Zweibrücken Die Wasserleitungsbauer

Der Name der Oltschstraße in Ernstweiler geht auf eine Zweibrücker Baufirma aus dem 19. Jahrhundert zurück.
Der Name der Oltschstraße in Ernstweiler geht auf eine Zweibrücker Baufirma aus dem 19. Jahrhundert zurück.

Einst war es eine renommierte Zweibrücker Baufirma. Gegründet wurde sie als Tiefbaugesellschaft im Jahre 1884 durch den Ingenieur Johann Oltsch und firmierte unter dem Namen Oltsch und Compagnie. Heute erinnert die Oltschstraße im Stadtteil Ernstweiler an das Unternehmen.

Die Firma beschäftigte sich zunächst mit der Projektierung von Wasserversorgungsanlagen, Gasleitungen und Kanalsystemen. Bis zum Ersten Weltkrieg baute das Unternehmen über 500 Wasserleitungen, auf einer Gesamtlänge von rund 5000 Kilometer. Firmeninhaber Johann Oltsch verkaufte das Unternehmen 1917 an Karl König, der zu diesem Zeitpunkt die Funktion eines Prokuristen bei der Armaturenfabrik Pörringer und Schindler innehatte. König übernahm die Leitung der Firma, und im technischen Bereich unterstützte ihn sein Schwiegersohn und Oberingenieur Bengel. Inzwischen betätigte sich das Unternehmen auch im Bereich Erdbewegungen. Diese Geschäftserweiterung erforderte 1925 einen Ausbau der Geschäftsräume und Werkstätten im Stadtteil Ernstweiler. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten betätigte sich die Firma Oltsch bei Bauvorhaben der Reichsautobahn sowie im Kasernenbau. Im Zuge dieser Bauvorhaben wurden der Gerätepark und die Werkstätten erweitert. Im Jahre 1936 kam Hans Reister als technischer Leiter dazu. Ein weiterer Wachstumsschub für das Unternehmen setzte 1937 ein, als der Westwall gebaut wurde. Ab 1940 wurde die Firma mit dem Bau von Militäranlagen im Norden Frankreichs betraut. Neben den Arbeiten an Autobahnen, Kasernen und Bunkeranlagen errichtete das Unternehmen Oltsch im großen Umfang Rohrleitungen unter anderem für den Transport von Treibstoff. Das Schicksal das Unternehmen änderte sich gegen Ende des Zweiten Weltkriegs. Beim Rückzug der deutschen Truppen verlor die Firma 70 Prozent ihres Geräteparks. Auch am Standort Zweibrücken wurden Werkstätten, Büroräume und Maschinen durch Bomben und Artilleriebeschuss stark beschädigt. Mit den notdürftig wieder hergestellten Gerätschaften beteiligte sich die Firma bei den Aufräumarbeiten in der stark zerstörten Stadt Zweibrücken. 1946 starb Karl König, und die Firma ging an seine Witwe Johanna König über. Bis 1951 entwickelte sich das Unternehmen nur langsam weiter. Erst ab 1951 ging es voran, als in der Pfalz bedeutende Baumaßnahmen anliefen und es der Firma gelang, große Aufträge im Tief- und im Hochbau zu ergattern. Die Zahl der Mitarbeiter stieg enorm an. 1954 starb die alleinige Inhaberin Johanna König, und die Firma ging an die Familien Bengel und Reister über. Die Firma Oltsch baute das Gebäude der Kreissparkasse Ecke Lamm- und Maxstraße. Das Haus wurde nach der Fusion von Stadt- und Kreissparkasse außer Dienst gestellt und danach von der Familie Reister erworben, renoviert und an Behörden, darunter die Stadtverwaltung Zweibrücken, weitervermietet. Bis zu ihrem Konkurs im März 1996 führte das Bauunternehmen Oltsch auf deutschen Großbaustellen umfangreiche Arbeiten im Tief- und Rohrleitungsbau durch. An die wechselvolle Geschichte des Zweibrücker Bauunternehmens erinnert die kleine Oltschstraße im Stadtteil Ernstweiler. Die Serie In welcher Straße geht ein Witwer mit abgeschnittenem Kopf um und schneidet Grimassen? Welche erinnert an türkische Hengste? Mit welcher Straße treibt man selbst ortskundigen Taxifahrern die Schweißperlen auf die Stirn? Hinter den Zweibrücker Straßennamen verbergen sich oft skurrile, überraschende und manchmal schaurig-blutige Geschichten. Josef Reich hat ihnen nachgespürt.

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