Speyer Wie im echten Leben: Szenen einer Ehe

WALDSEE. Norbert Roth ist Fasnachtspensionär. Sein Alter gibt er mit „vorsintflutlich“ an. 20 Jahre lang war der Mann aus Mommenheim (Kreis Mainz-Bingen) Schlussredner bei den Mainzer Fasnachts-Fernsehsitzungen. Ohne Sketche und Bühnenluft geht es auch im Ruhestand nicht, sagt er im Gespräch mit Christine Kraus. Seit sieben Jahren tritt er mit „Gerda“ als „Gerda und Walter“ auf. Sie spielen „Szenen einer Ehe“. Die „Gerda“ ist seit diesem Jahr Alice Hoffmann, bekannt aus der SWR-Serie „Familie Heinz Becker“. Die beiden sind am Freitag, 24. April, in Waldsee zu Gast.

Herr Roth, warum spielen Sie die Sketche nicht mit Ihrer Ehefrau?

Ach meine Frau? Um Gottes Willen ... Obwohl, auf die Idee, Sketche über das Eheleben zu schreiben, bin ich gekommen, weil meine Frau und ich damals einen Song im Radio gehört haben und wir heiß diskutiert haben, wer die Sängerin ist. Dabei sind wir vom Hundertsten ins Tausendste gekommen und haben uns köstlich darüber amüsiert, wie man eine simple Frage so aufbauschen kann. Das war dann der erste Sketch, inzwischen sind es über 300. Für die, die Gerda und Walter noch nicht kennen: Was sind denn das für Typen? Der Walter hat das Gymnasium besucht, Drucker gelernt und sich zum Prokuristen hochgearbeitet und er hat eine leichte cholerische Ader. Die Gerda ist Schuhverkäuferin. Beide sind seit 40 Jahren verheiratet. Also, sie mussten heiraten. Sie verstehen? Der Walter ist in höhere Sphären aufgestiegen und macht einen auf intelligent, die Gerda spielt gerne die Frau Prokurist, liebt Fremdwörter, die sie allerdings meist verkehrt und am falschen Platz einsetzt. Matratzen müssen da zum Beispiel ökonomisch sein, findet sie, und meint aber ergonomisch. Über was streiten sich die beiden? Sie diskutieren über alles und jeden, reden eher aneinander vorbei als miteinander. Im aktuellen Programm kommen sie gerade zurück aus Portugal, einem Urlaub, den Walter nie und nimmer wollte. Dementsprechend stinksauer ist er auch, weil einfach nichts geklappt hat und es immer nur Fisch gegeben hat, wo er doch so gerne mal eine Fleischwurst gehabt hätte. Gerda fand es wunderbar. Außerdem regt er sich auf über ihre völlig unvernünftigen Träume, trockene Brötchen, heißen Kaffee. Kurz: Da liegt einiges im Argen. Gerda und Walter sind ja eigentlich ein „Dreierduett“. Mit im Bunde ist Frank Golischewski. Welche Rolle spielt er? Frank? Das ist unser Küchen-Radio auf dem Sideboard. Er spielt Klavier und singt und man kann ihn leiser drehen und auch ganz ausschalten. Manchmal läuft er im Hintergrund, Gerda trällert da auch mal mit, bevor Walter den Kasten ausstellt. Wenn wir mal Pause machen, um uns für den nächsten Sketch umzuziehen, dann überbrückt er die Zeit. Gehen Ihnen die Ideen eigentlich nie aus? Nein, es ist ja wie im richtigen Leben. Oft sagen meine Zuhörer: „So, Herr Roth, jetzt gehen wir nach Hause und machen da weiter.“ Sie sollten mal mein Büro sehen, bestens ausgerüstet. Da sitze ich dann und schreibe. Und für alte Gerda-und-Walter-Freunde noch eine Frage: Was hat sich geändert, seit Alice Hoffmann statt Ulrike Neradt die Gerda spielt? Die Leute sagen mir, das ist die authentischere Gerda. Auch zwischenmenschlich klappt es gut, wir sind beide pflegeleicht, keiner spielt die Rampensau. Nicht, dass Sie das jetzt falsch verstehen, auch mit Ulrike Neradt war es schön und wir sind nicht im Streit auseinander gegangen, sondern, weil sie keine Zeit mehr hatte. Ich wollte aber noch nicht aufhören.

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