Sport Angezählt, aber nicht ausgezählt

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Mainz. Von Helmut Kohl, Bundeskanzler a.D., stammt der folgende Satz: „Wichtig ist, was hinten rauskommt.“ Worte, die sich wunderbar übertragen lassen auf den Sport, denn: Was nützt die charmanteste Vorstellung, wenn nach dem Abpfiff der Gegner die Arme zum Jubel in die Höhe reißt? Ebenso erging es dem Fußball-Bundesligisten FSV Mainz 05 am Mittwochabend.

Die Rheinhessen spielten nicht wie ein Abstiegskandidat. Sie boten dem Tabellenzweiten RB Leipzig die Stirn. Ließen sich von einem Doppelschlag kurz nach der Pause durch Marcel Sabitzer und Timo Werner nicht aus der Bahn werfen. Steckten selbst nach dem 1:3 (Torschütze: Naby Keita) nicht auf, erzielten in der Nachspielzeit durch Yoshinori Muto das 2:3. Hatten Chancen im Dutzend, trafen den Pfosten, wurden vom Publikum mit donnerndem Applaus verabschiedet. Und doch: Sie hatten verloren. Mit der garstigen Folge, dass allein das Torverhältnis den Sturz auf Relegationsplatz 16 verhindert und der lange abgeschriebene FC Ingolstadt sich aus dem Hinterhalt anpirscht. Auf vier Punkte reduzierten die „Schanzer“ mit dem 3:2 in Augsburg den Abstand – am Sonntag empfangen sie Schlusslicht Darmstadt 98. Der FSV wankt. Längst steht auch Trainer Schmidt zur Debatte. Die zentrale Aussage des Abends tätigte daher Manager Rouven Schröder: „Martin wird in Freiburg auf der Bank sitzen.“ Beim Spiel am Samstag (15.30 Uhr) also. Die Leistung im Duell mit RB allein lieferte für eine Trennung auch keine Argumente. „Wenn eine Mannschaft am Boden liegt, dann lässt sie sich nach dem 0:2 auseinandernehmen, das ist nicht passiert“, registrierte Schröder und fuhr fort: „Vielleicht ist momentan einfach das Matchglück nicht da.“ Schröder sah einen „deutlichen Unterschied“ zum 1:2 in Ingolstadt, gleichwohl stellte er fest: „Wir haben wieder verloren.“ Zum vierten Mal in Folge. Kapitän Stefan Bell schwankte zwischen Zuversicht und Frust. Er schaute bitterernst drein, übte sich aber in Optimismus. „Was mich beeindruckt hat und positiv stimmt, ist die Reaktion auf die beiden Gegentore, wir waren bis in die Nachspielzeit mutig und haben dran geglaubt“, sagte er: „Wir müssen arbeiten wie heute, dann sind wir auch mal wieder an der Reihe, dass wir belohnt werden.“ Schiedsrichter Stieler hatte reichlich zu tun. Je länger die Partie dauerte, desto hektischer wurde sie. Als „Krönung“ sah Jean-Philippe Gbamin die Rote Karte, die zwei Spiele Sperre nach sich zieht. In Freiburg fehlt er ebenso wie Jairo Samperio, der Elfmeterschütze des 1:2, wegen der fünften gelben Verwarnungspappe. Es mangelte dem FSV an Balance, auch in der Zweikampfführung. Aus Leidenschaft wurde Übermut wurde Blutgrätsche. Mann gegen Mann an der Grenze und darüber hinaus, von beiden Seiten, zeitweise „brutal“, fand Stefan Bell. „Wir wollten einen harten Fight zeigen, aber es ist alles eine Frage des Maßes“, bemerkte Martin Schmidt. Auch er muss nun die richtige Mixtur finden. Aus Trost und Zuspruch, Kritik und Konsequenz. Den Ingolstädter Sieg in Augsburg mochte Schmidt nicht bewerten. „Meinen Spielern erkläre ich: Schaut nicht darauf, was die anderen machen – da kann ich nicht das Gegenteil tun“, sagte der Schweizer. Außerdem: „Jemandem eine Niederlage zu wünschen, das wäre schlecht fürs Karma.“ Alles fügt sich, irgendwann. Nur: auch zugunsten des FSV Mainz 05?

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