein bisschen was zum Nachdenken mit nach Hause nimmt. Das wäre das i-Tüpfelchen. Welche Sauna-Anekdote regt bitte zum Nachdenken an? Griesbeck: Puh, jetzt haben Sie mich erwischt. Ich denke, dass es in der Sauna generell lustig zugeht. Es ist interessant zu beobachten, wie Leute versuchen, jemand zu sein, der sie nicht sind. Gerade weil alle nackt sind, sind in der Sauna alle gleich. Siehe Katzenberger. Den gesellschaftlichen Stand erkennt man nicht. Ich habe schon so manchen Gast, der ganz vornehm tut, drei Tage später hinten auf dem Müllauto gesehen, andere im Anzug in der Bank. Bei mir sitzen sie nebeneinander. Solche Gesellschaftsbeobachtungen können aus Comedy eine tiefgründigere Kunstform machen. Nicht für die breite Masse geeignet. Ist das dem Bar-Chef recht? Will: Wirtschaftlich ist das keine Frage. Aber für viele macht es gerade hier am See auch den Reiz aus. Die Ruhe, das Entspannte. Intim ist natürlich gemütlicher. Aber das gibt es ja in der Sauna zur Genüge. Und für den Künstler? Griesbeck: Knallvoll natürlich. Es gibt nichts Schlimmeres, als nur vor ein paar Stühlen zu spielen. Schon vorgekommen? Griesbeck: In einem Dorf bei Landau wurde ich in einem Restaurant gebucht. Dummerweise war in dieser 200 Seelen-Gemeinde am gleichen Abend Premiere der Dorf-Laien-Schauspielgruppe. Vier Zuschauer waren bei mir. Drei davon wollten was essen und fühlten sich durch mich auch noch gestört. Das hat wenig Sinn gemacht. Will: (lacht) Zwei Tickets habe ich schon jetzt nach Landau verkauft. Das passiert bei uns also nicht.

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