Zweibrücken „Wir spielen nicht Mozart, wir spielen etwas Neues“

Schlagzeuger-Legende Simon Phillips.
Schlagzeuger-Legende Simon Phillips.

Mit einem Konzert der Musiker Simon Phillips (Schlagzeug) und Bill Evans (Saxofon) geht morgen, Mittwoch, 20 Uhr, in der Zweibrücker Festhalle das Festival Euroclassic zu Ende. Die Musiker, in Jazz, Rock und Pop zuhause, stellen ihr gemeinsames Programm „Zen Amadeus“ vor. Was darunter zu verstehen ist, erklärte Phillips unserem Redakteur Christian Hanelt.

Der Titel „Zen Amadeus“ legt nahe, es könnte sich um Mozart handeln.

Wir werden uns das Konzert aufteilen, also etwas Musik von Bill Evans spielen und etwas von meiner, die für Bläser adaptiert wurde. Da gibt es zum Beispiel ein Stück, das ich für Gitarre geschrieben hatte. Wir haben auf dieser Tour aber keinen Gitarristen dabei. So ist es interessant, diese Songs mit Trompete und Tenor-Saxofon zu spielen. Das ergibt einen völlig anderen Sound. So wird es spezielle Arrangements von meinen und Bills Songs geben. Was bedeutet dann „Zen Amadeus“? Bei dem Titel können sich die Leute vorstellen, was immer sie wollen. Es ist ein Titel, der neugierig machen soll. Das Erste, woran die Leute denken werden, ist Mozart. Aber wir spielen natürlich nicht Mozart. Wir spielen etwas ganz Neues, auf dem wir aufbauen können. Immer, wenn du eine neue Band gründest, weißt du noch nicht, wohin der Weg gehen wird. Das ist das Aufregende daran. Bei uns kann das Publikum erleben, wie so etwas Neues entsteht. Spielen Sie zum ersten Mal mit Bill Evans zusammen? Auf diese spezielle Art – ja. Vor vielen Jahren waren wir bei derselben Plattenfirma unter Vertrag. Da hatte er auf einer meiner Platten mitgespielt. Auch danach haben wir einige Aufnahmen zusammen gemacht. Später sind wir gemeinsam mit Mike Stern nach Japan gegangen, wo wir zum ersten Mal gemeinsam auf der Bühne standen. Wir kennen uns also schon sehr lange, haben aber nie wirklich etwas gemeinsam gemacht. Wir haben die gleichen Ideale. Wir lieben beide sehr herausfordernde Musik. Viele Musiker spielen stets die gleiche Musik, was keine Schande ist. Bill und ich suchen die Herausforderung. Viele Musiker wollen bewusst keinen anderen Stil spielen, weil sie fürchten, sich ihr Spiel zu verderben. Ich weiß. Das ist aber sehr klein kariert gedacht. Ich spiele in einem echten Rock’n’Roll-Szenario mit Judas Priest und The Who, habe auf vielen solcher Alben gespielt. Ich war mit Michael Schenker auf Tour. Aber ich kann genauso mit Bill Evans und Hiromi spielen. Ich kann und will mich nicht einengen und sagen, „ich spiele nur Blues“ oder „ich spiele nur Rock“. Woran liegt das? Viel damit zu tun hat, wie wir in England aufgewachsen sind. Wir hatten nur wenige Radio-Sender. Und bei jedem Sender hattest du eine große musikalische Vielfalt – da gab es Disco, Soul, Funk, Rock, Blues und vieles mehr. In den USA dagegen gab es schon damals Sender, die nur eine Art von Musik gespielt haben. Wir fanden es toll, als wir von England in die USA kamen, dass es dort einen eigenen Jazz-Kanal gab. Andererseits hast du, wenn du in England groß geworden bist, gelernt, unterschiedliche Arten von Musik zu spielen. Ich bin in einer Jazz-Familie groß geworden. Die erste Musik, die ich gespielt habe, war Dixieland und Swing. Mit 17 habe ich revoltiert, weil ich unbedingt Rock’n’Roll spielen wollte. Ihr Vater war Jazz-Musiker. Was hat er dazu gesagt? Er hat es gehasst. Es war nicht seine Musik und er hat es einfach nicht verstanden. Der Klang einer verzerrten Gitarre hatte ihm und vielen Menschen seiner Generation Schmerzen bereitet. Für sie klang das alles wie eine Kakophonie. Das war aber genauso in den 20er und 30er Jahren als mein Vater in Jazzclubs spielte. Viele Leute konnten mit seinem Jazz auch nichts anfangen. Das ist eben eine Frage der Generationen. Hatten Sie ein Vorbild, als Sie mit dem Schlagzeugspiel begannen? Sehr viele. Die erste Person, die mich sehr beeindruckte, war Gene Krupa, dann Buddy Rich und Louie Bellson. Das waren alles Bigband-Drummer. Dann haben ich angefangen, den Rock’n’Roll zu entdecken mit all den großen Drummern wie Ian Paice von Deep Purple und Danny Seraphine von Chicago. Wieder etwas später kam ich zu Drummern wie Tony Williams und Art Blakey. Das waren nur die Drummer, nicht mitgerechnet all die anderen Musiker, die ich bis heute verehre wie Duke Ellington, Count Basie und Lionel Hampton. Wie würden Sie Ihren Stil zu trommeln beschreiben? Ich selbst kann das gar nicht. Aber das größte Kompliment für mich ist, wenn man mir Musikalität zuschreibt, und wenn Leute sagen, ich sei ein musikalischer Drummer. Ein sehr großes Kompliment hat mir der Plattenproduzent Phil Ramone gemacht, mit dem ich zusammen gearbeitet habe. Er sagte, „du weißt, wie man einen Song spielt“. Das war das größte Kompliment, denn er erkannte instinktiv, wie wichtig der Drum-Part für einen Song ist. Als Sie gefragt wurden, für den verstorbenen Jeff Porcaro bei Toto zu spielen, war das eine Ehre oder eine Last? Es war eine große Ehre, bei einer solchen Band mitzuspielen. Aber ich habe Jeff nicht ersetzt. Ich war damals einfach ein neues Gesicht in der Band. Denn weder die anderen in der Band noch ich wollten einen Jeff-Porcaro-Klon. Ich habe nicht wie Jeff gespielt. Aus musikalischer Sicht, war es nicht schwer, die Toto-Songs zu spielen. Das Schwierigste ist, Musik gut zu spielen, selbst wenn es das simpelste Stück ist. Deshalb sage ich nie, ein Stück ist einfach. Womit ich nicht gerechnet hatte, war, sich den Fans überall auf der Welt vorzustellen. Denn sie waren es gewohnt, Jeff zu sehen und zu hören. Nun war da ein ganz anderer Kerl, und sie wussten nicht, wer das ist. Einige kannten mich und wussten, dass ich mit The Who und Mick Jagger gespielt hatte. Aber die meisten wussten nicht, wer ich war. Sie haben auch mit Julia Neigel gespielt, die vor einigen Tagen auch beim Festival Euroclassic aufgetreten ist. Ich habe in den 90er Jahren hier und da einige Stücke für sie gespielt. Wir hatten uns auf einer Jimi-Hendrix-Produktion im Kölner E-Werk getroffen. Da hatte sie mich gefragt, ob ich nicht bei ihr mitspielen wollte – und das war großartig. Sie ist eine große Sängerin. Ich habe sie schon länger nicht mehr gesehen. Wird es eine CD „Zen Amadeus“ geben? Mal sehen. Wir spielen jetzt erst einmal die Tour, sehen wie die Musiker zusammenarbeiten, sehen wie die Reaktionen des Publikums sind, und dann werden wir entscheiden, ob wir ein Album machen. Karten —Begleitet werden Phillips und Evans von Otmaro Ruiz (Keyboards), Teymor Phell (Bass) und Anders Bergcrantz (Trompete). —Karten für 29 bis 35 Euro gibt es im Zweibrücker Kulturamt, Maxstraße 1, Telefon 06332/871451, und an der Abendkasse.

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