Zweibrücken Wenn der Band die Pferde durchgehen

Nils Jung & das närrische Pony gehört zu den beliebtesten Bands auf dem Bärenbrunnerhof bei Dahn. In gewisser Weise repräsentiert das Quintett um Henning Schmidt sogar das Rollenmodell einer Combo, die in einer der ungewöhnlichsten Spielstätten unserer Region so etwas wie Heimatrecht genießt.

Seit Jahren tritt die Band hier, so wie am Freitag, einmal jährlich auf und hat sich einen treuen Stamm von Freunden und Anhängern erspielt. Nils Jung & das närrische Pony – natürlich nimmt schon der Name Bezug auf das Vorbild Neil Young & Crazy Horse – lebt von der wirklichen Hingabe an die Musik und die Songs. Die meist hochdeutschen Übertragungen, die Henning Schmidt besorgt hat, sind dabei keine platten Wort-für-Wort-Übersetzungen, sondern leben vom poetischen Atem und – glücklicherweise – vom Selbstbewusstsein des Übersetzers, die Texte in seine Welt zu überführen. Das muss man sich schon trauen, um aus der Zeile aus „Unknown Legend“ „She used to work in a diner, never saw a woman look finer“ „Sie schaffte im Döner, keine Frau war je schöner“ zu machen. Passt, gerade mit dieser schon genialen Chuzpe, haarscharf an der Stilblüte vorbei zu segeln. Eingestandenermaßen ist Neil Young selbst kein wirklich begnadeter Lyriker, eher ein visionärer Geschichtenerzähler von großer, bisweilen selbstquälerischer Authentizität. So etwa in „Powderfinger“, zeitlich wohl im amerikanischen Bürgerkrieg verortet, wo ein junger Heißsporn mit einem Gewehr gegen die Besatzung eines Kanonenboots antritt und dabei, recht drastisch geschildert, sein Leben verliert, weil die Knarre explodiert. Henning Schmidt verlegt die Handlung sehr sinnfällig und poetisch klug in den Dreißigjährigen Krieg. Nils Jung & das närrische Pony - das sind Henning Schmidt (Gesang und Akustik-Gitarre), Christoph Merkel (Piano und E-Gitarre), Markus Egger (Bass), Markus Schwan (Schlagzeug) und Mike Carter (E-Gitarre, Banjo, Harp), der auch bei den Pirmasenser Storytellers spielt – bewahren in jeder Beziehung Gestus und Attitüde des Vorbilds. Einerseits die recht ungeschliffene Art des Musizierens, die Neil Young, der ja eigentlich ein klangverliebter Schöngeist ist, immer dann zu eigen war, wenn er mit Crazy Horse auf die Bühne ging. Dann die emotionale Tiefe der Songs, die zwischen geradezu weinerlicher Innerlichkeit und tumultuösen Ausbrüchen schwanken kann. Es ist keine aktuelle Amateur-Band in Erinnerung, die das so stimmig umsetzen würde. Gerade bei Neil Youngs Musik kommt es vor allem auf Ausdruck und Aufrichtigkeit an. Das setzen Nils Jung & das närrische Pony idealtypisch um. Ob zarte Songbegleitungen, oft sehr zurückhaltend auf Stimme, Akustik-Gitarre, Banjo und Mundharmonika konzentriert, oder hemmungslos aufgepeitschte Rock-Gewitter („Like A Hurricane“), wo die famose Gitarre von Christoph Merkel auf nur einem Ton den Weltuntergang heraufbeschwören kann. Auch Mike Carter lässt sich zu krachenden Soli animieren. Bass und Schlagzeug schieben den Lautstärkepegel und die Wucht des Grooves noch mal auf eine Ebene höher. Das Englische hat hier die treffendste Wendung gefunden, die sich wohl selbst erklärt: „going beserk“. Genau das und genau so möchte man die Musik haben, wenn man Nils Jung & das närrische Pony von der Kette lässt. Auch hier gehört das Quintett zu den wenigen Bands, denen es nicht nur gestattet ist, sondern von denen man es unabdingbar erwartet, dass buchstäblich die Pferde mit ihr durchgehen.

x