Formel 1 Verstappens Zweitbesetzung Perez im Mittelpunkt

Sergio Perez (Mitte) muss trotz des aktuell zweiten Platzes um sein Red-Bull-Cockpit fürchten.
Sergio Perez (Mitte) muss trotz des aktuell zweiten Platzes um sein Red-Bull-Cockpit fürchten.

Die Buhrufe von Austin für den Sieger Max Verstappen waren nur das Vorspiel in piano. Denn beim Formel-1-Wochenende in Mexiko dreht sich alles um Red Bull Racing. Nicht der Champion steht im Mittelpunkt, sondern die Zweitbesetzung Sergio Perez.Bei seinem Heimspiel stärkt ihm das Publikum lautstark den Rücken. Ob das so uneingeschränkt für seinen Arbeitgeber gelten kann, bleibt trotz aller Beteuerungen fraglich. Mit neuerlicher, heftiger Kritik hatte sich die Chefetage zuletzt stark zurückgehalten. Interpretationssache bleibt, ob sie schon ganz aufgegeben haben, oder ob sie nur den verunsicherten Piloten nicht weiter unter Druck setzen wollen. In jedem Fall ist es ein Schicksalsrennen für den 33-Jährigen.

Der Millimeter, der an der Bodenplatte des Silberpfeils in Austin fehlte, könnte Sergio Perez ein ganzes Stück weiterbringen in seiner Karriere, sie vielleicht sogar retten. Denn durch die Disqualifikation in Austin beträgt der Rückstand von Lewis Hamilton im Kampf um Platz zwei in der WM-Wertung auf den zweiten Mann von Red Bull plötzlich wieder 39 statt 19 Punkten. Keine leichte Aufgabe für den Briten.

Es muss WM-Platz zwei werden

Der Mexikaner wiederum muss einer klaren Anforderung genügen: seinen Job sicher hat er nur sicher, wenn er am Saisonende Vize ist, denn das haben die Überflieger von Red Bull in ihrer Rennstallgeschichte noch nie geschafft, in der Endabrechnung die Ränge eins und zwei zu belegen. Der Druck auf den Mann, den sie „Checo“ rufen, könnte größer nicht sein. Ob er diesem standhalten kann?

Die letzten Ergebnisse und der steile Absturz nach einem beinahe sensationellen Saisonstart mit zwei Siegen sprechen nicht unbedingt dafür. Vielleicht hat ihm die Teamleitung zu lange zu sehr zugesetzt, denn der Routinier wirkte verstört und fuhr entsprechend – ein Anfängerfehler nach dem anderen, vor allem in der Qualifikation. Plötzlich aber, seit ein Rücktrittsgerücht die Runde macht, schweigen seine ärgsten Kritiker, Rennstallchef Christian Horner und Berater Helmut Marko. Mit der ihnen eigenen Kälte ist dem leidenschaftlichen Rennfahrer nicht geholfen.

Die Konkurrenz kommt näher

Vielleicht haben sie in der Chefetage auch entdeckt, dass sie keine richtige Alternative zu dem 33-Jährigen haben, der seit 2021 an Verstappens Seite fährt. Dabei geht es gar nicht mal so sehr um die auslaufende Saison, sondern mehr um das neue Rennjahr. Die Konkurrenz kommt näher, doch weder drängt sich einer der Nachwuchspiloten aus dem Kader auf, noch der zum Schwesterrennstall Alpha Tauri zurückgekehrte Daniel Ricciardo. Perez ist kein schlechter Rennfahrer, besser als Mittelmaß. Sein Glück ist, dass Topfahrer wie Lando Norris bei McLaren noch fest unter Vertrag stehen.

Dass der Kopf von Perez gerade nicht richtig mitfährt, hängt mit einem Umbau des genialen RB 19 zusammen. Seit dem technischen Upgrade beim Großen Preis von Spanien im Mai quält sich Sergio Perez mit der Fahrzeugabstimmung, während Max Verstappen mit dem neuen Fahrzeugunterboden höchst glücklich ist und zu einer Rekordanzahl von Siegen davonziehen konnte.

„Mental brutal“

Um die Annahme einer Bevorzugung des Champions zu entkräften, versucht Horner die Schwächephase von Perez mit einer mentalen Blockade zu erklären: „Als Teamkollege von Max hat Sergio hat den wahrscheinlich härtesten Job in der Formel 1. Er muss sich jedes Mal fragen: Wie zur Hölle macht der andere das eigentlich? Das ist mental brutal.“

Es ist tatsächlich eine teuflische Abwärtsspirale: Perez muss mehr riskieren mit einem Auto, dem er nicht wirklich vertraut. Plötzlich landet einer der besten Zweikämpfer der Königsklasse schon in der Qualifikation häufiger außerhalb der Piste und geht daher schon mit der Bürde eines Rückstands in das Rennen. An den Kampfgeist appellieren immer wieder die mexikanischen Fans, zuletzt hatten sie in Austin den Sieger Verstappen ausgebuht – so etwas kommt im Motorsport höchst selten vor. Hintergrund ist auch ein salopper Kommentar von Helmut Marko über die zu große, vermeintlich landestypische Lässigkeit.

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